Botschaft von Japan
.Neues aus Japan Nr.                            Juli 2005

 

 

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Interview mit dem Künstler Yoshiaki Kaihatsu


 

 

 

 

 

Der japanische Künstler Yoshiaki Kaihatsu war bereits in vielen Ländern tätig, u.a. in Südkorea, Hongkong, Australien und in den Vereinigten Staaten. Mit einem Stipendium der japanischen Regierung lebte er in der ersten Hälfte dieses Jahres zunächst in New York; die zweite Jahreshälfte wird er nun in Berlin verbringen. Neues aus Japan (NaJ) hat ihn im Rahmen seiner Einzelausstellung „Ceiling“, die vom 06. Mai bis zum 16. Juli in derGalerie Murata & Friends" am Hackeschen Markt zu sehen ist, interviewt.
 


NaJ: Ist „Kaihatsu“ Ihr Künstlername? (Anmerkung: „Kaihatsu“ bedeutet auf japanisch „Erschließung, Entwicklung“.)
Kaihatsu: Er ist sehr selten, aber es ist mein richtiger Name. Den Namen „Kaihatsu“ kenne ich nur von meiner Familie in der Präfektur Yamanashi.

NaJ: Was ist das Besondere an Ihrer Heimat Yamanashi?
Kaihatsu: Die Präfektur Yamanashi ist eine landschaftlich unheimlich reizvolle Ebene. Wie die meisten Menschen in Japan wissen, liegt der Fujisan an der Grenze zur Präfektur Shizuoka. Die Bodenbeschaffenheit ähnelt der von Bordeaux in Frankreich, und es wachsen hier sehr leckere Weintrauben und auch Wein wird angebaut. Früher war Yamanashi berühmt wegen seiner Kristalle. Als ich noch ein Kind war, haben die Mütter in meiner Nachbarschaft oft Kristalle in Heimarbeit geschliffen. Inzwischen gibt es das nicht mehr so häufig.

NaJ: Was bedeutet Ihnen Berlin?
Kaihatsu: Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung eines Freundes vor fünf Jahren war ich das erste Mal in Berlin. Die Stadt ist für mich voller Anregungen. Im Vergleich zu New York, wo ich stets ein Gefühl der Anspannung empfand, kann ich mich hier in Deutschland, wo der Eindruck der Fremde nicht so stark ist, viel entspannter fühlen. Die Stadt scheint mir zu liegen, auch fühle ich mich hier sicher.


NaJ: Wie denken Sie über die Menschen hier?
Kaihatsu: Seit 1998 habe ich für etwa fünf Jahre im Ausland gelebt. Interessanterweise habe ich mit vielen Deutschen, die ich während dieser Zeit kennen lernte, noch heute Kontakt per E-Mail. Es sind zwar keine engen Beziehungen, aber irgendwie ist es einfach, die Freundschaft mit ihnen aufrecht zu erhalten.

NaJ: Wenn Sie sich selbst mit einem einzigen Begriff beschreiben sollen: was für ein Künstler sind Sie?
Kaihatsu: „Allesfresser“. Ich bin jemand, der alles mal ausprobiert. Zum Beispiel Landschaftsbilder: Ich bleibe nicht ausschließlich bei einer Sache; wenn ich spontan eine Idee habe, etwas zu veranschaulichen, dann gestalte ich eben ein Werk.

NaJ: Wann sind Sie sich im Ausland bewusst geworden, dass Sie selbst Japaner sind?
Kaihatsu: Wenn ich im Ausland bin, kann es vorkommen, dass von mir verlangt wird, mich als Japaner auszudrücken. Als ich vor fünf Jahren in New York war, habe ich, weil ich mich sprachlich nicht gut ausdrücken konnte, Papierkraniche gefaltet. Als Material dafür benutzte ich diese Magazine für Erwachsene, etwas schärfer als der Playboy. Die Nacktbilder habe ich für das Falten in die richtigen Proportionen gebracht. Dabei fand ich die kulturellen Unterschiede sehr interessant. Im amerikanischen Fernsehen ist der Jugendschutz sehr streng: so ist hier zum Beispiel keine entblößte Brust zu sehen. In Japan dagegen ist die Kontrolle nicht so strikt. Umgekehrt sind in den Zeitschriften die entsprechenden Stellen in Japan geschwärzt, während man in den US-Magazinen fast alles sehen kann. In allen Ländern, in denen ich war, habe ich Werke wie Papierkraniche geschaffen, in denen ich die kulturellen Unterschiede eingearbeitet habe.

NaJ: Welche Unterschiede sind Ihnen in Berlin aufgefallen?
Kaihatsu: In Berlin gibt es überall noch Spuren des letzten Krieges. In Japan dagegen ist zwar der Atombomben-Dom in Hiroshima bekannt, aber normalerweise gibt es nur wenige Orte, wo man die Spuren des Krieges noch erkennen kann. Die Menschen hier aber haben die Wunden des Krieges ständig vor Augen. Ich glaube, in gewissem Sinne ist die leidvolle Geschichte ein Teil der Landschaft, die die Menschen hier tagtäglich vor Augen haben. Ich habe dann kleine gelbe Postpäckchen, die man hier in Deutschland überall kaufen kann, benutzt und darin Miniaturlandschaften mit Einschusslöchern und Kratern geschaffen. Diese Werke kann man auch mitnehmen.

NaJ: Ihre Kunstwerke sind irgendwie Pop-Art, nicht wahr?
Kaihatsu: So? Daran habe ich eigentlich gar nicht gedacht (lacht).

NaJ: Dies hier ist ein „Big Camera“-Druck, oder?
Kaihatsu: Genau. Da ist mein fiktives Unternehmen aufgedruckt (lacht). Der Name lautet ADF. Es ist ein wenig wie eine Manipulation von Informationen. Ich habe mich auf das konzentriert, was im Allgemeinen nicht beachtet wird. Das Logo von ADF lief einmal auf einer dieser großen Leuchtreklametafeln in Akihabara (Anmerkung: beliebte Einkaufsgegend für Elektro-Geräte in Tokyo). Inmitten der vielen Firmennamen, die es wirklich gibt, etwa Panasonic, leuchtete da der Name meines fiktiven Unternehmens.

NaJ: Für die jetzige Ausstellung „Ceiling“ und für die ab dem 7. Juli im Museum für Ostasiatische Kunst in Dahlem gezeigte Ausstellung „Happô-en - Ein Teehaus aus Styropor“ verwenden Sie Styropor als Material. Warum haben Sie sich für dieses ungewöhnliche Material entschieden?
Kaihatsu: Ich habe mir gedacht, dass, wenn es Leute gibt, die Eisen oder Holz mögen, es auch jemanden geben wird, der Styropor mag. Ich habe Styropor entdeckt, als ich mal bei einem Bildhauer arbeitete. Bei Bronzeplastiken werden im Vorfeld oft Modellformen aus diesem Material erstellt. Von daher war bei Styropor die Vorstellung von einem „im Schatten der Kunst verborgenen Material“ sehr stark. Ich selbst habe Styropor an sich immer sehr schön gefunden und dann begonnen, es für die „Kunst im Vordergrund“ zu verwenden.

NaJ: Was ist das Besondere an der derzeit gezeigten Ausstellung „Ceiling“?
Kaihatsu: Weil das Werk an der Decke installiert ist, ist es quasi ein „Kunstwerk, zu dem man aufschaut“. Zugleich ist es wegen der vielen Öffnungen auch ein „Kunstwerk, in das man hineinschaut“. Die Installation ist wirklich sehr schön geworden (lacht). Der Blickpunkt des Betrachters unterscheidet sich hier von dem bei anderen Ausstellungen, und ich hoffe, dass sich möglichst viele Menschen mein Werk anschauen werden.
              



Yoshiaki KAIHATSU


03. 07. 1966 geboren in der Präfektur Yamanashi, Japan
1991 B.A. an der Tama Art University, Japan
1993 M. A. an der Tama Art, University, Japan

Teilnahme an „Artist in Residence“-Programmen
2000 Banff Art Center “Big City” (Banff, Kanada)
2001-02 International Studio & Curatorial Program (New York)
2004 Triangle Artists Workshop (Brooklyn, New York)
2005 International Studio & Curatorial Program (New York)
2005-06 Künstlerhaus Bethanien International Studio Programme (Berlin)

Stipendien
1998-99 ACC Asian Cultural Council (New York)
2001-02 POLA Art Foundation (Tokyo)
2004-05 Agency of Cultural Affairs (Tokyo)

Öffentliche Kunstsammlungen
Earth of Dust (Banff Art Center)
Centaure 1.5 times (Kunstmuseum der Präfektur Yamanashi, Japan)

Zahlreiche Gruppen- und Einzelausstellungen
Derzeit gezeigte bzw. geplante Ausstellungen:
Einzelausstellungen
bis 16. 07. 2005 „Ceiling“ (Murata & Friends, Berlin)
07. 07. - 28. 08. 2005 „Happô-En in Dahlem“ (Museum für Ostasiatische Kunst, Berlin)
15. 01. - 26. 02 2006 Nassauischer Kunstverein Wiesbaden

Gruppenausstellungen
bis 28. 08. 2005 „Views From Abroad“ (Stadtgalerie Kiel)
03. 07. – 28. 08. 2005 „When No Leaf Moves …“ (Palais für aktuelle Kunst, Glückstadt)

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