Filme aus Japan

„Shall we Dansu?“

(Japan 1996, 118 Minuten, FSK frei)

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Botschaft von Japan
.Neues aus Japan Nr.11                            Oktober 2005

 

 

 

 

 

Remakes japanischer Filme sind im Moment en Vogue. Hollywood versucht sich an The Grudge, Ring 1+2 und jetzt Dark Water. Doch nicht nach den japanischen Horrorklassikern steht mir heute der Sinn, sondern eher nach einem einfühlsamen, melancholischen Tanzfilm. „Shall we Dansu“ von Masayuki Suo war 1996 ein Überraschungserfolg und wurde somit fast zwangsläufig vor einem Jahr mit Richard Gere und Jennifer Lopez wieder aufgelegt.

„Shall we Dansu?“ ist ein Film über das Tanzen, aber nicht im eigentlichen Sinne ein Tanzfilm, wie der gleichnamige Film von 1937 mit Ginger Rogers und Fred Astaire. Regisseur Suo nimmt sich eines traurigen japanischen Stereotyps an – dem des durch seine Alltagsroutine frustrierten japanischen Sararimans (salary man). Shohei Sugiyama ist 40 Jahre alt, Angestellter, hat Frau und Kind, ein Haus, bescheidenen Wohlstand. Er hat erreicht, was er glaubte, für sich im Leben schaffen zu wollen. Und mit der Zufriedenheit über das Erreichte näherte sich schleichend Abgestumpftheit und Routine. Wie kaum ein anderes Medium macht der Anblick desillusionierter, oft angetrunkener respektive schlafender heimkehrender Anzugträger in der Tokyoter Metro diesen Sinnenszustand deutlich. Das Leben geronnen zu einer Pose. Wer einmal in Tokyo des Abends Bahn fuhr, weiß um diese Schattenwesen, die es nicht nur in Japan gibt. Sugiyama hingegen erwacht aus diesem Dasein und seiner Alltagslethargie, als er aus seiner Bahn heraus eine versonnen in die Nacht blickende Schöne im Fenster einer Tanzschule erblickt. Ist es Liebe oder ist es nur Sehnsucht – Sugiyama steigt aus und meldet sich, um der Schönen näher zu sein, für Tanzstunden an.

Es ist bezaubernd zu sehen, wie choreografierte Tanzschritte Sugiyama Stück für Stück in ein lebendiges Leben zurückführen, er quasi erweckt wird – diesmal nicht durch die Liebe, nein, durch seine erwachende Leidenschaft für das Tanzen. Nun ist der Gesellschaftstanz in Japan nicht eben eine übliche Freizeitbeschäftigung – er gilt ob des intensiven Körperkontakts als leicht anrüchig und schon gar nicht als männlich. Dementsprechend sind Sugiyamas Mitstreiter - wunderbar skurrile Charaktere - auch eher Außenseiter. Besonders anrührend und bitter ist dabei die Geschichte von Sugiyamas Kollegen Aoki, der im Schutze einer Langhaarperücke seine Obsession vom Latin Lover auszuleben versucht und die Hilflosigkeit ob der Begrenztheit des Handlungsspielraums im eigenen Leben so deutlich macht, dass es körperlich weh tut. So ist Sugiyamas Katharsis von einem gleichsam in seinem Körper wie in seinem Alltag gefangenen desillusionierten Mannes in einen eleganten, selbstbewussten, lebensbejahenden Charmeur einfach nur hinreißend. Was die Hollywood-Version betrifft, so ist diese weitaus glatter und eindimensionaler. Sowenig wie pretty Richard Gere je ein grauer, unauffälliger Anwalt sein wird, sowenig vermag dieser Film die Tragik und Bitternis des japanischen Originals zu erreichen. Schön anzusehen hingegen sind sie beide.

Noch ein Hinweis in Sachen „richtige“ Männer (siehe unser aktuelles Kanji des Monats) - im September und Oktober erscheinen neun Klassiker des großen alten Mannes des japanischen Films, Akira Kurosawa, in einer umfangreichen DVD-Edition. Bis auf die „Sieben Samurai“ wurden die Editionen meisterlich von den Toho-Studios gezogen und verfügen über eine deutsche und japanische Tonspur. Kurosawas sieben unsterbliche Helden hingegen kämpfen nur in deutsch. Das ist mehr als bedauerlich.
 

Fazit: Traurig und komisch zugleich. Wunderbar anzusehende Erweckung eines in Routine erstarrten Workoholics. Selbst für Grobmotoriker wie mich bergen die Tanzszenen ein ungeheures Potential an Lebenslust und Freude, so dass man den Film quasi jeder Tanzschule als Trailer zur Akquisition noch Unentschlossener empfehlen sollte.
 

 
 

J.G.(Diese Rezension stellt eine individuelle Meinung dar und vertritt nicht die offizielle Haltung der Botschaft von Japan)  


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