Remakes japanischer Filme sind im Moment en Vogue. Hollywood versucht sich
an The Grudge, Ring 1+2 und jetzt Dark Water. Doch nicht nach
den japanischen Horrorklassikern steht mir heute der Sinn, sondern eher nach
einem einfühlsamen, melancholischen Tanzfilm. „Shall we Dansu“ von Masayuki
Suo war 1996 ein Überraschungserfolg und wurde somit fast zwangsläufig vor
einem Jahr mit Richard Gere und Jennifer Lopez wieder aufgelegt.
„Shall we Dansu?“ ist ein Film über das Tanzen, aber nicht im eigentlichen
Sinne ein Tanzfilm, wie der gleichnamige Film von 1937 mit Ginger Rogers und
Fred Astaire. Regisseur Suo nimmt sich eines traurigen japanischen
Stereotyps an – dem des durch seine Alltagsroutine frustrierten japanischen
Sararimans (salary man). Shohei Sugiyama ist 40 Jahre alt,
Angestellter, hat Frau und Kind, ein Haus, bescheidenen Wohlstand. Er hat
erreicht, was er glaubte, für sich im Leben schaffen zu wollen. Und mit der
Zufriedenheit über das Erreichte näherte sich schleichend Abgestumpftheit
und Routine. Wie kaum ein anderes Medium macht der Anblick
desillusionierter, oft angetrunkener respektive schlafender heimkehrender
Anzugträger in der Tokyoter Metro diesen Sinnenszustand deutlich. Das Leben
geronnen zu einer Pose. Wer einmal in Tokyo des Abends Bahn fuhr, weiß um
diese Schattenwesen, die es nicht nur in Japan gibt. Sugiyama hingegen
erwacht aus diesem Dasein und seiner Alltagslethargie, als er aus seiner
Bahn heraus eine versonnen in die Nacht blickende Schöne im Fenster einer
Tanzschule erblickt. Ist es Liebe oder ist es nur Sehnsucht – Sugiyama
steigt aus und meldet sich, um der Schönen näher zu sein, für Tanzstunden
an.
Es ist bezaubernd zu sehen, wie choreografierte Tanzschritte Sugiyama Stück
für Stück in ein lebendiges Leben zurückführen, er quasi erweckt wird –
diesmal nicht durch die Liebe, nein, durch seine erwachende Leidenschaft für
das Tanzen. Nun ist der Gesellschaftstanz in Japan nicht eben eine übliche
Freizeitbeschäftigung – er gilt ob des intensiven Körperkontakts als leicht
anrüchig und schon gar nicht als männlich. Dementsprechend sind Sugiyamas
Mitstreiter - wunderbar skurrile Charaktere - auch eher Außenseiter.
Besonders anrührend und bitter ist dabei die Geschichte von Sugiyamas
Kollegen Aoki, der im Schutze einer Langhaarperücke seine Obsession vom Latin
Lover auszuleben versucht und die Hilflosigkeit ob der Begrenztheit des
Handlungsspielraums im eigenen Leben so deutlich macht, dass es körperlich weh
tut. So ist Sugiyamas Katharsis von einem gleichsam in seinem Körper wie in
seinem Alltag gefangenen desillusionierten Mannes in einen eleganten,
selbstbewussten, lebensbejahenden Charmeur einfach nur hinreißend. Was die
Hollywood-Version betrifft, so ist diese weitaus glatter und
eindimensionaler. Sowenig wie pretty Richard Gere je ein grauer,
unauffälliger Anwalt sein wird, sowenig vermag dieser Film die Tragik und
Bitternis des japanischen Originals zu erreichen. Schön anzusehen hingegen
sind sie beide.
Noch ein Hinweis in Sachen „richtige“ Männer (siehe unser aktuelles
Kanji
des Monats) - im September und Oktober erscheinen neun Klassiker des großen
alten Mannes des japanischen Films, Akira Kurosawa, in einer umfangreichen DVD-Edition. Bis auf die „Sieben Samurai“ wurden die Editionen meisterlich
von den Toho-Studios gezogen und verfügen über eine deutsche und japanische
Tonspur. Kurosawas sieben unsterbliche Helden hingegen kämpfen nur in
deutsch. Das ist mehr als bedauerlich.
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