Wie ein gekrümmter Finger in das Ochotskische Meer hineinragend ist die
Halbinsel Shiretoko bedeckt von dichtem unberührtem Wald, der eine Vielzahl
von Pflanzen und Tieren beheimatet; zugleich ist sie von steilen Klippen
umgeben. An der Nordostspitze von Hokkaido, der nördlichsten Insel Japans,
gelegen, hat diese spektakuläre Landschaft und ihr gut erhaltener
ursprünglicher Zustand die UNESCO so beeindruckt, dass sie im Juli 2005
Shiretoko in die Welterbeliste aufnahm. Die Halbinsel ist die dritte
Naturstätte in Japan, die diese Auszeichnung erhielt. Die beiden anderen
sind die Insel Yakushima in der Präfektur Kagoshima sowie die
Shirakami-Gebirgskette in den Präfekturen Aomori und Akita.
Unberührte Halbinsel
Das Gebiet von Shiretoko, das die UNESCO nun zum Welterbe bestimmt hat,
umfasst insgesamt 70 000 Hektar Land- und Wasserfläche. Die Landfläche macht
ca. 49 000 Hektar aus, während die Wasserfläche aus dem bis zu drei
Kilometer breiten Meeresstreifen entlang der Küste besteht. Das Gebiet
umschließt damit den Shiretoko Nationalpark sowie ein Reservat für ein
Waldökosystem.
In der Sprache der Ainu, der ursprünglichen Bevölkerung von Hokkaido,
bedeutet Shiretoko „Ende des Landes“. Die Halbinsel ist vulkanischen
Ursprungs und starker Erosion durch Treibeis ausgesetzt. Sie hat sich ihre
Unberührtheit dank der vorgelagerten Klippen bewahrt, die einen Zugang für
den Menschen erschwerten.
Von der Küste bis zu den hohen Bergen im Innern der Halbinsel beherbergt
dieses Gebiet eine erstaunliche Vielfalt an geographischen Besonderheiten
und bietet in ihren verschiedenen Ökosystemen einer großen Zahl von Tieren
und Pflanzen ein Zuhause. In den Flüssen schwimmen Forellen und Lachse
stromaufwärts zum Laichen, während die Wälder von Braunbären und Eulen
bevölkert sind. Das Gebiet ist zudem der wichtigste Winterruheplatz für
Seeadler weltweit und zugleich ein bedeutender Brutplatz für Seehunde. Das
umgebende Meer gleicht wegen des reichhaltigen Planktons, das unter dem
Treibeis gedeiht, einem wahren Füllhorn an maritimem Leben. Die Halbinsel
gilt als südlichster Punkt auf der nördlichen Hemisphäre, wo noch Treibeis
vorkommt.
Bei der Auflistung von Shiretoko bezeichnete die UNESCO die Halbinsel als „ein
herausragendes Beispiel für die gegenseitige Beeinflussung der Ökosysteme
des Meeres und des Landes sowie zudem als ein außergewöhnlich produktives
Ökosystem, das in hohem Maße durch die Bildung von jahreszeitlichem Eis auf
dem niedrigsten Breitengrad in der nördlichen Hemisphäre geprägt ist… Das
Gebiet hat weltweit große Bedeutung für bedrohte Seevögel und Zugvögel, für
eine Reihe von Lachsarten sowie auch für Meeressäuger, darunter den
Steller`s Seelöwen und einige Walarten.“
Den Menschen auf Abstand halten
Auch wenn Shiretoko von zahlreichen Tieren und Pflanzen bewohnt wird, war
die Halbinsel für Menschen lange Zeit unzugänglich. Auch heute kann man
dorthin nur mit dem Bus gelangen. Shiretoko erfuhr erstmals 1971 größere
Aufmerksamkeit, als Hisaya Morishige, ein damals sehr bekannter Schauspieler,
den Folksong Shiretoko Ryojo (Melancholische Reise auf die Halbinsel
Shiretoko) schrieb, der, gesungen von der Sängerin Tokiko
Kato, ein großer
Hit wurde.
In den folgenden Jahren kamen dann einige wenige Touristen auf die Halbinsel.
Nun hofft die Tourismusbranche, die Ernennung zur Welterbestätte dafür
nutzen zu können, um noch mehr Besucher sowohl aus Japan als auch aus dem
Ausland für die Halbinsel zu interessieren. Reisebüros planen Gruppenreisen
in die Region. Dabei hat man auch ausländische Touristen im Blick.
Unterstützt wird dies dadurch, dass die Naturwunder der Halbinsel bereits
auf der Weltausstellung Expo 2005 in Aichi vorgestellt wurden. Es gibt z.B.
Pläne, Bird Watcher aus Europa sowie Reisende aus Südostasien und anderen
Ländern mit warmem Klima zu begeistern, die dort Treibeis beobachten können.
Andere Initiativen bestehen in der Nutzung der reichen maritimen Ressourcen.
Ein Unternehmen zur Verarbeitung von Meeresprodukten in Rausu, einer Stadt
in der Nähe von Shiretoko, bietet einen Warenkorb mit fünf Arten von Fisch
und Meeresfrüchten aus der Region an. Ein Teil der Einnahmen wird für
kommunale Projekte gespendet. Daneben werden auch lokale Lachsprodukte sowie
Produkte aus
Tiefseefischen entwickelt und angeboten.
Bei der Auswahl der Halbinsel empfahl die UNESCO, das umgebende Meeresgebiet
und andere Bereiche zu bewahren. Shiretoko steht nun vor der Herausforderung,
eine Balance zwischen dem zunehmenden Tourismus, der mit dem neu erworbenen
Ruhm einhergeht, und dem Schutz der Umwelt zu finden.
(Copyright © 2005 Web Japan, Hg.
von Japan Echo Inc.)
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