Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.19                                  Juni 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Für eine Gesellschaft,
in der verschiedene Kulturen zusammen leben
- Bildungspolitik für ausländische Kinder in Japan


(Der nachfolgende Artikel wurde von Yoshimasa Tezuka, Leiter des Referats Internationale Bildungspolitik aus dem Ministerium für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie, verfasst.)

 

 

 

 

 


Aktuelle Situation der ausländischen Schüler in Japan


Ende 2004 waren in Japan etwa 1,97 Mio. Ausländer registriert. Das sind ca. 1,6 % der Gesamtbevölkerung. Dieser Anteil hat in den letzten zehn Jahren um 46 % zugenommen.

Bis zu den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts bestand der größte Teil der ausländischen Bevölkerung aus den in Japan lebenden Koreanern, also Menschen, die bis zum Ende des Krieges von der koreanischen Halbinsel nach Japan gekommen waren, und deren Kinder. Mit der zunehmenden Globalisierung ab den achtziger Jahren nahm auch der grenzüberschreitende Transfer von Menschen immer mehr zu. Zugleich nahm Japan auf Betreiben der Regierung repatriierte Personen aus China sowie Flüchtlinge aus Indochina auf. Auch die Zahl der ausländischen Studierenden nahm zu, so dass die Zahl der in Japan lebenden Ausländer insgesamt einen Anstieg erfuhr.

Zusätzlich dazu wurde 1990 das Einreisegesetz geändert, so dass nun vermehrt auch Menschen japanischer Abstammung aus Lateinamerika nach Japan kamen, insbesondere aus Brasilien. In Präfekturen wie Aichi, Shizuoka und Gumma, in denen viele produzierende Unternehmen bestehen, sind in den letzten fünfzehn Jahren zahlreiche Arbeitskräfte aus dem Ausland angestellt worden. Aufgrund des Anstiegs dieser so genannten „Newcomer“ seit den achtziger Jahren hat auch die Zahl derjenigen Ausländer, die ständig in Japan leben, zugenommen. Zugleich gibt es vermehrt internationale Eheschließungen, und die Zahl der Menschen, die eine ständige Aufenthaltserlaubnis haben oder die japanische Staatsbürgerschaft annehmen, wächst ebenfalls.

Vor dem Hintergrund dieser Zunahme der ausländischen Bevölkerung ist auch das Problem der Bildung für deren Familienangehörige, insbesondere der Kinder, entstanden. Im Mai 2004 besuchten etwa 70.000 ausländische Schüler öffentliche Schulen in Japan.
Davon benötigten etwa 20.000 Schüler eine besondere Förderung beim Erlernen der japanischen Sprache; diese Zahl nimmt weiter zu.

Diese Schüler, die eine besondere Förderung beim Lernen von Japanisch brauchen, verteilen sich auf ungefähr 5.000 Schulen im ganzen Land. Sie sprechen 58 verschiedene Muttersprachen, wovon die drei Sprachen Portugiesisch, Chinesisch und Spanisch zusammen einen Anteil von ca. 75 % haben. Etwa 80 % der genannten Schulen haben weniger als vier solcher Förderschüler, und nur 1 % der Schulen werden von dreißig und mehr Förderschülern besucht. Dies macht das Ausmaß deutlich, in dem diese Schüler ungleichmäßig über das ganze Land verteilt sind.

Rein rechtlich gesehen gilt die Schulpflicht in Japan nicht für Ausländer. Aber aufgrund der Tatsache, dass Japan internationale Übereinkommen wie etwa die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen ratifiziert hat, wird ausländischen Kindern auf Wunsch ein kostenfreier Schulbesuch an öffentlichen Schulen im Rahmen der Schulpflicht (1. bis 9. Klasse) ermöglicht. Damit werden ihnen die selben Bildungschancen wie den japanischen Kindern gewährt.

Aus diesem Grund trägt das Ministerium für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie (Bildungsministerium) dafür Sorge, dass entsprechend der benötigten Förderung beim Erlernen der japanischen Sprache zusätzliche Lehrkräfte bereitgestellt werden. Zudem wurden besondere JSL(Japanisch als Zweitsprache)-Lehrpläne entwickelt, und es wurde für die Eltern ein Ratgeber zum Schulbesuch (in sieben Sprachen) erstellt und verteilt.

Ein Besuch vor Ort in den Schulen
Hier sollen nun anhand einiger Beispiele, die auf Besuche von Grund-, Mittel- und Oberschulen mit ausländischen Schülern zurückgehen, die Aufgaben benannt werden, denen Japan in diesem Bereich gegenübersteht.

(1) Betreuung der Eltern notwendig
Ein großer Teil der „Newcomer“ genannten Ausländer bezieht nur niedrige Einkommen und hat lange Arbeitszeiten. Viele Kinder sind daher, wenn sie nach der Schule nach Hause kommen, ohne Betreuung der Eltern auf sich allein gestellt. Auch gibt es Kinder, die nicht zur Schule gehen, weil sie sich um jüngere Geschwister kümmern müssen. In vielen Fällen müssen die Lehrer daher die Familien spät abends oder an freien Tagen besuchen, um Einzelberatung und Anleitung durchzuführen. Dies ist gerade dann, wenn Eltern wegen Überstunden bei der Arbeit erst spät nach Hause kommen, der Fall. Dies führt jedoch manchmal zu Missverständnissen zwischen den Erziehungsberechtigten aus dem Ausland, die das System der Familienbesuche in Japan nicht kennen, und den Lehrern.

Auch kommt es vor, dass Eltern nicht versichert sind, so dass sie bei Krankheit oder Unfall nicht ausreichend für ihre Kinder sorgen können. Oft unterstützen dann Lehrer über ein Geflecht aus Bekanntschaften diese Familien. Für Eltern, die kein Japanisch sprechen, sind oft Vereinbarungen mit beteiligten Institutionen erforderlich, um für die Familienbesuche die Begleitung eines Dolmetschers sicherzustellen.

Die oben geschilderte Realität macht deutlich, dass auch die japanischen Sprachfähigkeiten der Erziehungsberechtigten (d.h. der Erwachsenen) dringend verbessert werden müssen. Zugleich muss auch über die Verbesserung der Arbeitsbedingungen nachgedacht werden.

(2) Ausländische Schulen
Zweitens besteht das Problem der ausländischen Schulen. Der aus 17 Kommunen mit hohem Ausländeranteil bestehende „Rat der Städte mit hoher ausländischer Wohnbevölkerung“ erhebt die Forderung, den rechtlichen Status der ausländischen Schulen, die derzeit als private Nachhilfeschulen behandelt werden, eindeutig zu regeln. Das Bildungsministerium führt unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein Teil der ausländischen Schulen rechtlich als Berufsschulen gilt, eine sorgfältige Prüfung des Status dieser Schulen durch.

Allerdings kommt auch der Unterstützung aus dem Mutterland große Bedeutung zu. Die Forderungen des „Rates der Städte mit hoher ausländischer Wohnbevölkerung“ in Bezug auf die ausländischen Schulen betreffen vor allem Schulen mit lateinamerikanischem Hintergrund. Wenn diese Schulen von den betreffenden Ländern unterstützt würden, würde dies das Schulmanagement erleichtern, was auch für die Erziehungsberechtigten wünschenswert wäre. Beispielsweise werden auf diplomatischer Ebene mit der brasilianischen Regierung Konsultationen geführt, damit die brasilianischen Schulen in Japan die erforderliche Unterstützung aus dem Mutterland erhalten. Die Regierung von Japan unterstützt entsprechend dem in der Verfassung garantierten gleichberechtigten Zugang aller Bürger zu Bildungschancen sowie dem Prinzip der kostenfreien Bildung im Bereich der Schulpflicht auch die japanischen Schulen im Ausland. So wirken das Bildungsministerium sowie das Außenministerium bei der Entsendung von Lehrpersonal an diese Schulen und bei der Bereitstellung von kostenlosem Lehrmaterial zusammen. Darüber hinaus wird ein Teil der Gehaltskosten der vor Ort angestellten Lehrkräfte übernommen.

(3) Ausländische Kinder, die keine Schule besuchen
Schließlich muss im Rahmen der Bildung von ausländischen Kindern auch die wichtige Aufgabe in Bezug auf die Kinder genannt werden, die überhaupt nicht zur Schule gehen. Tatsächlich ist nicht genau bekannt, wie viele ausländische Kinder in Japan keine Schule besuchen.

Das Bildungsministerium führt ab dem Haushaltsjahr 2005 Untersuchungen zur Zahl dieser Kinder ohne Schulbesuch durch und hat zugleich Regionen bestimmt, in denen „Unterstützungsprogramme für ausländische Kinder ohne Schulbesuch“ durchgeführt werden, die sich mit praktischen Forschungen in diesem Bereich befassen. Die Verantwortlichen in diesen Regionen berichten, dass die Untersuchung im Rahmen von Familienbesuchen erfolgt. Wie oben bereits angeführt, müssen viele dieser Besuche jedoch spät abends oder an Feiertagen durchgeführt werden oder die Lehrer sehen sich dem Problem der Privatsphäre gegenüber, so dass zahlreiche Probleme auftreten.

Das Ministerium wird auf der Grundlage dieser Projekte Maßnahmen erstellen, um ausländischen Kindern vermehrt Gelegenheit zum Schulbesuch zu geben. Die Handhabung dieses Problems wird dadurch erschwert, dass die Ausländerregister der Kommunen oft nicht den tatsächlichen Stand der ausländischen Bevölkerung widerspiegeln. Es ist daher nicht einfach, dieses Problem allein auf der Ebene der Bildungseinrichtungen zu lösen. Vielmehr ist zu wünschen, dass ein engeres Zusammenwirken mit den beteiligten Institutionen wie den Einwanderungsbehörden erreicht wird.

Aufgaben der Unternehmen
Bis jetzt wurden die Probleme und Aufgaben aus der Sicht des Bildungssektors benannt; nun soll auch noch auf die Aufgaben der Unternehmen eingegangen werden.

Gegenwärtig sind die Zentralregierung und die Kommunen mit den Maßnahmen zur Aufnahme von Ausländern betraut. Der „Bericht des Forschungsrats des Ministeriums für Inneres und Kommunikation über die Förderung einer Gesellschaft, in der viele Kulturen zusammen leben“ führt folgenden Punkt an: „Viele der ‚Newcomer’ wurden als Arbeitskräfte von Unternehmen angeworben und sind deshalb zusammen mit ihren Familienangehörigen nach Japan gekommen. Zwar sind viele dieser Arbeitskräfte über Agenturen vermittelt worden, jedoch haben die Unternehmen, die in der Realität als Arbeitgeber fungieren, als Teil der regionalen Gemeinschaft eine gesellschaftliche Verantwortung inne, die noch dadurch verstärkt wird, dass sie aus der Anstellung der ausländischen Arbeitnehmer Nutzen ziehen.“ Es ist daher zu hoffen, dass auch die Unternehmen einen aktiven Beitrag zum Problem der Aufnahme von Ausländern leisten.

Zugleich ist auch eine Geisteshaltung der „Eigenständigkeit“ erforderlich. Denn das künftige Bild Japans wird eine „Gesellschaft sein, in der viele Kulturen zusammen leben.“ Dieses Zusammenleben kann jedoch nur gelingen, wenn alle Seiten in einer Geisteshaltung der „Eigenständigkeit“ aufeinander zugehen. Diese Geisteshaltung muss bei der Erstellung der verschiedenen Maßnahmen stets im Hintergrund wirken.

(Quelle: Gaiko Forum, Juni 2006. Der vorliegende Artikel wurde für Neues aus Japan leicht gekürzt und aus dem Japanischen ins Deutsche übersetzt.)
 

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