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    Die 58. Berlinale ist 
    vorüber und seit dem 24. Februar sind auch die 80. Oscars vergeben. In 
    beiden Fällen sind keine japanischen Filme zu Ehren gekommen, wobei 
    zumindest bei der diesjährigen Berlinale zwei Filme im Wettbewerb vertreten 
    waren, die aus Japan kamen – Yoji Yamadas „Kabei – Our Mother“ – bzw. sich 
    mit Japan befassten – Doris Dörries „Hanami – Kirschblüten“. Zu beiden 
    Streifen gibt es einiges zu berichten und da Doris Dörries Film bereits am 
    6. März in den einheimischen Kinos anlaufen wird, gebe ich ihr hiermit den 
    Vortritt.
 
  Die 
    Regisseurin selbst bekannte nach der Premiere ihres Films vor dem 
    Berlinale-Publikum, dass sich die erste offizielle Vorführung angefühlt 
    hätte, „wie eine Operation am offenen Herzen – ohne Narkose“. Das glaubt man 
    gern. Ihr Film ist mit viel Herzblut gemacht und das Risiko, ein weniger 
    einfühlsames Publikum zu finden, war durchaus gegeben. Doch die wunderbare 
    Geschichte des wunderbar normalen Paares Rudi (Elmar Wepper) und Trudi (Hannelore 
    Elsner), die im idyllischen Bayern zu einem letzten großen Abenteuer 
    aufbrechen, segelt zwar zeitweise hart an rosafarbenem Kitsch, schafft aber 
    letztendlich den Dreh hin zu ganz großem Gefühlskino. War man doch, wie 
    Peter Zander in der Morgenpost schrieb, „gelinde gesagt, auf das Schlimmste 
    gefasst, als man hörte, sie (die Regisseurin) wende sich in ihrem jüngsten 
    Film dem Butoh-Tanz zu. Jener Mischung aus deutschem Ausdruckstanz und 
    japanischer Tradition, die Otto Normaljapaner genauso esoterisch empfindet 
    wie wir.“ 
 Doch siehe da, das, was Doris Dörrie mit kleinsten Team, kleiner 
    Digitalkamera, in kleinem Rahmen gedreht hat, funktioniert – nicht zuletzt 
    ob der durchweg überzeugenden Schauspieler – perfekt und beschert uns ein 
    bayerisch-japanisches Märchen, das nicht im üblichen Sinne gut endet, aber 
    zu Herzen geht.
 
 
  Bei 
    Rudi, Abteilungsleiter der Abfallbeseitigung im oberbayerischen Weilheilm 
    wird Krebs im Endstadium diagnostiziert. Trudi lässt es ihn letztendlich aus 
    Liebe nicht wissen und überredet den Stoiker, der jeder Art Abenteuer abhold 
    ist und der den Fujisan für „auch nur einen Berg“ hält, zu einer letzten 
    Reise. Zumindest nach Berlin, zu den Kindern. Dieser erste, bodenständige 
    Teil des Films besticht in seiner feinen Zeichnung des ambivalenten 
    Verhältnisses der die moderne Wirklichkeit in Berlin lebenden Kinder zu dem 
    wie aus einer anderen Zeit stammenden Elternpaar, die es trotz bester 
    Vorsätze schwerlich schaffen, miteinander in eine Verbindung zu treten. Der 
    Tot scheint bereits unter ihnen zu sein, in seiner Sprachlos- und 
    Endgültigkeit. Doch dann ist es nicht Rudi, der stirbt, sondern Trudi und 
    Rudi macht sich auf - auf die Reise seines Lebens, hin nach Japan, in das 
    Land, das seine Frau zeitlebens verehrte, aber nie sah und hin zu ihrem 
    jüngsten Sohn, der dort lebt, den  sie 
    jedoch nie besuchten. Vor dem eindrucksvollen Bild der japanische 
    Kirschblüte in ihrer Symbolik des Neuanfangs und der Vergänglichkeit des 
    Augenblicks macht sich Rudi somit im türkisen Mohairjäckchen seiner Frau auf 
    Entdeckungsreise im Großstadtmoloch Tokyo. Und wider Erwarten geht er dort 
    nicht verloren, sondern findet – auch dank angeknüpfter Taschentücher – zu 
    einer jungen japanischen Butoh-Tänzerin, seiner verlorenen Frau und 
    letztendlich zu sich selbst. Wie es Elmar Wepper gelingt, sowohl 
    Strickjäckchen als auch Jägerhütchen mit Würde zu tragen und wie er – je 
    weniger er die fremde aufdringlich bunte Oberfläche zu verstehen scheint – 
    ein tiefes Verständnis für die Menschen um ihn herum gewinnt, ist einfach 
    großartig. 
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