Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.49                           Dezember 2008

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Japanische Popkultur 1:
Cosplay

 

 

 

 

 

 

Haben Sie das Wort „Cosplay“ schon einmal gehört?
Wenn ja, dann kennen Sie sich in
der japanischen Popkultur wohl schon recht gut aus. Auch wenn es sich dabei noch um eine kleine Minderheit handelt, so gibt es inzwischen auch in Deutschland Fans des Cosplay und das ganze Jahr über finden zahlreiche Events dieser Art statt, so dass der Bekanntheitsgrad allmählich zunimmt. Um was geht es dabei eigentlich?

Cosplay ist ein in Japan entstandener Begriff, bei dem die beiden aus dem Englischen stammenden Wörter „costume“ (Kostüm) und „play“ (Spiel) miteinander kombiniert wurden. Gemeint ist damit, dass sich jemand als Figur aus einem Anime, Manga oder Computerspiel verkleidet. Die Cosplay-Anhänger werden Cosplayer genannt. Bei den Charakteren, an denen sie sich als Vorbilder für ihre Kostümierung als Anime- oder Mangafiguren orientieren, kann es sich um Persönlichkeiten aus der Geschichte irgendeines Landes, um eine Prinzessin aus einer fiktiven Welt oder auch um nichtmenschliche Wesen wie Feen oder Außerirdische handeln. Eine Besonderheit ist, dass die allermeisten Figuren, die beim Cosplay dargestellt werden, aus Anime, Manga oder Computerspielen Made in Japan stammen.

Wer sind nun die Menschen, die Spaß am Cosplay haben, und aus welchen Gründen hängen sie dieser Leidenschaft an?
Um einmal richtige Cosplayer zu treffen, besuchte ich die „AniMaCo“, die vom 31. Oktober bis 2. November 2008 in Berlin stattfand und ein wichtiges Event für Fans von Anime, Manga und Cosplay war.

In dem Moment, als ich den Veranstaltungsort mit seiner seltsam fiebrigen Atmosphäre betrat, hatte ich das Gefühl, in eine ganz andere Welt einzutauchen. Viele Besucher sind in ihre eigenen Kostüme gekleidet, so dass es aussieht, als seien sie plötzlich aus einer Parallelwelt erschienen. Die meisten Cosplayer sind junge Frauen ab Fünfzehn bis etwa Anfang Dreißig. Das Programm dieser Veranstaltung war äußerst vielfältig: es gab verschiedene Aufführungen, es wurden Manga- und Cosplay-Artikel verkauft, es wurden Workshops zur japanischen Kultur wie dem Go-Spiel und Kalligraphie angeboten und es fand ein Cosplay-Wettbewerb statt. Letzterer wurde in den Kategorien Auftritt als Einzeldarsteller, Paar und Gruppe veranstaltet, wobei sich die Teilnehmer völlig in die Charaktere verwandelt hatten, die sie darstellen wollten. In die Bewertung wurden daher nicht nur das Kostüm, sondern auch die Qualität der Darstellung in einer kurzen Spielszene und die ausgewählte Musik einbezogen.

 

Wer sich einfach nur gern Anime anschaut oder Manga liest, wird sich wohl kaum dazu verleiten lassen, sich als Cosplayer in eine bestimmte Figur zu verwandeln. Ich habe die Mitglieder der Gruppe befragt, die beim Cosplay-Wettbewerb Sieger in der Gruppenkategorie wurden, aus welchen Gründen sich junge Menschen dem Cosplay zuwenden.

Ausbrechen aus dem Alltag: Laut Kathleen bedeutet Cosplay auch von seinem Charakter und Verhaltensmuster her, dass man sich ganz und gar in eine Figur verwandelt, die aus einer erfundenen Welt stammt und die sich vom eigenen Ich unterscheidet. Cosplay stellt somit eine nicht alltägliche Erfahrung dar. Gerade das „Raus aus dem Alltagsleben“, das sich mit seinem täglichen Trott stets wiederholt, macht ihr zufolge somit einen besonderen Reiz des Cosplay aus.

Performance-Charakter: Florian, der in sein aus importiertem Stoff selbst gefertigtes Kostüm insgesamt mehr als 350 Euro investiert hat, erzählt, dass für ihn der Reiz des Cosplay im „Performance-Charakter“ besteht. Cosplay bedeutet in dem Sinne, dass die eigene Person eine ganz bestimmte Figur darstellt, eine Performance im Rahmen des eigenen Lebens, die sich nicht auf einen Auftritt auf der Bühne beschränkt. Um etwas, das aus einer zweidimensionalen Welt stammt, in unsere dreidimensionale Welt zu übertragen, ist eine Kreativität erforderlich, die man auch für eine Aufführung auf der Bühne benötigt. Darüber hinaus spürt man wie beim Theater eine große Erfüllung, weil es ein Publikum gibt, und hier zugleich ein Ort ist, um sich selbst zum Ausdruck bringen zu können.

Gemeinschaftliches Hobby: Auch der Aspekt, zusammen mit anderen Cosplayern Kostüme anzufertigen und sich diese gegenseitig vorzuführen, scheint einen besonderen Reiz auszuüben, nämlich den des „gemeinschaftlichen Hobbys“. Wenn die Mitglieder der Gruppe z.B. an einem Gruppenwettbewerb teilnehmen wollen, überlegen sie zunächst gemeinsam ein Konzept, anschließend den Inhalt der Performance und beginnen dann, die Kostüme anzufertigen. Wenn dann bei einem Event wie der AniMaCo diese Mühe belohnt wird, ist das Gefühl der Erfüllung und der Gemeinschaft überwältigend.

Übrigens haben die Mitglieder dieser Gruppe einen ganz unterschiedlichen Hintergrund. Hier haben sich ein Schüler, eine Schülerin, eine Zahnarzthelferin, eine Busfahrerin und eine Studentin zusammengefunden. Wenn man sie nun fragt, wie sie mit ihrem unterschiedlichen Alter und ihren ganz verschiedenen Hintergründen zusammengefunden haben, dann erhält man als Antwort: auf einer speziellen Webseite für Cosplayer. Mit Hilfe dieser Webseite kann man nach Cosplayern suchen, die in der Nähe wohnen, und so wurden sie Mitglieder einer Gruppe, die sich gemeinsam auf die Teilnahme an Cosplay-Wettbewerben vorbereitet.

Tobias Hößl, der Geschäftführer von animexx e.V., des europaweit größten Internetportals für Cosplayer und Anime- sowie Manga-Fans, erläutert, dass gerade das Internet erheblich zur Verbreitung und Verwurzelung der Cosplay-Kultur beigetragen habe. Auf seiner Webseite gebe es 130 Tsd. Mitglieder und sie verzeichne über drei Millionen Zugriffe pro Jahr.

Die Cosplayer können auf dieser Internetseite Fotos von ihren selbstgefertigten Kostümen einstellen, Informationen über Veranstaltungen, ihre Lieblingscharaktere oder Manga austauschen, sich mit hier kennen gelernten anderen Cosplayern treffen sowie ihre Hobbywelt erweitern und neue Freunde finden.

Cosplay ist inzwischen ein Hobby geworden, dem sich viele Menschen nicht allein in Japan, sondern überall auf der Welt mit großer Begeisterung verschreiben. Viele Cosplayer im Ausland werden durch ihr Hobby auch dazu angeregt, sich stärker für die japanische Kultur zu interessieren. Manche beginnen sogar, Japanisch zu lernen oder Dinge aus Japan zu sammeln (z.B. Kimonos).

Die Weltmeisterschaft im Cosplay, der „World Cosplay Summit“ findet inzwischen jedes Jahr in der japanischen Stadt Nagoya statt. Sogar das Außenministerium von Japan unterstützt seit vergangenem Jahr dieses Event, um über das Medium Popkultur die japanische Kultur weitweit zu verbreiten. Hier kommen die Cosplayer zusammen, die in ihren Ländern siegreich aus den Vorauswahlen hervorgegangen sind, um in den Kategorien Kostüme, Performance und Gruppenzusammenhalt gegeneinander anzutreten. Auch in Deutschland findet jedes Jahr ein Qualifikationswettbewerb für dieses Event statt.

Egal, ob man sich selbst einmal als Cosplayer versucht, oder sich die Cosplayer in ihren Kostümen nur anschaut, Cosplay macht einfach Spaß. Vielleicht hat der eine oder andere Leser ja nun Lust bekommen, einmal einen Blick in die sich immer weiter ausbreitende Welt des Cosplay zu wagen, und sei es auch nur im Internet.

Text und Fotos: (c) Botschaft von Japan

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