Botschaft von Japan |
Neues aus Japan Nr.50 Januar 2009 |
Arthaus bezeichnet sich selbst als das Label für den besonderen Film in Deutschland. Gegründet 1994, verschrieb es sich der Bewahrung und Verbreitung von Filmschätzen abseits des Mainstreams und machte seitdem in Zusammenarbeit mit dem KulturSpiegel kontinuierlich Werke der Filmgeschichte einem breiteren Publikum zugänglich. In der Reihe „Asiatisches Kino“ ist nun Shinji Aoyamas tragédie humaine „Eureka“ erschienen. „Dieser Film ist eine Art Gebet für den modernen Menschen, der auf der Suche nach dem Mut zum Weiterleben ist“ sagte der Regisseur über sein monumentales Werk, das unter anderem auf den Internationalen Filmfestspielen in Cannes mit dem Preis der Internationalen Filmkritik (FIPRESCI) ausgezeichnet wurde. Wen solche Ehrungen eher abschrecken als inspirieren, der kann sich hier in seiner Meinung (Vorurteil?) bestätigt finden – „Eureka“ ist ein fast vier Stunden langes Roadmovie durch die verwüsteten Seelen dreier Überlebender einer Entführung und erfordert somit nicht nur physische als auch psychische Standhaftigkeit. Wer es denn aber schafft, sich auf Aoyamas apokalyptische Traumabewältigung einzulassen, wird um einige Denkanstöße für sein eigenes Leben bereichert werden. Der Film beginnt mit der lakonisch und völlig unspektakulär gefilmten Geiselnahme in einem Linienbus, die sechs Menschen das Leben kostet und die beiden Geschwister Naoki (Masaru Miyazaki) und Kozue (Aoi Miyazaki) sowie den Busfahrer Makoto (Koji Yakusho) traumatisiert und orientierungslos zurücklässt. Zwei Jahre nach dem furchtbaren Erlebnis leben die beiden Kinder – verlassen von der Mutter (für einen anderen Mann) und vom Vater (der sich das Leben nimmt) allein und sprachlos in einem riesigen Haus, vor dem sie vier Gräber errichtet haben. In sich und von der Außenwelt abgekapselt, leben sie vor dem Fernseher, inmitten von Abfällen und Essensresten – ein Szenario, das dem interessierten Zeitungsleser inzwischen fast vertraut vorkommen mag und inzwischen keines traumatischen Zwischenfalls mehr bedarf. Makoto kehrt nach zielloser Wanderschaft in seinen Heimatort zurück, nur um feststellen zu müssen, dass er weder willkommen noch zur Ruhe gekommen ist. Als eine Reihe von Morden an jungen Frauen die kleine Gemeinde erschüttert, zieht er in das verlassene Haus zu den Kindern, wo sich Schritt für Schritt eine leise Annäherung zwischen den Dreien vollzieht. Das allein wäre schon einen Film wert – für Aoyama beginnt jedoch hier erst der eigentliche Teil der Aufarbeitung des Geschehenen. Makoto kauft einen alten Bus und gemeinsam mit dem Cousin der Geschwister Akihiko (Yoichiro Saito) machen sie sich auf eine spirituelle Reise, die an dem Ort der blutigen Busentführung seinen Anfang nimmt. Am Ende sind es nur noch Kazue und Makoto, die die ersehnte Erlösung finden und damit dem bislang in Sepia gehaltenen Film Farbe und symbolisch Leben einhauchen. Shinji Aoyama hat die Giftgasanschläge in der Tokyoter U-Bahn aus dem Jahre 1995 zum Anlass genommen, um darüber zu reflektieren, was der Einbruch sinnloser, scheinbar unmotivierter Gewalt in der Seele eines Menschen auslöst. Sein Film versinnbildlicht dies durch eine schlicht aber eindrucksvoll bebilderte Sprachlosigkeit und Verlorenheit, die niemanden unberührt lassen dürfte. Kritiker haben Aoyama vorgeworfen, dass sein elegischer, stiller und in langen Takes gedrehter Film nie richtig zu Leben erwacht. Vermutlich ist dies aber genau das, was der Regisseur zeigen wollte – verletzte Menschen, denen es nicht gelingt, wieder ins Leben zurückzufinden.
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Fazit: |
Wort- aber keinesfalls bildkarger Film über drei traumatisierte Menschen und ihren Kampf zurück ins Leben. Irgendwo zwischen Roadmovie, Thriller und Psychodrama angesiedelt, bietet Aoyama großes Erzählkino, für das man jedoch einen langen Atem braucht. |
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J.G. (Diese Rezension stellt eine individuelle Meinung dar und vertritt nicht die offizielle Haltung der Botschaft von Japan) | ||||
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(Japan 2000, 208 Minuten) |
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