Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.50                               Januar 2009

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bericht eines Teilnehmers am JET-Programm:

Deutscher Gemüseeintopf
im japanischen Schneeland

 

Jedes Jahr Anfang August machen sich junge deutsche Hochschulabsolventen auf den Weg nach Japan, um sich für die Internationalisierung Japans zu engagieren. Dies geschieht im Rahmen des Japan Exchange and Teaching (JET) Programms, mit dem jährlich fast 5000 junge Menschen aus fast 40 Ländern hauptsächlich als Assistenz-Sprachlehrer oder Sporttrainer in Schulen arbeiten bzw. in Rathäusern oder Präfekturverwaltungen außerhalb der großen Zentren wie Tokyo oder Osaka im Bereich Internationale Beziehungen assistieren.
Zur Zeit arbeiten zwei Assistenz-Deutschlehrer und 15 deutsche Koordinatoren für Internationale Beziehungen (CIR) in Japan. Lesen Sie hier den Bericht von unserem CIR in der Präfektur Aomori, Daniel van de Sandt:
 

 

 

 

 

 

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Die fünfjährige Hana erinnert sich als Erste. Sie schaut kurz auf das Bild, das ich hochhalte. „Kaninchen, Kaninchen!“, ruft sie laut und hüpft aufgeregt auf und ab. Die anderen Kinder rufen jetzt auch im Chor „Kaninchen!“. Ich halte das Bild mit der Katze hoch. Die Kinder erinnern sich nicht. Sie sehen mich mit großen Augen an. Ich sage laut: „Katze.“ „Das hört sich an wie Tonkatsu (jap.: Kotelett)“, ruft der sechsjährige Shuhei und wiehert vor Lachen. Deutschunterricht für Kinder in Rokkashomura, einem Dorf mit 11.000 Einwohnern im Norden der japanischen Hauptinsel. Die letzte Übung heute sind Tiere. Am Ende des Unterrichts geben mir die Kinder die Hand und sagen „Tschüss“.

Schon betreten die beiden französischen Ingenieure Jerome und Christophe den Unterrichtsraum. Sie schütteln sich den Schnee von den Jacken. Christophe sagt auf Japanisch „Samui desu ne.“ (Es ist kalt.) Insgesamt acht Franzosen und Spaniern bringe ich mit einer japanischen Lehrerin zusammen Japanisch bei. Neben der Sprache lehren wir auch kulturelle Eigenheiten Japans, beispielsweise wie man sich in Japan verbeugt oder Visitenkarten überreicht.

Vor zwanzig Jahren war Rokkashomura, das im Nordosten der Aomori Präfektur am Pazifischen Ozean liegt, noch ein einfaches japanisches Fischerdorf mit idyllischer Landschaft aus Bergen und Wäldern, eine Stunde mit dem Auto vor der nächsten Kleinstadt entfernt, im Winter, wenn oft meterhoch Schnee liegt, zwei Stunden. Und wahrscheinlich gäbe es hier kaum noch junge Leute, wäre der Ort nicht zu einem wichtigen Standort für Japans Atomindustrie und vor kurzem auch Heimat eines Internationalen Kernfusionsforschungszentrums geworden. Deshalb wohnen hier nicht nur Einheimische, sondern auch Japaner aus anderen Städten, die zum Arbeiten hierher gekommen sind, sowie einige europäische Ingenieure und deren Familien.

Rokkashomura hat große Träume. Man will ein internationaler Wissenschafts- und Technologiestandort werden. Dazu gehört auch, dass ich als deutscher Koordinator für Internationale Angelegenheiten im Rathaus des Dorfes arbeite.

Seit gut 14 Monaten unterrichte ich hier nun schon Deutsch, Japanisch und Spanisch. Außerdem bringe ich japanischen Hausfrauen bei, wie man deutschen Gemüseeintopf kocht oder Weihnachtsplätzchen backt. In der Schule und vor Rentnern halte ich Vorträge über Deutschland und erkläre, dass nicht alle Ausländer unbedingt Amerikaner sind und die Leute in Deutschland nicht Englisch sondern Deutsch sprechen.

Zu meinen Aufgaben gehört auch, Briefe und Dokumente zu übersetzen und für ausländische Besucher zu dolmetschen. Letztes Jahr reiste ich mit einer Tanzgruppe zu einem Folklorefestival in Rokkashos Partnerstadt Waren (Müritz). Die japanischen Tänzerinnen waren zwischen sechzig und siebzig Jahre alt und teilweise zum ersten Mal im Ausland. Ein wichtiger Teil meiner Arbeit war, für die Japanerinnen gekochten Reis und Wasser ohne Kohlensäure aufzutreiben.

Dieses Jahr besuchte eine Gruppe aus Waren Rokkashomura. Dabei stellten die vielen Fragen der deutschen Besucher meine Fähigkeiten als Dolmetscher das ein oder andere Mal auf eine harte Probe. Denn die Steuerauflagen für eine japanische Schnapsfabrik oder die rechtlichen Bestimmungen für die Betreibung eines japanischen Bades zu erklären, standen nicht auf dem Lehrplan meines Japanologiestudiums.

Auch die Verhaltens- und Denkweise der Japaner kann man in der Theorie nur begrenzt lernen. Deswegen ist es für mich eine unersetzliche Erfahrung, mit Japanern zu arbeiten und in meiner alltäglichen Arbeit mit Menschen aller Altersklassen und Gesellschaftsschichten in Berührung zu kommen. Ich leiste einen kleinen Beitrag zur Internationalisierung Japans, indem ich Interesse an anderen Ländern wecke und vermittele, dass vieles, was Japaner für selbstverständlich halten, in anderen Ländern nicht gilt.

Hana und Shuhei wissen zumindest schon, dass man sich in Deutschland die Hand gibt anstatt sich zu verbeugen. Und wenn sie älter sind, wollen sie vielleicht noch mehr lernen über das Land, in dem Katzen so ähnlich wie Koteletts heißen.

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