Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.50                               Januar 2009

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Lesungen mit der Schriftstellerin Hiromi ITO

 

 

 

 

 

 

In dieser Ausgabe von Neues aus Japan möchten wir Ihnen eine Schriftstellerin aus Japan vorstellen.

Die 1955 in Tokyo geborene Hiromi Ito ist sowohl als Poetin als auch als Autorin von Essays bekannt. Sie lebt heute zusammen mit ihrer Familie (ihr Mann stammt aus Großbritannien) in den Vereinigten Staaten. In Japan wurde sie in den 1980er Jahren durch ihre Gedichte bekannt, in denen sie sich mit der weiblichen Sexualität auseinandersetzte, wobei physiologische und körperliche Empfindungen eng mit dem Alltagsleben verknüpft wurden. Dass eine Frau sich mittels eigener körperlicher Empfindungen mit der weiblichen „Sexualität“ befasst, stellte damals einen Tabubruch dar und galt als Sensation. Auch später, nachdem sie selbst Mutter geworden war, blieb sie ihrer Methode, körperliche Empfindungen mit Worten zum Ausdruck zu bringen, treu. Für ihre Essays über das Großziehen von Kindern, in denen sie sich erneut über Heuchelei und Tabus hinwegsetzte, erhielt sie großen Zuspruch. Die Geburt und das Erziehen von Kindern sind in Japan eng mit diesbezüglichen festen Vorstellungen der Gesellschaft verbunden, nämlich dass „dies etwas ist, das einfach so sein muss“. Viele junge Frauen, die vor der Geburt und dem Großziehen von Kindern Furcht empfanden, meinten nach der Lektüre der Werke von Hiromi Ito, in denen das Erziehen von Kindern ohne Ästhetisierungen und mit großer Offenheit beschrieben wird, dass ihnen durch diese Werke ihre Angst vor dem Kinderkriegen genommen wurde. In jüngster Zeit machte Hiromi Ito durch ihr Buch „Togenuki Shin Sugamo Jizoengi“ (Deutsch: „Dornauszieher“) von sich reden, in denen sie ihre Sorgen, etwa wegen der Erziehung der Kinder, dem Älterwerden der Eltern, der Konflikte mit dem Partner, der aus einer anderen Kultur stammt, Verzweiflung und Erlösung oder Leben und Tod in Form von Prosagedichten zum Ausdruck bringt. Für dieses Werk erhielt sie gleich zwei bedeutende japanische Literaturpreise. (Die im Titel des Buches genannte Erscheinung, die auch im Buch selbst auftritt, ist der Dornauszieher-Jizo [ein Schutzheiliger], der in einem Tempel in einem alten Stadtviertel von Tokyo verehrt wird, weil er das Unglück sowie die Krankheiten der Gläubigen auf sich nimmt und auf diese Weise die Menschen von ihrem Leid befreit.) Die Existenz als Frau, Lust und Leiden oder das Altern werden hier teils humorvoll, teils mit einer Mischung aus Faszination und Ekel geschildert. Erstmals wird in diesem Buch auch - wohl durch das Leben in einer fremden Kultur bedingt - die Verwurzelung der Autorin in der japanischen Kultur, etwa in Form des volkstümlichen Jizo-Glaubens oder animistischer Vorstellungen, erfahrbar.

Die Sprache in den Gedichten von Hiromi Ito ist keine schriftsprachliche, „ästhetisierende“ und stilvolle Sprache, vielmehr besticht sie durch eine große Nähe zur gesprochenen Sprache. Und doch unterscheidet sie sich auch wieder von der gewöhnlichen Alltagssprache. Ihre Gedichte handeln von unmittelbaren Ereignissen sowie vom Alltagsleben, zugleich aber schlummert in ihnen ein Rhythmus wie von mündlich überlieferten Beschwörungen sowie etwas Einschüchterndes. Man bekommt fast Lust, diese Gedichte - langsam mit den Augen ablesend - mit angespannter Stimme laut vorzutragen und hat dann fast das Gefühl, dass die Beschwörungen langsam zu wirken beginnen. Im Japanischen gibt es den Begriff kotodama („Wortseele“). Damit wird die spirituelle Kraft bezeichnet, die einem Wort innewohnt. Dies beruht auf der Vorstellung, dass etwas, das mittels Sprache zum Ausdruck gebracht wird und in Form von Worten den Mund verlässt, Wirklichkeit wird. Die Gedichte von Hiromi Ito lassen einen an das Vorhandensein dieser unheimlichen Kraft glauben, die den Worten innewohnt.

In diesem Januar nun finden an mehreren Orten in Deutschland Lesungen statt, bei denen Hiromi Ito selbst aus ihren Werken vorlesen wird. Prof. Dr. Hijiya-Kirschnereit von der Freien Universität Berlin, die Itos Werke ins Deutsche übersetzt und hierzulande bekannt gemacht hat, wird die deutsche Übersetzung vortragen. Dem Publikum bietet sich somit die einmalige Gelegenheit, sich im Rahmen der Lesung von der leibhaftigen Stimme der Dichterin in ihre ganz eigentümliche Welt entführen zu lassen, die dem Alltag zwar ähnelt, aber doch eine ganz andere Welt zu sein scheint, die erfüllt ist von der spirituellen Kraft der Worte.
 

Lesungen mit Hiromi ITO vom 12.-16. Januar 2009:
> Montag, den 12. Januar, im Japanischen Kulturinstitut Köln
> Dienstag, den 13. Januar, in der Japanologie der Universität Trier
> Mittwoch, 14. Januar, im Hessischen Literaturforum im Mousonturm e.V. Frankfurt am Main
> Donnerstag, 15. Januar, im Literaturhaus Leipzig

>

Freitag, 16. Januar, im Literaturhaus Berlin
   

(Die Lesung in Berlin findet zusammen mit der Autorin Yoko TAWADA statt, die in Japan aufgewachsen ist, als japanische Schriftstellerin in Deutschland lebt und sowohl auf Deutsch als auch auf Japanisch schreibt. Beide Autorinnen führen einen Dialog über „Schreiben in der Fremde“.)

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