Botschaft von Japan |
Neues aus Japan Nr.51 Februar 2009 |
Bericht eines Teilnehmers am JET-Programm: Kulturaustausch per Porzellan |
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Jedes Jahr Anfang August machen sich junge deutsche Hochschulabsolventen auf
den Weg nach Japan, um sich für die Internationalisierung Japans zu
engagieren. Dies geschieht im Rahmen des
Japan Exchange and Teaching (JET) Programms, mit dem jährlich fast 5000
junge Menschen aus fast 40 Ländern hauptsächlich als Assistenz-Sprachlehrer
oder Sporttrainer in Schulen arbeiten bzw. in Rathäusern oder
Präfekturverwaltungen außerhalb der großen Zentren wie Tokyo oder Osaka im
Bereich Internationale Beziehungen assistieren. |
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„Was mir spontan zu Porzellan einfällt? .... eigentlich nicht viel, außer dass man es als Geschirr benutzt. Ach ja, ansonsten noch Meißener Porzellan und Zwiebelmuster. Das wärs.“ Das war im August 2006, kurz bevor ich meine Stelle als Koordinator für internationale Beziehungen im Rathaus von Arita, einem kleinen Städtchen im äußersten Westen der Präfektur Saga auf Kyushu, einer der vier Hauptinseln Japans, gelegen, antrat. Arita blickt auf eine fast 400 Jahre lange Tradition der Porzellanherstellung zurück, hier wurde 1616 zum ersten Mal in Japan weisses Porzellan hergestellt. Die niederländische Ostindienkompanie (VOC) exportierte das Arita-Porzellan in großen Mengen vor allem ins europäische Ausland, nachdem die Nachfrage aus China nicht mehr bedient werden konnte. Ein begeisterter Abnehmer fand sich mit August dem Starken (1670-1733), unter anderem Kurfürst von Sachsen, der Gerüchten nach in seiner Liebe zum „Weissen Gold“ sogar seine Landeskinder als Soldaten ins ferne Amerika verkaufte, um sich noch die ein oder andere Vase zu gönnen. Man könnte fast behaupten, August II. wäre vom Porzellan besessen gewesen, ein barocker Porzellan-otaku, jedenfalls war er maßgeblich an der Entwicklung des europäischen Porzellans beteiligt. Auf seinen Befehl hin wurde 1709 in der Albrechtsburg in Sachsen die Porzellanherstellung „neu erfunden“ und in der im darauffolgenden Jahr gegründeten Meissener Porzellanmanufaktur das erste Porzellan Europas hergestellt. Der Rest ist Geschichte ... und das Zwiebelmuster eines der wohl berühmtesten Dekore Meissens.
„Sehen Sie hier irgendwo eine Zwiebel?“ Aufmerksam musterte ich den Teller, der vor mir im Schaukasten lag. In Kobaltblau waren kunstvoll verschiedene Pflanzenmotive auf weissen Untergrund gemalt worden. Ich müsste lügen, um mit Sicherheit zu sagen, um welche Pflanzen es sich dabei handelt, sagte aber einfach mal: „Ja, da oben rechts“ „Nein, das ist eine Chrysantheme. Sie werden auch keine Zwiebel finden.“ Aber warum heißt es dann Zwiebelmuster, dachte ich laut. „Die Meissener Porzellanmaler hielten diese Dekore einfach für Zwiebeln als sie die Muster kopierten.“ Nun ging mir ein Licht auf: Als die Künstler der Meissener Porzellanmanufaktur ihre ersten Werke malten, haben sie sich an den chinesichen und japanischen Vorbildern orientiert, oder um genauer zu sein, sie haben sie einfach kopiert. Jedoch bestehen da einige Unterschiede in der Flora und Fauna Ostasiens und Mitteleuropas, und so wurden unbekannte Motive einfach zu bekannten einheimischen umgedeutet. Aufgrund dieser historischen Verbundenheit zwischen Arita und Meißen wurde 1979 eine Städtepartnerschaft vereinbart. Zur damaligen Zeit ein bemerkenswerter Vorgang, denn das kapitalistische Ausland war zu diesem Zeitpunkt noch Klassenfeind der damaligen DDR, und für Japan waren Städtepartnerschaften mit kommunistischen Staaten auch alles andere als normal. Seit dem hat sich viel getan: die DDR ist Geschichte, Deutschland wiedervereint und Erich Honecker nicht mehr Ehrenbürger Aritas. Die Städtepartnerschaft feiert dieses Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum und über die Jahre hat sich ein reger Austasch zwischen den Bürgern beider Städte entwickelt. Die Betreuung dieser Städtepartnerschaft lag unter anderem in meinem Aufgabenbereich als CIR. Angefangen von Übersetzungen der Korrespondenzen, Dolmetschen bei gegenseitigen Besuchen, Betreuung des Jugendaustausches, daneben hielt ich Deutschkurse für interessierte Bürger, veranstaltete einen deutschen Filmclub, organisierte Informationsveranstaltungen zu Deutschland und der Partnerstadt Meißen im Besonderen. Da aber in einer 22.000 Einwohner zählenden Kleinstadt nicht jeden Tag eine Delegation aus Deutschland vorbeikommt, blieb genügend Zeit, viel aus dem „normalen Arbeitsalltag“ meiner Abteilung (Abteilung für Planung, Handel, Industrie und Tourismus) kennen zu lernen. Dies reichte von Forstarbeiten (gepflegte Wälder versprechen mehr Touristen im Herbst), der Mitarbeit bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen, Festen und Ausstellungen, einschließlich ihrer PR-Maßnahmen, was mich mehrmals ins Fernsehen gebracht hat, um diverse Veranstaltungen zu bewerben, bis hin zum schlichten Telefondienst. Aber auch der kann zur Herausforderung werden, wenn der Gesprächsteilnehmer Sachen sagt wie: „soigi, douganshiorasuto?“ (Saga-Dialekt für: „soshitara、dou shimasuka?“ „und, wie machen wir es jetzt?“)
Insgesamt waren es zwei sehr interessante und erlebnisreiche Jahre, die ich
in Arita verbracht habe. So habe ich nicht nur einen Einblick in die
Arbeitswelt in einem japanischen Rathaus bekommen, sondern auch in das
Alltagsleben in der japanischen Provinz und viele nette Menschen
kennengelernt. Ein Höhepunkt des Gemeindelebens war sicherlich die Teilnahme
am lokalen „okunchi“ (Herbstfest), das in Arita „sarayama-matsuri“ heißt,
und zu Ehren des örtlichen Schreins durchgeführt wird.
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