Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.51                              Februar 2009

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Japanische Popkultur 2:
Manga

 

 

 

 

 

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Den Begriff „Manga“ hat sicherlich jeder, der sich für Japan interessiert, bereits einmal gehört oder gelesen. Manga sind ursprünglich Comics Made in Japan. Aber haben Sie auch schon einmal ein Manga selbst gelesen?

In Japan haben sich die Auffassungen über Manga in den letzten Jahren ziemlich gewandelt. Lange vorherrschende Meinungen, Manga seien ein Bücherersatz oder nur etwas für Kinder, sind heute nicht mehr gültig. Vielmehr hat sich diese Form der japanischen Popkultur einen festen Platz als ein Genre des künstlerischen Ausdrucks sowie als Medium erobert, das gleichberechtigt neben Romanen oder dem Fernsehen existiert. Während beispielsweise in einem Roman eine Geschichte allein mit Hilfe der Schrift erzählt wird, wird dem Leser bei Manga eine Geschichte präsentiert, die aus einer Kombination von Bildern und Lautmalereien, Gedanken und der Sprache der auftretenden Figuren besteht, die sich ebenfalls der Schrift bedienen. Die so erreichte Bewegung und das besondere Ansprechen des Gesichtssinns rücken Manga in die Nähe des Fernsehens. Jedoch besteht die Besonderheit von Manga auch darin, dass der Leser hier das Tempo selbst bestimmen kann, auch wird ihm bei der eigenen Vorstellung, z.B. von Stimmen oder Geräuschen, mehr Raum gelassen.

Auf einem unbeweglichen Blatt Papier lebendige Bewegungen und Geräusche hervorzubringen oder umgekehrt gerade das Unbewegliche zu nutzen und mittels der Aufteilung oder Nutzung der Bildränder einen Kontrast zwischen Bewegung und Ruhe zu gestalten - all dies ist im Manga möglich. Manga ziehen den Leser auf ganz unterschiedliche Weise in ihren Bann, z.B. durch die Schönheit der Linienführung und Bilder oder durch die Art und Weise, wie eine Geschichte erzählt wird.

Ein Charakteristikum von japanischen Manga sind die zahlreichen Genres, die alle für sich große Leserschichten anziehen, sowie die Tatsache, dass es keine deutliche Trennlinie zwischen Manga für Kinder und für Erwachsene gibt. Vielmehr bestehen ganz unterschiedliche Typen von Manga, die von Kindern, Jugendlichen und auch älteren Menschen gelesen werden. Manga für kleine Kinder, Manga für Mädchen oder Jungen, Manga für junge Männer oder Manga für junge Frauen - die Welt der Manga ist außerordentlich vielfältig, und es gibt zahlreiche Werke, die ganz unterschiedliche Leserschichten faszinieren.

In Japan besteht in den letzten Jahren nicht nur die zunehmende Tendenz, Zeichentrickfilme (Anime) zu produzieren, die auf Manga-Vorlagen beruhen, vielmehr dienen Manga auch als Vorlage für Fernsehen und Kino mit realen Schauspielern. So erfahren auch zahlreiche Menschen durch TV-Serien und Kinofilme von Manga, die sie selbst nicht gelesen haben. Als Vorlagen können Jungen- oder Mädchen-Manga dienen (als Beispiele seien hier genannt: NANA, Nodame Cantabile, Death Note oder Hana yori Dango) oder auch Manga, die sich vor allem an Erwachsene richten (etwa Sanchome no Yuhi, Umizaru oder die Werke der Manga-Künstlerin Saimon Fumi).

Manga bilden in Japan einen riesigen Markt mit einem Umsatz von mehr als 500 Mrd. Yen (ca. 40 Mrd. Euro). Dies entspricht einem Anteil von etwa 25 % am Umsatz für Publikationen in Japan insgesamt. Zugleich ist etwa jede dritte Publikation ein Manga.

Obwohl der Markt für Manga in Japan einen derart großen Umfang angenommen hat, war es keineswegs so, dass diese Entwicklung etwa von der Regierung aktiv gefördert wurde. Vielmehr sind Manga ein Phänomen der Populärkultur, das von selbst entstanden ist und das sich heute zu einem anerkannten Genre des künstlerischen Ausdrucks entwickelt hat. Dieser Ursprung war auch verantwortlich dafür, dass man Manga in Japan erst in den letzten Jahren als mehr als ein Produkt der Populär- oder Subkultur auffasst, und dass man sich nun verstärkt auch auf wissenschaftlicher Grundlage mit Manga als Form des künstlerischen Ausdrucks befasst und etwa Manga wie literarische Werke bewertet und rezensiert.
Diese Entwicklung in Japan selbst steht durchaus im Zusammenhang mit dem Erfolg von Manga im Ausland, die als kulturelles Exportgut Japans in vielen Ländern eine immer größere Anhängerschaft gewinnen und eine zunehmend positive Wertschätzung erfahren.
Gleichzeitig damit gewinnen Manga auch als Medium an Bedeutung, um Menschen in anderen Ländern, und hier insbesondere jungen Menschen, ein positives Bild von Japan zu vermitteln. Sie werden nun verstärkt als Kulturgut Made in Japan eingesetzt, um im Ausland entsprechend zu wirken. Beispielsweise wurden gerade in den letzten Jahren angesichts der immer größer werdenden internationalen Popularität von Manga z.B. mit Unterstützung der Stadt Kyoto das „Kyoto Manga Museum“ (2006) eröffnet oder unter Federführung des japanischen Außenministeriums der „International Manga Award“ (2007) gestiftet. Dieser Preis ging auf eine Anregung des jetzigen Premierministers Aso zurück, als dieser noch Außenminister war; der Wettbewerb richtet sich speziell an Manga-Künstler aus dem Ausland.
So betrachtet ist die Auffassung, dass Manga eine Form der Kunst und Kultur ist, auf die Japan weltweit stolz sein kann, auch in Japan selbst noch relativ neu.

Aus welchen Anfängen heraus haben sich japanische Manga überhaupt entwickelt?
Als ältestes Manga Japans gilt die von buddhistischen Mönchen gemalte Bildrolle „Chojugiga“ aus dem 12. Jh., eine Karikatur von Menschen in Tiergestalten. Dieses Werk und zahlreiche weitere Bildrollen erzählen Geschichten mittels Bildern, und sie können vielleicht als Ursprung der Manga bezeichnet werden.

Während der Edo-Zeit (1603-1868) gelangte die städtische Kultur in den großen Zentren Osaka und Tokyo (damals noch Edo genannt) zu großer Blüte. Ein beliebtes und heute auch im Ausland bekanntes Genre waren die „Ukiyoe“-Holzschnitte. Stellvertretend für viele hervorragende Künstler zu nennen ist Katsushika Hokusai mit seinen berühmten „Hokusai Manga“. Für diese Art von Werken eines Künstlers wurde damals die Bezeichnung „Manga“ geprägt.

Ende des 19. Jh. begann sich dann allmählich die Form von Manga zu entwickeln, die heute als Genre der Massenunterhaltung bekannt ist. Im Gegensatz zu heute waren diese Werke aber noch relativ kostspielig und nicht für jedermann erschwinglich. In der Vorkriegszeit und auch während des Krieges erfreuten sich bei Kindern kleine Theater großer Beliebtheit, bei denen Erzähler anhand einer Bilderfolge kurze Geschichten erzählten. (Tatsächlich wurden manche Künstler, die Bilder für solche Theater zeichneten, später bekannte Manga-Künstler.) Als nach dem Krieg Papier zunächst knapp war, wurden Manga vor allem bei kleinen Büchereien ausgeliehen. Dann erschienen die noch heute bekannten Manga-Magazine für ein großes Publikum, mit denen Manga endgültig als fester Bestandteil der populären Kultur etabliert wurden. (Heutzutage erreichen die Auflagen dieser Manga-Magazine teilweise 2-3 Mio. Exemplare - jede Woche!) Ab den 1950er Jahren traten dann immer mehr ernsthafte Manga-Künstler auf, deren kunstvoller Stil und philosophische Geschichten sich zunehmend an Erwachsene richteten. Genannt seien hier Tezuka Osamu, Tsuge Yoshiharu, Hayashi Seiichi oder Shirato Sanpei. Gleichzeitig wurden nun auch im Fernsehen regelmäßig Zeichentrickfilme (etwa eine Folge pro Woche) gezeigt, bei denen Manga als Vorlagen dienten. Das Fernsehen förderte so die Entwicklung der Manga zur Populärkultur und erhöhte deren Bekanntheitsgrad beträchtlich. Ab den 1970er Jahren entwickelten sich dann immer mehr unterschiedliche Genres von Manga, eine Entwicklung, die schließlich zu dem fast unüberschaubaren riesigen Markt führte, den wir heute kennen.

Auch in Deutschland hat der Markt für Manga in den letzten Jahren einen erheblichen Zuwachs verzeichnet. Etwa ab 1996/97 begann auch hierzulande ein plötzlicher Boom, der wohl durch japanische Anime ausgelöst wurde, die im Fernsehen gezeigt wurden. Auf der Frankfurter Buchmesse, der größten Messe ihrer Art weltweit, haben heute auch Manga ihren festen Platz, und inzwischen gibt es gleich mehrere Manga-Magazine, in denen vor allem Manga aus Japan veröffentlicht werden.
Auch wenn keine aktuelleren Angaben vorliegen, so verzeichnete der deutsche Manga-Markt 2005 einen Umsatz von ca. 87,5 Mio. Euro und erreichte eine Auflagenzahl von rund 13 Mio. Exemplaren (Anmerkung 1). Eine Besonderheit von Manga in Deutschland ist, dass insbesondere die in Japan „Shojo Manga“ genannten Manga für Mädchen sehr beliebt sind. Auch dominieren Geschichten aus dem Fantasy-Bereich, in denen Figuren mit Zauberkräften oder besonderen Fähigkeiten auftreten. Ein großer Teil der Leser von Manga sind hierzulande Mädchen bzw. junge Frauen. Auf der anderen Seite werden Manga, die sich überwiegend an ein erwachsenes Publikum richten, etwa Manga zu den Themen Politik und Wirtschaft oder Manga, die sich mit Fragen der Gesellschaft befassen oder das Interessante im ganz normalen Alltag zeigen, bislang kaum herausgegeben und wenig beachtet (Anmerkung 2). Vielleicht ist es nun an der Zeit, dass man auch in Deutschland vermehrt neue Manga-Genres sowie mehr Beispiele für Manga von hoher Qualität präsentiert.

Vielleicht fühlt sich der/die eine oder andere von Ihnen, der/die bislang noch nicht mit Manga in Berührung gekommen ist, einmal versucht, die bisherigen Vorbehalte beiseite zu lassen und es mit der Lektüre eines Manga zu versuchen. Sicherlich werden Sie dann eine neue Art der Unterhaltung kennen lernen, die Ihnen im Vergleich zu den bereits bekannten Medien neue Empfindungen bieten kann. Vielleicht machen Sie sich einmal auf die Suche nach einem hochwertigen Manga, das Ihren Ansprüchen gerecht werden kann.

Anmerkungen 1 und 2: Angaben aus einem Marktforschungsbericht der Japanischen Außenhandelsförderorganisation Jetro.

 

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