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Neues aus Japan Nr.53 April 2009 |
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Der Arbeitsmarkt in Japan |
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Beitrag von Tomoko MOCHIZUKI, Arbeitsattachée der Botschaft von Japan in Berlin |
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1. Umriss des Arbeitsmarktes Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand der Arbeitsmarkt in Japan vor ganz unterschiedlichen Herausforderungen. Während der Phase des hohen Wirtschaftswachstums herrschte großer Arbeitskräftemangel. Infolge der zunehmenden Bedeutung des Dienstleistungssektors und der Rezession aufgrund des hohen Yen-Kurses nach dem ersten und zweiten Ölschock fand ein Wandel der Beschäftigungsstrukturen statt. Während der Bubble Economy ab Ende der 1980er Jahre herrschte erneuter Arbeitskräftemangel, dem wiederum ein Überschuss an Arbeitskräften nach dem Platzen der „Bubble“ folgte. Schließlich zeichnet sich aktuell eine Ausweitung der sogenannten atypischen Beschäftigungsverhältnisse wie Teilzeit- und Leiharbeit ab. Die Aktivitäten im Bereich der Wirtschaft schlagen sich in der Entwicklung des Arbeitsmarktes nieder, und große Veränderungen, wie die wirtschaftliche Globalisierung und der Wandel der demographischen Strukturen, haben einen erheblichen Einfluss auf die jeweilige Beschäftigungssituation. Angesichts der derzeitigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, ausgelöst durch die Finanzkrise, hat nicht nur die Entwicklung der Binnenwirtschaft, sondern auch die der Weltwirtschaft insgesamt erhebliche Auswirkungen auf den japanischen Arbeitsmarkt. Somit hat innerhalb der Regierung von Japan die Erkenntnis zugenommen, dass auch in Bezug auf die Beschäftigungspolitik eine internationale Abstimmung notwendig ist. Betrachtet man angesichts dieser Situation die Entwicklung der Erwerbslosenquote, die als wichtigster Indikator für die Lage des Arbeitsmarktes gilt, so kann man feststellen, dass die Erwerbslosenquote in Japan bis etwa 2003 langfristig angestiegen ist, um dann in den letzten fünf Jahren aufgrund der Verbesserung der Konjunktur wieder etwas zurückzugehen (Grafik 1). Die japanische Regierung geht für 2009 von einem Anstieg der Erwerbslosenquote auf 4,7 % aus. Mit Blick auf die Zunahme der in atypischen Beschäftigungsverhältnissen beschäftigten Arbeitnehmer, die in der Regel in wirtschaftlich schwierigen Zeiten am ehesten von Arbeitslosigkeit bedroht sind, und dem derzeit erlebten Konjunkturrückgang ist davon auszugehen, dass die Erwerbslosenquote auch in diesem Jahr weiter ansteigen wird. Daher nutzt die Regierung ein dem deutschen Kurzarbeitergeld ähnelndes System staatlicher Beschäftigungszuschüsse („Employment Adjustment Subsidy“) und steht den Unternehmen bei ihren Anstrengungen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen zur Seite. ![]()
In Japan werden Teilzeit-, Zeit- und Leiharbeitnehmer sowie studentische Aushilfskräfte als Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsverhältnissen bezeichnet. Die Zahl dieser Arbeitnehmer war in der Vergangenheit, als diese vor allem im produzierenden Gewerbe beschäftigt wurden, eher gering. Mittlerweile jedoch erreichen die atypischen Beschäftigten einen Anteil von ca. 34 % an den Beschäftigten insgesamt (Grafik 2), so dass der Begriff „Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsverhältnissen“ kaum noch als zutreffend bezeichnet kann. In der Ära, in welcher der Weitergabe traditioneller Fertigkeiten große Bedeutung beigemessen wurde, hatten sich insbesondere in den großen Unternehmen des produzierenden Gewerbes zahlreiche japanspezifische Eigenarten im Beschäftigungsbereich, wie z.B. die lebenslange Anstellung und der Aufstieg nach dem Senioritätsprinzip, etabliert. Heute jedoch gelten diese Praktiken als nicht mehr zeitgemäß. Da mittlerweile aufgrund zu hoher Kosten die Weitervermittlung traditioneller Fertigkeiten in den Betrieben nicht länger stattfindet, gibt es Stimmen, die davor warnen, dass diese Entwicklung künftig zu einem Rückgang der Arbeitsproduktivität führen könnte. ![]()
Schaut man sich an, wie sich die Zufriedenheit der Arbeitnehmer mit ihrer Arbeit im Laufe der Zeit verändert hat, so zeigt eine Untersuchung des Cabinet Office, dass der Anteil der Personen, die sich in Bezug auf die „Sicherheit des Arbeitsplatzes“ zufrieden äußern, 2005 einen Anstieg verzeichnete, langfristig gesehen jedoch abnimmt. Hier zeigt sich ein Zusammenhang mit der Zunahme der Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsverhältnissen sowie mit der Unsicherheit der wirtschaftlichen Entwicklung allgemein. Auch der Anteil derjenigen, die mit dem „Wert der Arbeit“ und dem „Lohnzuwachs“ zufrieden sind, ist - langfristig betrachtet - rückläufig. Mit Blick auf die „Urlaubsmöglichkeiten“ ist von der zweiten Hälfte der 1980er Jahre bis zu Beginn der 1990er Jahre ein leichter Anstieg des Anteils der Arbeitnehmer zu erkennen, die sich diesbezüglich zufrieden äußern; allerdings nimmt dieser Anteil seitdem wieder ab. Insgesamt kann man dieser Untersuchung zufolge sagen, dass die Zufriedenheit der Arbeitnehmer mit ihrer Arbeit langfristig gesehen abnimmt. Zugleich ist festzustellen, dass die Unsicherheit in Bezug auf den Arbeitsplatz und das Einkommen zugenommen hat. Diese zunehmende Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeit und die Sorge um die Zukunft wirken sich nachteilig auf die Arbeitsmotivation sowie das Konsumverhalten aus. Künftig ergibt sich daher die Notwendigkeit, durch beschäftigungspolitische Maßnahmen wie der Vermeidung von Erwerbslosigkeit und der Schaffung neuer Arbeitsplätze attraktive Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, um die Zufriedenheit der Menschen mit ihrer Arbeit wieder zu steigern. Hierfür ist es wichtig, dass der Staat die Aus- und Weiterbildung von Arbeitnehmern fördert und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in Bereichen unterstützt, für die in Zukunft ein Mangel an Arbeitskräften vorausgesagt wird, wie z.B. in der Umweltbranche und dem Bereich der sozialen Sicherheit. Auch der Schutz des Arbeitsumfeldes wie die Regelung der Arbeitszeiten sowie des Arbeitsschutzes stellen in diesem Zusammenhang eine wichtige Aufgabe dar.
Im „Weißbuch zur Arbeit und Wirtschaft 2008“ des Ministeriums für Gesundheit, Arbeit und Soziales findet man eine detaillierte Analyse zum Rückgang der Arbeitsmotivation der Menschen in Japan mit Blick auf den Wandel der industriellen Strukturen. Das Weißbuch bezeichnet diese Tendenz als „Zunahme der Beschäftigung mit geringer Arbeitsmotivation“ und weist auf die Notwendigkeit hin, sich für die Realisierung einer Gesellschaft einzusetzen, in der die Arbeit wieder einen besonderen Wert darstellt. Hierfür ist es erforderlich, die Früchte des wirtschaftlichen Wachstums in angemessener Weise auf die Ausweitung von Beschäftigung, den Zuwachs bei den Einkommen sowie die Verkürzung der Arbeitszeit zu verteilen. Da zudem für die Zukunft ein Mangel an Arbeitskräften vorhergesagt wird, muss künftig die Berufstätigkeit älterer Menschen sowie von Frauen mit entsprechender Motivation gefördert und so die Beschäftigungsquote erhöht werden. Zugleich müssen die Unternehmensführungen die Bedeutung ihrer Unternehmenstätigkeit den Mitarbeitern besser verständlich machen und ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem die arbeitenden Menschen den Wert ihrer Arbeit erkennen können. Die Gestaltung einer unternehmerischen Landschaft, in der Arbeitgeber und Arbeitnehmer miteinander offen über den Sinn von Arbeit sprechen können, ist auch für die weitere Entwicklung der Unternehmen selbst ein wichtiger Aspekt.
Diese Lösungsansätze ergeben sich aus der
Analyse des Arbeitsmarktes in Japan. Zugleich könnten sich diese
Überlegungen auch für den Arbeitsmarkt in Deutschland, der mit Blick auf die
Globalisierung und den Bevölkerungsrückgang vor ähnlichen Problemen steht,
als nützlich erweisen.
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