
Manga und traditionelle Kultur:
Erfolgreiche Comics über Kalligraphie und Teezeremonie
Auch in diesem Jahr findet im März wieder die Leipziger Buchmesse statt. Dort werden jedes Jahr nicht nur Bücher, sondern auch zahlreiche Manga aus Japan vorgestellt. Daher möchten wir in dieser Ausgabe von Neues aus Japan einmal Manga vorstellen, die traditionelle japanische Künste zum Thema haben. Manga dieser Art erfreuen sich in Japan in den letzten Jahren zunehmend großer Beliebtheit. Zugleich erhält der Leser auch einen kleinen Einblick in die betreffenden Künste. Dass sich eine Reihe von Manga über Schülerinnen und Schüler, die als Teil ihrer außerunterrichtlichen Aktivitäten traditionellen Hobbys wie Teezeremonie oder Kalligraphie nachgehen, zu Bestsellern entwickelt hat, hat auch dazu geführt, dass immer mehr junge Menschen beginnen, sich für traditionelle japanische Hobbys zu begeistern.
Mit genauso viel Leidenschaft wie beim Sport
Bis vor kurzem konnte ein typischer Manga für junge Leserinnen und Lesern beispielsweise von den Mitgliedern einer Sport-AG in einer Schule sowie von der Freundschaft und den Rivalitäten innerhalb dieser Gruppe handeln. In den letzten zwei oder drei Jahren hingegen erscheinen auch immer mehr Comics, deren Hauptfiguren sich nicht mit Baseball oder Basketball beschäftigen, sondern mit traditionellen Hobbys, die man normalerweise nicht mit jungen Menschen in Verbindung bringen würde. Darunter sind etwa shodo (Kalligraphie mit Pinsel und Tusche), Teezeremonie (in der grüner Tee nach genauen Vorschriften zubereitet und getrunken wird) oder rakugo (die traditionelle Kunst des Erzählens komischer Geschichten).
Der Manga „Tomehane! Suzuri Koko Shodobu“ (Kalligraphie-Klub der Suzuri Oberschule) läuft derzeit als Serie im Magazin Big Comic Spirit (Shogakukan Inc.). In dieser Komödie kehrt eine Oberschülerin aus dem Ausland nach Japan zurück, wo sie Mitglied des Kalligraphie-Klubs ihrer neuen Schule wird. Der Leser verfolgt nun ihr entschlossenes Streben, für die Internationale Shodo-Ausstellung der Oberschulen ausgewählt zu werden, die nach dem prestigeträchtigen Baseballturnier der Oberschulen, das jeden Sommer im Koshien-Stadium bei Kobe stattfindet, als „Koshien der Kalligraphie“ bezeichnet wird.
Den Lesern wird nicht nur gezeigt, wie die Schüler die Grundlagen ihres Hobbys erlernen, sondern es gibt auch Szenen mit innovativer „Performance Kalligraphie“, in denen die Schüler tanzen, während sie mit übergroßen Tuschpinseln Schriftzeichen auf riesige Papierblätter klecksen. Oberschüler, die im wirklichen Leben regelmäßig für die Internationale Shodo-Ausstellung der Oberschulen nominiert wurden, halfen dabei, die Schriftzeichen zu malen, die in dem Comic gezeigt werden, und sie tauchen auch selbst als Figuren auch. Die Kalligraphie-Ausstellung findet übrigens jedes Jahr statt. 2009 kamen die Teilnehmer aus Japan und 23 weiteren Ländern. Die so genannte Performance Kalligraphie ist Welten entfernt von dem stillen und konzentrierten Image, das der traditionellen Kalligraphie anhängt, und einige der jungen Leute widmen sich dieser Form der Kalligraphie nun mit großem Eifer. Die Beliebtheit von Performance Kalligraphie hat zur Veranstaltung landesweiter Wettbewerbe sowie zu Übertragungen im Fernsehen geführt. Der Kalligraphie Manga wird seit Januar 2010 als Serie auch im Fernsehen gezeigt.
Kultur des Kartenspiels
Ein weiterer Bestseller ist der Manga „Chihayafuru“, Gewinner des Preises „Manga des Jahres 2009“ (2009 Manga Taisho), der von den Manga-Fans unter den Mitarbeitern in Buchläden in ganz Japan verliehen wird. „Chihayafuru“ läuft seit 2008 als Serie im Frauenmanga Magazin Be Love des Verlags Kodansha. Der Manga erzählt die Geschichte einer Oberschülerin und ihrer Freundinnen in einem karuta Klub für traditionelle japanische Kartenspiele.
Die Heldin ist fasziniert von einem traditionellen karuta, das mit Karten gespielt wird, die eine berühmte Sammlung japanischer Gedichte (waka) aus dem 13. Jh. zeigen, nämlich Hundert Gedichte von hundert Dichtern. Bei diesem Spiel liest ein Spieler die Anfangszeile eines Gedichts vor, während die Mitspieler versuchen, so schnell wie möglich die Karte mit den übrigen Zeilen dieses Gedichts zu finden.
Dieser Manga erzählt nicht nur die Geschichte der Freundschaften und Rivalitäten, die sich zwischen den Mädchen entwickeln, während sie ihre Fähigkeiten in diesem Spiel verbessern, sondern er ist auch eine Goldgrube an Informationen über die Bedeutung und Geschichte der waka genannten Gedichte sowie eine unterhaltsame Methode, um etwas über klassische japanische Literatur zu lernen. Karuta Spiele, bei denen sich die Spieler gegenseitig zu übertrumpfen versuchen, können in hohem Maße spannend sein. Sie werden von Menschen in allen Altersstufen gespielt, und jedes Jahr im Januar werden im Fernsehen Wettbewerbe übertragen, in denen der „König“ und die „Königin“ des karuta ermittelt werden. Diese Wettkämpfe sind so spannend, dass man sie schon als Kampfkunst auf Tatami-Matten anstelle von Judo-Matten bezeichnet hat.
Ein weiteres Beispiel für einen populären Manga, der sich mit einem für junge Leute eher untypischen traditionellen Hobby befasst, ist „Ocha Nigosu“ (A Bad Boy Drinks Tea!). Er handelt von einem rebellischen Schüler, der sich durch die Teezeremonie zum vorbildlichen jungen Erwachsenen entwickelt. Eine der wichtigsten traditionellen Kulturen Japans, die Teezeremonie, lehrt diesen Schüler die Grundsätze angemessener Umgangsformen und den Respekt vor dem Anderen.
„Ochiken“ (Geschichtenerzähler-Klub) ist ein so genannter Vier Bilder-Comic, der inzwischen auch in Buchform vorliegt. Die Geschichte handelt von drei Studentinnen, die Mitglieder im Rakugo Klub ihrer Universität werden.
Manga wie die hier genannten bieten den Lesern eine neue Perspektive auf die traditionelle Kultur und machen so einer neuen Generation altehrwürdige Hobbys schmackhaft.


© Web Japan, 2009