Botschaft von Japan Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.88 März 2012

Hiraizumi – bedeutender Kulturschatz der Region Tohoku nun weltweit anerkannt

Hiraizumi liegt etwa in der Mitte der Region Tohoku. Der Fluss Kitakamigawa, der sich von Norden nach Süden durch die Präfektur Iwate windet und schließlich in den Pazifik mündet, fließt östlich an Hiraizumi vorbei. Die Nördlichen Fujiwara, eine einflussreiche Adelsfamilie, die die Region Tohoku gegen Ende des 11. Jh. für rund 100 Jahre beherrschte, schuf an diesem Ort ihre Machtbasis, um von hier aus eine Provinz zu errichten, die von einer einzigartigen Kultur geprägt war und als ein friedliches Paradies ohne die damals üblichen Zwistigkeiten galt. Hiraizumi ist für seine mit großer Sorgfalt errichteten buddhistischen Tempel sowie für seine erlesenen japanischen Gartenlandschaften berühmt, die auf dem Konzept des Buddhismus des Reinen Landes (Jodo) beruhen. Die überreich mit Gold aus heimischer Produktion verzierten Tempel und Statuen wie auch die großartigen Gartenanlagen wurden im Juni 2011 von der UNESCO in die Liste der Welterbestätten aufgenommen. Diese Anerkennung als Welterbe bedeutete für die Menschen in der Region Tohoku, die nur wenige Monate zuvor, nämlich im März, von dem schweren Erdbeben in Ostjapan getroffen wurden, eine große Ermutigung.

 

 

Hiraizumi: Symbol des Strebens nach Frieden und Wohlstand

Der Bau des Chuson-ji Tempels wurde 1105 von Fujiwara Kiyohira in Auftrag gegeben, dem Begründer der Herrschaft der Familie der Nördlichen Fujiwara in Tohoku. Dieser Tempel gilt als bedeutendes Symbol der Kultur von Hiraizumi. Fujiwara Kiyohira erklärte in seiner Widmungsurkunde anlässlich der Tempelweihe, dass der Chuson-ji errichtet wurde, um dem Wunsch nach Frieden und Erholung von den Wirren des Krieges Ausdruck zu verleihen und um die Seelen der Unschuldigen zu trösten, die ihr Leben durch den Krieg verloren haben. Heute nun lässt sich seine damalige Intention und sein Streben mit den Hoffnungen der Menschen nach Erholung von den Folgen des schweren Erdbebens verknüpfen.

Nach einem Spaziergang von 25 Minuten Dauer oder einer 10-minütigen Busfahrt vom Bahnhof JR Hiraizumi aus kommt der Besucher zum Tsukimizaka, einem Hügel, der den von großen Zedern gesäumten Zugang zum Chuson-ji Tempel bildet. Tsukimizaka soll Teil der Okudaido-Straße gewesen sein, die Fujiwara Kiyohira bauen ließ, um die ganze Region Tohoku zu erschließen. Diese große Straße war für die Nördlichen Fujiwara ein wichtiges Mittel, um ihre Handelsaktivitäten auf ganz Japan auszuweiten und ihre Region noch darüber hinaus mit Nordasien, China und den Ryukyu-Inseln zu verbinden. Zu den wichtigsten Ausfuhrgütern der Region zählte Goldstaub, von dem es damals große Vorkommen gab. Es heißt, dass es diese Goldvorkommen waren, die zur Bildung der Legende vom Goldland „Zipangu“ führten, von dem Marco Polo später nach Europa berichtete. Wie um diese Auffassung zu bekräftigen, besteht die Konjikido, die „Halle des Goldes“ beim Chuson-ji, aus einer Holzstruktur, die vollständig mit Blattgold überzogen ist. Dieses Gebäude ist seit seiner Errichtung im Jahr 1124 bis heute unverändert geblieben. In seinem Innern mit goldüberzogenen Decken und Fußböden befinden sich die leuchtend goldenen Statuen von Amida Nyorai und 32 weiteren buddhistischen Figuren. Die Podeste und Säulen sind mit Lack und Perlmutteinlagen verziert, die Symbole des Reinen Landes darstellen. Hier kommt der Wunsch Fujiwara Kiyohiras zum Ausdruck, eine Herrschaft des Friedens und des Wohlstands zu errichten.

 

 

Neben dem Chuson-ji ist auch der Garten des Motsu-ji Tempels ein Beispiel für die anschauliche Verkörperung der Ideen vom Buddhismus des Reinen Landes. Geschaffen von Fujiwara Motohira und Fujiwara Hidehira, den zweiten bzw. dritten Herrschern der Nördlichen Fujiwara und vor rund 830 Jahren vollendet, bestand der Tempel einst aus einer weitläufigen Anlage mit 40 Hallen und Pagoden sowie Unterkünften für mehr als 500 Mönche. Während sämtliche Gebäude im Laufe der Zeit Bränden zum Opfer fielen, blieb der Tempelgarten mit seinem Teich Oizumigaike erhalten. Der Teich, der sich von Osten nach Westen rund 180 m und von Norden nach Süden etwa 90 m weit erstreckt, wurde nach dem Vorbild des Goldenen Sees im Reinen Land angelegt. Noch heute erfüllt sein Anblick den Betrachter mit einem Gefühl der Reinheit. Motsu-ji liegt etwa zehn Minuten Fußweg vom Bahnhof Hiraizumi entfernt. Ein Besuch dieses Tempels zusammen mit dem Chuson-ji wird nachdrücklich all denen empfohlen, die etwas über die Geschichte der Erschließung der Region Tohoku erfahren möchten, die ihren Ausgang in Hiraizumi nahm.

 

Beeindruckende landschaftliche Schönheit entlang schmaler Gebirgsströme

Hiraizumi ist nicht nur reich an kulturellem Erbe, sondern zeichnet sich auch durch große landschaftliche Schönheit aus. Die Gembi-Schlucht ist vom Bahnhof JR Hiraizumi in etwa 30 Minuten mit dem Auto in Richtung Westen zu erreichen. Nur wenige Meter breite Stromschnellen fließen hier zwischen riesigen Felsblöcken und bizarr geformten Felsen hindurch und bieten über eine Strecke von rund zwei Kilometern ein breites Spektrum an jahreszeitlicher Schönheit: Kirschblüten im Frühling, üppiges Grün im Sommer, leuchtend rotes Laub im Herbst sowie beeindruckende Schneelandschaften im Winter. Bei den Besuchern sind Klöße aus süßem Reis sehr beliebt, die von einem am Weg gelegenen Teehaus aus angeboten werden und den Kunden mit Hilfe eines über die Stromschnellen gespannten Seils geliefert werden. Die Geibi-Schlucht durchzieht ein schmaler Gebirgsfluss, der etwa 40 Minuten Autofahrt vom Bahnhof Hiraizumi entfernt in östlicher Richtung liegt. Hier bietet sich den Besuchern während einer Bootsfahrt auf dem sich sanft windenden Fluss der Anblick bis zu 100 m hoher Steilhänge. Die etwa 90 Minuten dauernde Bootsfahrt verzaubert die Fahrgäste durch den einzigartigen Anblick dieser Flusslandschaft, während sie gleichzeitig den traditionellen Liedern der Bootsleute lauschen.

 

 

Genießen Sie den einzigartigen Geschmack der Region Tohoku

Eine kulinarische Spezialität der Region sind wanko soba, Buchweizennudeln, die auf eine originelle Art zubereitet werden. Zahlreiche Schalen enthalten jeweils nur eine mundgerechte Portion für einen Happen. Den Gästen in den Soba-Restaurants in der Nähe des Bahnhofs JR Hiraizumi werden die Nudeln in mit Lack und Gold verzierten Schalen serviert, die genau den Schalen nachempfunden sind, die Fujiwara Hidehira einst in Auftrag gegeben haben soll. Hiraizumi zählt darüber hinaus zu den bekanntesten Reisanbaugebieten Japans. Hier findet man zudem eine große Vielfalt an junmai-shu, eine Art japanischen Reiswein, der ohne Zugabe von Alkohol gebraut wird und für den man als Zutat aus der Region stammenden Reis verwendet. Die Besucher können verschiedene Weine kosten, um so ihre Lieblingssorte herauszufinden. In der Region sind zudem zahlreiche Viehzüchter ansässig, und die Spezialität dieser Region, das Maezawa-Rindfleisch, stellt den Gipfel der Qualität beim Rindfleisch dar, das von japanischen Schwarzrindern stammt. Das Fleisch dieser Rinder von Spitzenqualität eignet sich ausgezeichnet für die Zubereitung als Steak oder shabu-shabu. Als Snacks bietet die Region nambu senbei an, gebackene Kräcker aus geknetetem Weizenmehl mit Wasser. Diese leicht süßlich schmeckenden Kräcker sind das perfekte Geschenk, mit dem Besucher der Region Tohoku ihren Freunden und Verwandten daheim eine Freude machen können. Andere sehr beliebte Souvenirs sind nanbu-Eisenwaren, die aus dem qualitativ hochwertigen Eisen der Region hergestellt werden. Die schlichte schwarze Lackierung dieser Eisenwaren bringt die natürliche Schönheit dieser Produkte besonders gut zur Geltung.

Vor vielen Jahrhunderten wurde in Hiraizumi eine Basis gelegt – ausgehend von den Ideen vom Buddhismus des Reinen Landes – für Frieden, Wohlstand und Gedeihen in Tohoku. Heute ist Hiraizumi erneut ein Hoffnungsstrahl für diese Region, die sich derzeit vom Unglück des 11. März letzten Jahres erholt, um Frieden und Wohlstand wiederzuerlangen, die die Region Tohoku über viele Jahrhunderte hinweg geprägt haben.

 

 

 

© Web Japan 2011

 

 


DruckversionDruckversion


Home | Kalender des Monats | Notizen aus der Redaktion

Botschaft PM Noda | Wiederaufbau | Hiraizumi

Japan-Deutschland | Japanisch lernen