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Neues aus Japan Nr.130 September 2015

Neue Zentren der Subkultur

– Akiba ist nicht das einzige Paradies für Otaku in Japan

Heutzutage steht der Name Akihabara (oft in der Koseform Akiba) gleichsam als Synonym für Subkultur Made in Japan. Tatsächlich ist dieses Viertel in Tokyo ein Paradies für zahlreiche Fans von anime, manga und Charakterfiguren. Ursprünglich als Einkaufsviertel für Elektronikgeräte bekannt, erfuhr Akiba in den letzten Jahren einen umfassenden Wandel und hat sich mittlerweile zu einem Magnet für junge Menschen und Fans einer Vielzahl von Subkulturen entwickelt. Allerdings ist Akiba nicht das einzige Mekka der Subkultur in Japan, vielmehr gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Orte, die hier vorgestellt werden.

 


Nakano Broadway. Einer der vielen heiligen Orte für Fans der Subkultur und ein Mekka für all die Dinge,
die ein Otaku liebt, zum Beispiel manga, Puppen und Computerspiele. Hier ist auch der bekannte
Second-Hand Manga Shop Mandarake zuhause, dessen Stammgeschäft hier zu sehen ist.

 

Eintauchen in die Otaku Kultur

Ein Magnet für die Fans der zahlreichen Genres der japanischen Subkultur liegt gerade einmal fünf Minuten Zugfahrt von Shinjuku, einem der geschäftigsten Viertel Tokyos, entfernt. Wir sprechen von Nakano. Nachdem man auf dem Bahnhof JR Nakano ausgestiegen ist, gelangt man nach einem kurzen Fußweg zum bekannten Einkaufszentrum Nakano Broadway. Auf der zweiten bis vierten Etage finden sich rund achtzig Läden, die Artikel aus allen Facetten der Subkultur anbieten. Jedes Mal, wenn der Besucher aus dem Aufzug tritt, taucht er in eine andere Welt ein. Neben den allgegenwärtigen manga und Postern kann man auch jede Menge Shops entdecken, die sich auf ganz bestimmte Artikel spezialisiert haben, etwa Charakterfiguren und Filmplakate, aber auch alte Schallplatten und Artikel für Eisenbahn-Fans. Eine weitere aufregende Begegnung bieten Shops, die außerirdisch anmutende Objekte als Deko verwenden – ein anderer Laden hat seinen Eingang in der Form eines Höhleneingangs gestaltet. Hier gleicht der Besuch der Läden eher einem Abenteuer als einem Einkaufsbummel.

 


Figuren von bekannten Charakteren aus allen Epochen ziehen die Kunden in ihren Bann.
Hier eine Aufnahme aus dem auf Spielzeug spezialisierten Laden Mandarake.

 

In Japan werden obsessive Fans von anime, manga, Spielfiguren und Ähnlichem als otaku bezeichnet. Diese veranstalten oft spezielle Events, um zusammenzukommen und ihr ganz besonderes Hobby gemeinsam und auf vielfältige Weise zu genießen. Viele junge Fans, die Spielfiguren lieben, suchen womöglich nach den neuesten Kreationen, während ältere Sammler oft nach ganz bestimmten seltenen Figuren Ausschau halten. Nakano Broadway bietet gerade letzteren eine große Zahl von Läden, die auch Vintage Artikel anbieten, und dieses Einkaufszentrum hat sich zu einem Magnet für leidenschaftliche Sammler entwickelt.

Wer einen Blick in einen dieser Läden wirft, ist oft überrascht, wie klein sie sind. Obwohl sie selten mehr als 20 qm messen, sind sie vollgestopft mit Puppen und Spielfiguren von Helden und Monstern, die von den 1960er Jahren bis zu den 1980er Jahren reichen. Das Angebot scheint grenzenlos und reicht vom allgegenwärtigen Godzilla bis hin zu ganz bestimmten Helden und Figuren aus manga in limitierter Auflage – wahre Schätze, für die mancher Sammler alles geben würde. Gerüchte über solche verborgenen Schätze machen rasch die Runde und erreichen auch Sammler aus dem Ausland, die regelmäßig hier vorbeischauen. Ein Ladenbesitzer bewundert diese ausländischen Besucher: „Sie wissen ganz genau, was sie wollen und manche kennen sich besser aus als die japanischen Sammler.“

 


Kleine Läden, die mit anime Artikeln vollgestopft sind, locken zahlreiche Fans an, von denen einige
sogar regelmäßig aus dem Ausland vorbeischauen. (Foto mit freundlicher Unterstützung von Gaocchi)

 

Ein Cosplay-Zentrum jenseits der Metropole Tokyo

Während einem in Bezug auf japanische Subkultur vor allem Tokyo in den Sinn kommt, bestehen tatsächlich eine ganze Reihe weiterer Zentren japanischer Subkultur jenseits der Hauptstadt.

Ein Mekka der Subkultur, das man auf keinen Fall vermissen sollte, ist die Osu Shopping Arcade in Nagoya, der drittgrößten Stadt des Landes. Der Name des Einkaufszentrums leitet sich vom nahe gelegenen Osu Kannon Tempel ab, der vor rund 400 Jahren an dieser Stelle errichtet wurde und den Mittelpunkt der Stadt bildet. Trotz dieser historischen Bezüge ist das Viertel keineswegs in alten Traditionen erstarrt, sondern hat sich auch neuen Trends geöffnet. Mittlerweile hat sich Osu zu einem wichtigen Zentrum für cosplay Fans entwickelt. Cosplay ist die Abkürzung für „Costume Play“, bei dem sich die als „Cosplayer“ bekannten Fans wie Helden und Figuren etwa aus manga und anime kleiden und dabei oft auch kleine Rollenspiele aufführen.

Osu ist unter den Fans zudem als Geburtsort des jährlich stattfindenden World Cosplay Summit (WCS) bekannt, der erstmals 2003 veranstaltet wurde. Jedes Jahr kommen hier Cosplayer aus aller Welt zusammen, und die Teilnehmer hoffen auf den Gewinn des begehrten Titels eines WCS Grand Champion. Durch diese Veranstaltung ist Osu zu einem der wichtigsten Zentren für diese Form der japanischen Subkultur geworden sowie zu einer Plattform, auf der sich Menschen aus aller Welt über cosplay austauschen können.

 


Die Osu Shopping Arcade fungiert als Bühne für die World Cosplay Summit Parade.
(Foto mit freundlicher Unterstützung des World Cosplay Summit Executive Committee)

 

Rund 500 Teilnehmer aus aller Welt formieren sich jedes Jahr zum Wahrzeichen dieser Veranstaltung, der Cosplayer Parade, die sich dann in einem langen Prozessionszug durch die Osu Shopping Arcade zieht. Inzwischen ist der WCS so bekannt, dass sogar der Oberbürgermeister von Nagoya und der Gouverneur der Präfektur Aichi an diesem Event teilnehmen und sich unter die vielen tausend Teilnehmer mischen – selbstverständlich angemessen kostümiert.

Mit seiner langen Geschichte und den vielen kleinen Läden, die neben traditionellen japanischen Süßigkeiten auch zahlreiche Artikel für Fans der japanischen Subkultur anbieten – diese reichen von cosplay Kostümen und Spielfiguren bis zu den bekannten Maid Cafés – ist dieser Ort in Japan wirklich einzigartig.

 


Cosplay Fans und Zuschauer drängen sich auf dem Gelände des Osu Kannon Tempels,
dem Startpunkt der WCS Parade. (Foto mit freundlicher Unterstützung des
World Cosplay Summit Executive Committee)

 

Neues Zentrum der Subkultur auf Kyushu

Überall in Japan entstehen heutzutage weitere Zentren einer Subkultur, die sich insbesondere auf anime und manga gründet. Einer dieser Orte ist „Aruaru City“ gleich neben dem Bahnhof JR Kokura in der Stadt Kitakyushu in der Präfektur Fukuoka. Erst im Frühjahr 2012 eröffnet, übt dieser Ort bereits eine große Anziehungskraft auf zahlreiche Fans aus.

 


Figuren aus japanischen anime begrüßen die Besucher bei der Eröffnung
von „Aruaru City“ in der Stadt Kitakyushu im Frühjahr 2012.

 

Mit dem Ziel, ein Zentrum der japanischen Subkultur zu werden und entsprechende Informationen weltweit zu verbreiten, beherbergt dieser aus sieben Etagen bestehende Komplex zahlreiche Läden, die neben manga und anime auch Computerspiele und Zubehör für cosplay Fans anbieten. Das einzige Café Japans, in dem ausschließlich Musik aus anime gespielt wird, und ein Bereich, in dem cosplay Kostüme für Foto-shootings kostenlos ausgeliehen werden können, sind weitere Attraktionen, die insbesondere an den Wochenenden zahlreiche Fans anlocken.

Kitakyushu ist zudem die Heimat einer ganzen Reihe von manga Zeichnern wie Leiji Matsumoto, der zahlreiche bekannte Science Fiction Comics wie z.B. Space Battleship Yamato, Captain Harlock und Galaxy Express 999 gezeichnet hat. Er wird nicht nur in Japan selbst, sondern weltweit von vielen Fans bewundert. Aus diesem Grund bemüht sich Kitakyushu darum, die Fans dieser Subkultur noch mehr in das Erscheinungsbild der Stadt zu integrieren. So wurden etwa ein Monorail-Zug mit Illustrationen aus Galaxy Express 999 bemalt und auch die Errichtung eines manga Museums in „Aruaru City“ gefördert.

 


Ein Monorail-Zug mit Bildern aus dem anime Galaxy Express 999 verlässt den Bahnhof JR Kokura.
(Foto mit freundlicher Unterstützung der Stadt Kitakyushu)

 

Heute haben sich als kawaii („niedlich“) und cool geltende Charaktere aus japanischen anime, manga und Computerspielen einen festen Platz in den Herzen zahlreicher Fans aus aller Welt erobert. Einige japanische Universitäten richteten sogar Studiengänge ein, die sich der Forschung dieser Genres der Subkultur Made in Japan widmen, und die bei japanischen und ausländischen Studierenden sehr beliebt sind. Inmitten dieser von einer großen Dynamik geprägten Entwicklung ist nur eines gewiss: Japans Subkulturen werden auch in Zukunft eine stetig wachsende Zahl von Fans erfreuen und überraschen – und zwar sowohl in Japan selbst als auch weltweit.

 

© Web Japan

 


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