Botschaft von Japan

Kultur

Kunsthandwerk in Japan – die Herstellung von Lackarbeiten

Vor einiger Zeit haben wir in Neues aus Japan eine Reihe innovativer Produkte vorgestellt, die mittels Techniken der traditionellen japanischen Lackkunst kreiert wurden: Tradition und Innovation: Neue Formen dekorativer Kunst mit urushi sowie Japanische Lackkunst – Urushi-nuri in den Alltag integrieren. Ab dieser Ausgabe möchten wir in einer losen Folge von Beiträgen einmal die Menschen in den Blick nehmen, die hinter dieser altehrwürdigen Handwerkskunst stehen.

Shikki (Lackarbeiten) durchlaufen bis zur Fertigstellung des endgültigen Produkts einen langen und vielfältigen Prozess. In einem ersten Schritt wird der urushi Lack gewonnen, mit dem diese Produkte überzogen werden.

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Fotos: Urushi Industry Division, Stadt Ninohe (Präfektur Iwate), KANAI Gen

Urushi-kaki - das Gewinnen des natürlichen Lacks

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Bild: Joboji, Stadt Ninohe (Präfektur Iwate), Anbaugebiet für urushi. Urushi aus Joboji ist von großer Bedeutung für die Ausbesserungsarbeiten an nationalen Kulturschätzen und bedeutenden Kulturgütern. So wurde dieser Lack etwa bei der Restaurierung des Toshogu-Schreins in Nikko sowie des Tempels Kinkaku-ji („Goldener Pavillon“) in Kyoto verwendet.

Die Stadt Ninohe in der Präfektur Iwate im Norden Japans ist bekannt für die Gewinnung von japanischem urushi. Sie ist zudem die Heimat der größten Gemeinschaft von urushi-kaki-Handwerkern des Landes.

Diese Spezialisten sammeln den Lack, der für die Beschichtung von shikki benötigt wird. Beim urushi-kaki wird die Rinde der urushi Bäume mit einem speziellen Werkzeug horizontal eingeritzt und der aus dem Baum tropfende Harz eingesammelt, der beim Heilungsprozess des Baums austritt. Ein einziger Handwerker überwacht bis zu 400 Bäume im Jahr und sammelt von jedem einzelnen Baum urushi.

Urushi-kaki findet von Juni bis Ende Oktober statt. Der urushi, den die Handwerker sammeln, verfügt je nach Zeitpunkt der Ernte über jeweils besondere Eigenschaften. Dies liegt daran, dass der urushi unterschiedlich trocknet und er je nach Erntezeit immer etwas andere Inhaltsstoffe besitzt. Beispielsweise ist der im Juni und Juli geerntete urushi feuchter, trocknet aber rascher, so dass er sich ausgezeichnet für eine glänzende Beschichtung eignet. Der Höhepunkt der urushi Ernte ist im August, wenn der Lack mit der besten Qualität und dem höchsten Anteil an Urushiol (dem Hauptbestandteil von urushi) gesammelt wird, da er durch das sommerliche Klima weniger feucht ist. Der Lack wird – abhängig von Klima und vegetativen Bedingungen sowie auch davon, wie gut sich der Baum erholt – ungefähr alle fünf Tage gesammelt. Im Oktober endet das urushi-kaki mit dem Ernten des letzten Harzes von den Bäumen.

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Bild: Eingeritzte urushi Bäume. Gerade einmal 3% des in Japan verwendeten urushi werden im Land selbst gewonnen. Von dieser Menge stammen rund 70% aus der Stadt Ninohe in der Präfektur Iwate.

Dies ist die grundlegende Methode für das Sammeln von urushi, mit der jedoch von einem Baum nur etwa 200 Gramm pro Jahr geerntet werden können. Um eine größere Menge und eine höhere Qualität des urushi zu erhalten, muss der Handwerker den Zustand jedes einzelnen Baums genau bestimmen und entscheiden, an welcher Stelle und wie weit voneinander entfernt er die horizontalen Schnitte ansetzt.

Nach der Ernte wird der urushi gerührt, um die Inhaltsstoffe gleichmäßig zu verteilen. Anschließend wird die Feuchtigkeit entzogen, um auf diese Weise den gereinigten urushi zu erhalten. Schließlich gelangt er über Händler zu den Handwerkskünstlern, die den Lack zur Beschichtung ihrer Produkte verwenden.

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Bild: Der urushi-kaki Handwerker sammelt das urushi unmittelbar nachdem er einen Schnitt gemacht hat, da der Lack an der Luft rasch aushärtet.

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Bild: Von rechts nach links: Sichel, Ritzmesser, Tuch und ein takappo (Sammelbehälter für urushi). Dies sind die Utensilien für „urushi-kaki*. Nur wenige Handwerker in Japan können sie heute noch herstellen.

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