Die Noto-Halbinsel an der Küste des Japanischen Meeres ist Heimat der Produktionsstätten von Suzu-Keramik (Suzu-yaki), einer unverwechselbaren Form der Töpferei, die charakteristisch für das mittelalterliche Japan ist. Auch wenn die meisten Brennöfen, in denen diese Töpferware hergestellt wird, durch das Erdbeben am Neujahrstag 2024 zerstört wurden, setzen sich deren Töpfer mit großem Engagement für ihren Wiederaufbau ein. In diesem Beitrag erzählt ein Künstler über den Wiederaufbau sowie über seine Sichtweise der Natur, die diesem Engagement zugrunde liegt.

Bild: Beispiele für Suzu-Keramik, hergestellt von SHINOHARA Takashi, die glücklicherweise beim Erdbeben unbeschädigt blieben.
Mit ihrer unverwechselbar einfachen und klaren Form sowie der temperierten dunkelgrauen Farbe, die sich vom Brennen von eisenreichem Ton herleitet, bei dem eine Reaktion in Form einer Reduktion abläuft, erhielt die Suzu-Keramik ihren Namen von der Region, in der sie überwiegend produziert wird: Suzu, eine alte Hafenstadt an der nordöstlichen Spitze der Noto-Halbinsel in der Präfektur Ishikawa. Erstmals ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts hergestellt, verbreitete sich die Suzu-Keramik einst über den gesamten japanischen Archipel, um dann Ende des 15. Jahrhunderts ihren Untergang zu erleben, der sie ins Reich einer unwirklichen altertümlichen Töpferei führte. Wiederbelebt in den 1970er Jahren sowohl dank eingehender Untersuchungen und Forschungen als auch der Leidenschaft der Menschen vor Ort, erfuhr diese Form der Töpferei schließlich ihre Anerkennung als traditionelles Kunsthandwerk.
In den letzten Jahren erlebte die Töpferindustrie in Suzu einen erheblichen Aufschwung. Über fünfzig Töpfer stellten ihre Produkte her, und auch außerhalb der Präfektur fanden immer mehr Veranstaltungen in Bezug auf diese Töpferkunst statt. Dann aber trat am 1. Januar 2024 ein schweres Erdbeben mit einer Magnitude von 7,6 auf, das die meisten Brennöfen in Suzu zerstörte und so zu einer weiteren existenziellen Krise für die Suzu-Keramik führte.

Bild: Die Stadt Suzu liegt am nordöstlichen Ende der Noto-Halbinsel direkt an der Küste des Japanischen Meeres. Durch das Erdbeben wurden viele Häuser zerstört.
Ein Töpfer von Suzu-Keramik, SHINOHARA Takashi, hatte seine freien Tage während der Neujahrsfeiern geopfert, um an einem Exponat für eine Ausstellung zu arbeiten, als das verhängnisvolle Erdbeben geschah. Er erinnert sich: „Obwohl ich zuvor schon viele Erdbeben erlebt hatte, habe ich da wirklich zum ersten Mal gespürt, dass mein Leben in Gefahr war. Als Ende Februar die Stromversorgung wiederhergestellt war und ich den Schalter in meiner Werkstätte drückte, begann sich sofort die Töpferscheibe zu drehen. Da begriff ich erst, dass ich damals in Panik geflohen war, ohne zuvor die Scheibe abzustellen.“
Es war bereits das dritte Mal, dass Shinoharas Werkstatt durch ein Beben beschädigt wurde. Relativ schwere Erschütterungen hatte es zuvor schon 2022 und 2023 gegeben, und das zweite Beben hatte seinen Brennofen zerstört. Shinohara brauchte fünf Monate, um den Ofen danach wieder aufzubauen. Beim jüngsten Beben wurde er erneut zerstört, ohne dass er auch nur ein Stück Keramik darin gebrannt hatte.

Bild: Shinoharas Töpferwerkstatt in den Bergen von Suzu. Der aus Ziegeln errichtete Ofen in der Werkstatt stürzte während des Erdbebens am 1. Januar komplett ein. Brennholz liegt zerstreut herum.
Trotzdem hat sich Shinohara seinen Optimismus bewahrt: „Als das Unglück letztes Jahr eintrat, hatte ich darüber nachgedacht, meine Arbeit komplett aufzugeben, aber diesmal kamen mir solche Gedanken überhaupt nicht. Der zerstörte Brennofen war an sich nicht meiner, sondern wurde mithilfe vieler Menschen gebaut, die den traditionellen holzbefeuerten Ofen für die Zukunft der Suzu-Keramik erhalten wollten. […] Auch von den jüngeren Töpfern will keiner mit seiner Arbeit aufhören. Das ist beruhigend. Deshalb habe ich die Zukunft von Suzu überhaupt nicht aufgegeben – ich bin nicht pessimistisch.“
Mit Blick auf die Zerstörungen entlang der Küste, die durch das Erdbeben verursacht wurden und an den Straßen, die durch Erdrutsche und infolge der unter Erdmassen begrabenen Tunnel unpassierbar wurden, fährt Shinohara fort: „Die schiere Macht der Natur hat mich einfach in Staunen versetzt. Im Vergleich dazu sind wir Menschen gar nichts.“ Selbst jetzt, mit den Möglichkeiten moderner Gasöfen – die mit ihrer einfachen Temperaturkontrolle effizienter sind – zieht Shinohara es vor, seine Keramik in holzbefeuerten Brennöfen herzustellen. Er erklärt: „Ich benutze nicht einmal ein Thermometer im Ofen. Ich brenne die Keramik, indem ich auf die Farbe im Ofen achte und die Hitze mit meinen Händen spüre, so als wäre ich eins mit der Natur.“

Bild: Shinohara stellt seit 1992 Suzu-Keramik her und steht derzeit der Suzu-yaki Soenkai, dem Verband der Suzu-Keramikhersteller, vor.
Auch wenn Suzu-Keramik zu den unglasierten Töpferwaren zählt, interagiert die Asche des verbrannten Holzes mit dem Ton und entwickelt dabei einen natürlichen glasurartigen Schimmer. Womöglich liegt der Grund, warum die Töpfer sich nicht entmutigen lassen – egal, wie schwer die Verwüstungen durch die Erdbeben sind – auch darin, dass sie durch ihre Werke erkennen, dass die Natur nicht immer so handelt, wie wir es wollen und dass gerade darin ihre Schönheit liegt.
Das Original dieses Beitrags wurde von KIZUNA, dem offiziellen Online-Magazin der Regierung von Japan, übernommen und für NEUES AUS JAPAN ins Deutsche übersetzt. Den Originalbeitrag (in englischer Sprache) finden Sie hier: https://www.japan.go.jp/kizuna/2024/04/keeping_the_flame_of_suzus_kilns_alive.html