Die 55. Berlinale ist vorüber und der Potsdamer Platz wieder in der Hand von
Shoppingtouristen aus aller Welt. Auch wenn uns dieses Jahr die
obligatorischen Diskussionen um einen unangemessenen Eröffnungsfilm („Man to
Man“) und zu wenig Stars auf dem roten Teppich nicht erspart blieben, war es
doch eine ambitionierte Berlinale, die sich keineswegs nur um „Sex, Politik
und Fußball“ drehte.
Im
Wettbewerbsprogramm lief dieses Jahr erneut ein Streifen von Yoji Yamada,
der leider bei der Preisverleihung - wie auch „Tasogare seibei“ vor zwei
Jahren - leer ausging; allerdings vom 3L-Filmverleih noch in diesem Jahr in
unsere Kinos gebracht werden wird: „Kakushi ken – The Hidden Blade“.
Wer den neuesten und bereits 78. Film von Yoji Yamada gesehen hat und sein
sentimentales Epos „Tasogare seibei – Samurai im Zwielicht“ von vor zwei
Jahren kennt, der muss zu dem Schluss kommen, dass der stille grauhaarige
Regisseur zweifelsohne eine Vorliebe für schicksalsgebeutelte
desillusionierte Krieger hegt. War der Protagonist in „Tasogare seibei“ noch
alleinerziehender Samurai (Hiroyuki Sanada), der mit zwei kleinen Kindern
und einer senilen Mutter geschlagen war, so ist der Held von „Kakushi ken“
ebenfalls allein und zudem mit dem Stigma des Harakiri-Todes seines Vaters
belastet. Samurai Katagiri (Masatoshi Nagase) ist relativ wohlhabend und
besitzt ein richtiges Metallschwert – ist sich jedoch mit seinem Vorgänger
darin einig, dass er das Töten verachtet und kampfesmüde ist. Und er wird
trotzdem gegen seinen Willen – das überrascht uns jetzt nicht wirklich – in
eine letzte Schlacht gezwungen.
„Hidden Blade“ spielt 1861 und illustriert uns das bereits durch Tom Cruise
in „Last Samurai“ vorgestellte Zeitalter des Untergangs der Samurai und den
Kampf zwischen Tradition und Moderne in bedächtigen, fast meditativen
Bildern. Wer somit Schwertgeklirr und Kampfgetöse erwartet hat, wird sich
enttäuscht sehen – wieder stellt Yamada das Ringen seiner Hauptfigur mit
seinen eigenen Ansprüchen und Idealen in den Mittelpunkt. Ein Held, der
keiner sein will, muss sich bewähren - in einer Welt
von
Wertewandel, Opportunismus und schlichter Verlogenheit. Kerstin Decker
schrieb im Tagesspiegel so schön, „Kakushi ken“ sei „ein als Kostümfilm
getarnter Denkfilm“. Und die Denkaufgabe lautet: „Wie sterben einstmals
mächtige alte Ordnungen?“ Wir können sehen, dass sie nicht kampflos sterben
und dass die Menschen, die in einem Zeitalter von Umbrüchen leben, sich
zwangsläufig den auf sie einstürmenden Veränderungen stellen müssen. Yamada
fand für den Konflikt zwischen alt und neu erfrischende Bilder. Die Szenen,
in denen die stolzen Samurai marschieren bzw. überhaupt effektiv laufen
lernen müssen, sind dafür ein schönes Sinnbild.
Der Film verknüpft somit in bewährter Manier Liebe, Freundschaft, Ehre und
ein finales Duell. Alles was das romantische Herz begehrt. Mag „Hidden
Blade“ Yamadas Intentionen deutlicher zum Ausdruck bringen als „Tasogare
seibei“, so ist letzterer vielleicht der schönere Film. Die Geschichte subtiler,
die Charaktere liebevoller gezeichnet. Es mag daran liegen,
dass man bei „Kakushi ken“ das Gefühl nicht los wird, dies alles schon
einmal gesehen zu haben. Und das ist schade.
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