Am 28. April feierte das Japanisch-Deutsche Zentrum Berlin (JDZB) sein
zwanzigjähriges Bestehen. Die Geschichte des Zentrums begann in
dem
Gebäude am südlichen Rand des Tiergartens, das heute wieder als Botschaft
von Japan genutzt wird. Während des Kalten Krieges und der Teilung
Deutschlands hatte das Interesse an Japan stetig zugenommen und somit auch
das Bedürfnis nach einem Forum, das Wissenschaftlern und anderen Vertretern
beider Länder die Möglichkeit zum Dialog bieten sollte. So beschlossen der
damalige Bundeskanzler Helmut Kohl und der damalige Ministerpräsident
Yasuhiro Nakasone im Jahre 1983, eine „Begegnungsstätte“ zu gründen. Der
Senat von Berlin
erklärte sich bereit, stellvertretend für die deutsche
Seite ein Stiftungskapital in Höhe von 15 Millionen DM zur Verfügung zu
stellen. Die japanische Seite kam für die Kosten auf, die für die
Rekonstruktion des ehemaligen Botschaftsgebäudes notwendig waren, insgesamt
45 Millionen DM. Ein Viertel dieser Summe wurde von japanischen Unternehmen
gespendet. 1998 zog das JDZB dann in sein jetziges Domizil
in Berlin-Dahlem.
Die Erwartungen bei der Gründung wurden nicht enttäuscht.
Mit zahlreichen Symposien und Konferenzen machte sich das
JDZB einen Namen. Anfangs beschränkte man sich
hauptsächlich auf den bilateralen Austausch, aber mit der Zeit wurden
zunehmend auch internationale Themen und globale Fragen behandelt.
Die Veranstaltungen finden überwiegend in Berlin, aber auch
in Japan statt. Zum Veranstaltungsjahr "Deutschland in Japan 2005/ 2006"
trägt das JDZB sogar mit einem Dutzend Konferenzen in Japan bei. Ein persönliches Anliegen
von Angelika Viets, die seit nunmehr drei Jahren als Generalsekretärin
fungiert, ist insbesondere die Intensivierung des Jugendaustausches. In
seiner bisherigen Geschichte empfing das JDZB führende Persönlichkeiten aus
Japan, etwa Mitglieder der kaiserlichen Familie und Spitzenpolitiker wie die
Ministerpräsidenten Yasuhiro Nakasone und Toshiki Kaifu sowie Außenminister
Yohei Kono. Auch deutsche Gäste wie die Bundespräsidenten Richard von
Weizsäcker, Roman Herzog und Johannes Rau sowie Bundeskanzler Helmut Kohl,
Altbundeskanzler Helmut Schmidt und Außenminister Joschka Fischer
gaben
dem Zentrum die Ehre.
Das Grußwort zur Eröffnung des Festaktes am frühen Vormittag des 28. April
übernahm der Vorsitzende des Stiftungsrats des JDZB, Dr. Ulrich Cartellieri.
Es folgte die Ansprache von Staatsministerin Kerstin Müller vom Auswärtigen
Amt. Der Veranstaltungssaal war mit fast zweihundert geladenen Gästen voll
besetzt. Aufgelockert wurde der Festakt mit Musik von Charles Auguste de
Beriot und Jean-Marie Leclair, gespielt von Bela Papp und Yoko Hoshino, die
beide als Solisten dem Corelli-Kammerorchester angehören. Weitere Grußworte
hielten Frau Bürgermeisterin Karin Schubert und Botschafter Yushu Takashima.
Als Ehrengast der Veranstaltung trat sodann die Präsidentin der Japan
International Cooperation Agency (JICA), Sadako Ogata an das Podium. Sie
gratulierte dem JDZB zu seinem Jubiläum und sprach ein wenig über ihre
persönliche Zuneigung zu Deutschland, die sehr von den Eindrücken ihres
Vaters geprägt wurde, der hier in Berlin seine Karriere als junger Diplomat
begann.
Symposium über
„Human Security“ und Entwicklungshilfe
Am Nachmittag eröffnete die Generalsekretärin des JDZB
das Symposium über „Human Security“, gefolgt von
Key Notes von Staatssekretär Chrobog (Auswärtiges Amt) und Frau Ogata. Von Beginn an schwebte die Frage in der
Luft, was dieser Begriff konkret umschreibt. Wie kann in unserer
fortgeschrittenen Zeit ein vollkommen neues Konzept weltweite Verbreitung
erfahren?
Schließlich ist die Idee, nicht nur Staaten, sondern auch den einzelnen
Menschen Hilfe zu leisten, keineswegs eine neue „Erfindung“. Vorläufer
dieses Konzepts sind u.a. die Aktivitäten des Internationalen Komitees vom
Roten Kreuz, das bereits 1863 gegründet wurde. Schon damals sorgte sein
Gründer Henry Dunant dafür, dass eine systematische Pflege der
Kriegsverwundeten mit ausgebildetem Personal und gesicherter Unterbringung
gewährleistet wurde. Es lässt sich nicht leugnen, dass ein allgemein
gültiges Verständnis von „Human Security“ derzeit noch vertieft werden muss,
was womöglich auch damit zusammenhängt, dass der Begriff zumindest im
deutschen Sprachraum noch nicht allzu geläufig ist.
So traf es sich glücklich, dass Frau Ogata versuchte, die Notwendigkeit, das
Konzept von „Human Security“ zu erfinden, folgendermaßen umschrieb: „Wir
brauchen heute dringend einen neuen Konsens in Bezug auf die Sicherheit. Der
Begriff der Sicherheit im Sinne des Schutzes der Staaten vor Angriffen von
außen wandelt sich zunehmend zu einem Schutz des Lebens der einzelnen
Menschen vor chronischer Armut, Umweltzerstörung, ansteckenden Krankheiten
wie HIV/AIDS sowie grenzüberschreitendem Verbrechen. Angesichts der Realität
einer sich tiefgreifend verändernden Welt müssen wir das Konzept von
Sicherheit von der ‚Sicherheit des Staates’ auf die ‚Sicherheit der Menschen’
ausweiten.“
Wolfgang Schmitt, Präsident der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit
(GTZ), erklärte die Notwendigkeit des neuen Konzeptes folgendermaßen:
„Frieden, Sicherheit und Entwicklung sind eindeutig miteinander verknüpft.
Ein
Konzept und die Mittel, diese Faktoren umfassend abzudecken, fehlten jedoch
bislang.
Vielleicht kann das Konzept von ‚Human Security’ diese Situation verbessern.“
Bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Mainstreaming Human Security“ betonte
der Direktor der JICA, Takao Toda, dass in dem vagen, aber viel
versprechenden „Zauberwort“ durchaus Enthusiasmus stecke, der mit Tatendrang
und konkretem Engagement vor Ort verknüpft sei. Toda, der seit 1984 für die
JICA tätig ist, hat mit eigenen Augen das Leid der Menschen u.a. in Ruanda,
Burundi, im Irak und in Indonesien gesehen. Seiner Meinung nach ist das
umfassende Konzept von „Human Security“ deshalb sinnvoll, weil sich die
Entwicklungshilfe in den letzten Jahren immer mehr in zahlreiche
verschiedene Fachgebiete verästelt habe, die es dem Einzelnen erschweren,
den Überblick zu behalten.
Auch Dr. Mary Racelis, die an der Ateneo Universität in Manila lehrt, kennt
die Nöte der Menschen in ihrem Land aus erster Hand. Sie zeigte sich ein
wenig enttäuscht, dass sie als einzige weibliche Referentin an der
Diskussion teilnahm, denn sie war der Meinung, dass auf den Philippinen auch
der Schutz der Rechte von Frauen und Kindern ein wichtiger Aspekt von ‚Human
Security’ sei. Im Allgemeinen sei es so, dass Frauen sich in Zeiten des
Konfliktes in einer schwachen Position befänden. Da gerade sie aber am
gründlichsten handelten und dabei in ihrer Region verwurzelt seien, besäßen
sie das Potential, aktiv (im Rahmen der Entwicklung) zu handeln.
Botschafter Ortwin Henning vom Auswärtigen Amt erläuterte den Standpunkt der
Bundesregierung, die sich durchaus zur großen Bedeutung des Konzeptes
bekenne. So habe Deutschland im Mai 2004 einen Aktionsplan für „Zivile
Krisen, Konfliktlösung und Friedensschaffung“ erstellt. Der Plan zählt 161
Maßnahmen auf, die für die Stärkung des Umfelds zur Konfliktverhütung
erforderlich sind. Die Besonderheit liege in dem vielseitigen Vorgehen, in
der strategischen Fokussierung auf die staatlichen Strukturen sowie in der
Anhebung der Fähigkeit der Zivilgesellschaft, Frieden zu schaffen.
Das sich über zwei Tage erstreckende Symposium zeitigte dank der Teilnahme
von Vertretern der Bundesregierung und der deutschen Politik, von Diplomaten
anderer Staaten sowie Vertretern internationaler Organisationen eine Reihe
von Ergebnissen. Vielleicht kann diese Ausgabe von Neues aus Japan dazu
beitragen, das neue Gesicht der offiziellen Entwicklungshilfe Japans
innerhalb Deutschlands noch bekannter zu machen.
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