Takashi Miike ist bekannt als Vielfilmer und cineastisches Chamäleon. Er
drehte Yakuza-Filme wie „Graveyard of Honor“, Komödien wie „Shangri-La“ und
verstörende Horrorfilme wie „Audition“. Von einem kurzen Gastspiel von „Audition“
in den Programmkinos abgesehen, hat es jedoch keiner seiner Filme auf die
großen deutschen Leinwände geschafft. Mit „The Call“ ist das nun anders, was
wohl in erster Linie dem Erfolg der aktuellen japanischen Horror-filmwelle
und deren Neuaufbereitung in den Studios Hollywoods zu verdanken ist.
Soweit die Fakten. Ob es jedoch gut ist, dass gerade „The Call“ Miikes
Einstieg in die deutsche Filmwelt markiert, ist eher fraglich. Denn der Film
ist nicht wirklich gut. Da man Miike eh morbide Fantasien nachsagt, nimmt es
nicht wunder, dass er sich dem Trend folgend im Horrorgenre versucht.
Allerdings wiederholt Miike – nur leicht variiert - den erfolgreichen Plot
der „Ringu“- Filme und das ist weder originell noch übermäßig spannend. Aber
ich greife vor.
In „The Call“ sind keine Videos, sondern Anrufe die Todesboten -
japanische Szene-Teenager erhalten mysteriöse Anrufe auf ihre Handys. Die
Anrufe kommen aus der Zukunft und sind von ihnen selbst, im Augenblick ihres
– unfreiwilligen – Todes. Sie sterben durch Stürze auf Gleise oder in
Fahrstuhlschächte oder gar vor laufender Kamera. Nichts scheint das per
Handy angekündigte Schicksal aufhalten zu können. So weit so makaber. Der
Film wäre jedoch kein echter Gruselschocker, wenn es nicht eine Heldin
respektive einen Helden gäbe, der diesen todbringenden Kreislauf
durchbrechen könnte. Das ist in unserem Fall die durchaus ansehnliche
Studentin Yumi Nakamura (Kou Shibasaki), die durch die Aufarbeitung der
Traumata ihrer Kindheit dem Fluch auf die Spur kommt.
Wenn auch Miikes Film nicht wirklich als Horrorfilm funktioniert, weil alles
zu vorhersehbar scheint, wird er hier wirklich bedrückend. Das wahre Grauen
entsteht durch die Widerspiegelung einer Gesellschaft, die Kinder
verwahrlosen und sterben lässt, sie quält, verstößt und verhungern lässt. In
emotionalem wie wörtlichen Sinne. Man sieht sie vor sich, die kleinen
Jessicas und Tims, die unbemerkt auf der Schattenseite des Lebens aufwachsen
und aufgrund der allgemeinen Gleichgültigkeit unserer Konsumgesellschaften
nie eine echte Chance hatten. Versteht man diesen Aspekt als indirekte
Gesellschaftskritik und nimmt man die Szene der skrupellosen Vermarktung des
Todes eines der Mädchen in einer Live-Show des japanischen Fernsehens dazu,
mag der Film durchaus nachdenkenswerte Ansätze zeigen. Alles in allem jedoch
ist er ein professionell runtergekurbeltes Mittelding aus Horror-, Teenie-
und Kriminalfilm (die dargestellten Polizeibeamten sind das Klischee an
sich), der nicht wirklich unter die Haut geht.
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Fazit: Auf der aktuellen Welle japanischer Horrorfilme wie „The Ring“
und „Dark Water“ reitend, versucht sich Takashi Miike an einem Plot, den wir in dieser
oder jener Form bereits kennen. Das unentschlossene Verknüpfen der Handlung mit
übersinnlichen Erscheinungen, vager Gesellschaftskritik und klassischen
Kriminalelementen verlangt dem Zuschauer vor allem gegen Ende des Films viel
guten Willen ab.
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