Informative Kartenwerke zu Themen wie
internationale Angelegenheiten, Geschichte und sogar Erdbeben und andere
Naturkatastrophen sind in Japan sehr beliebt. Werke wie Ima ga Wakaru
Jidai ga Wakaru Sekai Chizu (Atlas, um die Welt von heute zu verstehen),
Edo Tokyo Sampo (Spaziergang durch Edo und Tokyo) und Shinsaiji
Kitaku Shien Mappu Shutoken Ban (Wie Sie nach einem Erdbeben nach Hause
finden: Ausgabe für Tokyo) finden sich regelmäßig in den Bestseller-Listen.
Da Karten heutzutage im Internet frei verfügbar und auch Navigationsgeräte
für Autos allgemein gebräuchlich sind, ist die Nachfrage nach
konventionellen gedruckten Karten in den letzten Jahren erheblich
zurückgegangen. Die neuen thematischen und informativen Karten sind das
Ergebnis einer neuen Strategie, die die Verlage angesichts widriger
Marktbedingungen entworfen haben.
Prall gefüllt mit Fakten
Der Verlag Seibido Shuppan Co. startete mit dem Verkauf von „Atlas, um die
Welt von heute zu verstehen“ Ende 2002. Die erste Hälfte des Werkes besteht
aus einer Serie von Illustrationen und Diagrammen, die Informationen zu
einer Vielzahl von Kategorien in allen Ländern der Welt bieten, darunter
z.B. Verteidigungsausgaben und Arbeitslosenquote. Zur Zeit gibt es drei
verschiedene Atlanten in dieser Serie, die zusammen eine Auflage von
insgesamt 420.000 erreichen. Die Auflage für den „Atlas, um das Japan von
heute zu verstehen“, der erstmals Ende 2003 erschien, liegt inzwischen bei
270.000.
Seibido sah sich zur Herausgabe dieser Karten durch die Terroranschläge vom
11. September 2001 in den Vereinigten Staaten veranlasst. Einhergehend mit
der sinkenden Zahl internationaler Fluggäste gingen auch die Verkaufszahlen
für Reiseführer dramatisch zurück, so dass Seibido gezwungen war, die
Umsatzverluste durch die Einführung neuartiger Publikationen auszugleichen.
Das Unternehmen überlegte sich, dass ein Werk, das eine Vielzahl von
statistischen, historischen und politischen Informationen mit einer
Weltkarte kombiniert, an die Wissensneugierde einer breiten Leserschicht
appellieren würde. Damit hatte der Verlag Erfolg, und der Atlas hat nun
zahlreiche Leser in allen Altersgruppen gefunden. Für Herbst 2005 plant
Seibido die Herausgabe eines neuen Atlasses in der gleichen Serie, der die
Geschichte der Showa-Ära (1926-1989) zum Thema hat.
Ein Werk, das den Leser noch weiter zurück in die Geschichte führt, ist
„Spaziergang durch Edo und Tokyo“, das 2002 im Verlag Jinbunsha erschien.
Der Atlas gibt alte Karten von Edo (wie Tokyo bis 1868 hieß) zusammen mit
den entsprechenden Karten des heutigen Tokyo wieder, die der Leser dann
einfach miteinander vergleichen kann. Von diesem Atlas wurden bislang über
80.000 Exemplare verkauft, eine außerordentlich hohe Zahl für Publikationen
dieser Art.
Zeig mir den Weg nach Hause
Sogar die Aussicht auf eine Naturkatastrophe hat sich mit der Herausgabe von
„Wie Sie nach einem Erdbeben nach Hause finden: Ausgabe für Tokyo“ des
führenden Straßenkarten-Verlages Shobunsha Publications, Inc. zu einem
Bestseller entwickelt. Am 1. August 2005 erschienen, wurden in den ersten
drei Wochen 210.000 Exemplare verkauft. Diese Zahl hat die Aufmerksamkeit
aller Kartenverlage auf sich gelenkt, da normalerweise schon eine
Karte mit einer Auflage von 200.000 Stück im Jahr als großer Erfolg gilt.
Die Planungen für diese Karte und das Begleitbuch begannen nach dem Erdbeben
in der Präfektur Niigata vom Oktober 2004. Laut Vorhersagen von Experten
würde ein ähnlich starkes Erdbeben im Großraum Tokyo dazu führen, dass 6,5
Mio. Pendler nicht mehr nach Hause zurückkehren könnten und damit zu
Flüchtlingen würden. Die Karte funktioniert daher als Führer für Menschen,
die sich nach einem schweren Erdbeben im Zentrum von Tokyo befinden und die
aufgrund der zusammengebrochenen Verkehrsnetze zu Fuß nach Hause in die
Vorstädte zurückkehren müssen.
Die Karte stellt den Lesern zwölf verschiedene Routen vom Zentrum in die
Vorstädte vor, die auf einer Liste von Straßen beruhen, die die
Stadtverwaltung von Tokyo zu diesem Zweck bestimmt hat. Um so detaillierte
Informationen wie möglich zu liefern, wanderten die Autoren selbst entlang
dieser Routen, wobei sie ihr Augenmerk auf enge Straßen, überhängende
Stromleitungen, Mauern aus Betonblöcken und andere potentielle Gefahren
richteten. Vom Zentrum Tokyos führt die Karte bis zu 22 km nach Süden, 36 km
nach Westen, 32 km nach Norden und 38 km nach Osten.
Am 23. Juli 2005, gerade einmal zwei Wochen vor dem ursprünglich anvisierten
Erscheinungstermin der Karte am 4. August, gab es in Tokyo ein relativ
starkes Erdbeben. Nachdem er von führenden Buchgroßhändlern auf das große
Potential für hohe Verkaufs-zahlen an große Unternehmen zusätzlich zu einer
Flut von Bestellungen von Einzelkunden aufmerksam gemacht worden war,
entschied sich der Verlag den Erscheinungstermin vorzuziehen und die erste
Auflage von 60.000 auf 110.000 Exemplare zu erhöhen. Mitte Oktober
veröffentlichte der gleiche Verlag zwei neue Versionen der Karte, eine für
Nagoya und die Tokai-Region und die andere für die Region Kyoto-Osaka-Kobe.
Der Verlag ist davon überzeugt, dass die Karten sich längerfristig gut
verkaufen werden und rechnet insgesamt mit einer Million verkaufter
Exemplare.
Der Boom erfolgreicher neuer Produkte auf dem Kartensektor zeigt, wie
japanische Unternehmen auf den rückläufigen Trend in diesem Bereich reagiert
haben, indem sie mit innovativen Produkten neue Märkte erschließen.
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