Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.22                           September 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Filme aus Japan

Dolls

(Japan 2002, 113 Minuten, FSK 12)

 

 

 

 

 

„Dolls“ ist ein Film, den man nicht mögen muss. Er ist surreal, sperrig und auf eine Weise grausam, die man von Takeshi Kitano so nicht kennt: nicht körperlich, sondern seelisch. Hier sind es nicht Waffen, die töten, sondern verdichtete Gefühle. Man kann nicht anders, als betroffen aus diesem Film zu gehen, der auf einem Stück des japanischen Dichters Chikamatsu beruht und mit Bunraku-Puppen in Rollen einführt, die im Verlauf der Handlung von Menschen übernommen werden....

Kitano erzählt drei tragische Liebesgeschichten, die, wiederum durch die Jahreszeiten symbolisiert, in vier Teile unterteilt werden. Ein junger Mann, der sich aus Ehrgeiz und Pragmatismus zur Heirat mit der Tochter seines Chefs entschlossen hat, kehrt am Tag der Hochzeit zu seiner Geliebten zurück, die sich aus Kummer über seinen Verrat das Leben nehmen wollte.

Ein alternder Yakuza-Boss, erfolgreich, reich und einsam, erinnert sich seiner Jugendliebe, die ihm stets mittags das O-Bento (Imbiss) auf einer Parkbank servierte und noch heute – dreißig Jahre später – dort auf ihn wartet...

Und ein schönes Popsternchen, durch einen Unfall entstellt, zieht sich aus Eitelkeit aus der Öffentlichkeit zurück und vereinsamt. Nur ein anhänglicher Fan spürt sie auf und zerstört sein Augenlicht, um sie nicht mit seinen Blicken zu kompromittieren...

Nicht erst diese letzte grausame Tat lässt einen erschauern und sich fragen, worin eigentlich die oft beschworene wahre Liebe besteht? Kitano selbst erläutert es so:
„Die Protagonisten in meinem Film – wie auch die von Chikamatsu – handeln bei genauerer Betrachtung ja alle aus extrem egoistischen Motiven. Ein Mädchen will sich umbringen, weil ihr Verlobter sie verlässt – und will in Wirklichkeit nur seine Aufmerksamkeit erringen. Eine Frau wartet Jahrzehnte lang jede Woche auf einer Parkbank vergebens auf ihren Liebsten – nur um der ganzen Welt zu zeigen, wie schrecklich sie leidet."

Ein Ansatz, der betroffen macht. Wie oft ist Liebe, die man für jemand anderen zu empfinden glaubt, bloße Selbstsucht oder im besten Fall ein Lückenfüller für ein Lebensvakuum? Wie sehr kann und sollte man sich an einen Menschen binden und von ihm die Erfüllung all seiner Sehnsüchte erhoffen? Wie geht man mit Trauer, Leid, Einsamkeit und Schuldgefühlen um, wenn eine Liebe scheitert?

Kitano hat wundervolle Bilder gefunden, um seinen tragischen Liebesreigen zu illustrieren. Das übliche Blau-Grau seiner Filme ist diesmal einem Feuerwerk von Farben gewichen, die bezaubern und verblüffen. Die vielgepriesenen Kostüme von Yohji Yamamoto (Kitano hatte sich ursprünglich ausrangierte Trainingsanzüge für die Bettler vorgestellt) in Kombination mit den faszinierenden Landschaftsaufnahmen machen „Dolls“ zu einem visuellen Wunder...

 

Fazit:

Bizarr und faszinierend. Das durch ein rotes Band aneinandergekettete Liebespaar ist ein unvergessliches Sinnbild für die Kraft der Liebe, die beleben und töten kann. Und bei aller Tragik wäre Kitano nicht Kitano, könnte er auf die Frage nach selbsterlebter obsessiver Liebe nicht noch scherzen: "Natürlich (kenne ich diese). Über ganz Japan verteilt sitzen mindestens 20 Frauen jeden Samstag auf einer Parkbank und warten auf mich."

 
 
 

 
 

J.G. (Diese Rezension stellt eine individuelle Meinung dar und vertritt nicht die offizielle Haltung der Botschaft von Japan)    
 

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