
Das nun bereits vierte Berlin Asia-Pacific Film Festival eröffnete Anfang
Oktober mit dem japanischen Streifen „Gabai Granny“ und schloss in gewissem
Sinne auch damit: „Gabai Granny“ erhielt am 8. Oktober auch den Preis des
Festivals für den besten Film.
Nur verständlich somit, dass ich Ihnen diesen Film hiermit gern vorstellen
möchte – auch wenn es zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch offen ist, ob der
Film je seinen Weg in unsere Kinos finden wird. Regisseur Hitoshi Kurauchi
zumindest, der neben seiner Hauptdarstellerin Kazuko Yoshiyuki der
europäische Erstaufführung im traditionsreichen Kino Babylon beiwohnte,
würde dies natürlich befürworten und zeigte sich ob der positiven Aufnahme
seines Werkes glücklich.
Kurauchi führt uns zurück ins Japan der Nachkriegszeit, als sowohl die
Lebensmittel als auch die Hoffnungen der Menschen knapp waren. Der kleine
Akihito wird von seiner Mutter, die ihn und seinen Bruder nicht ausreichend
versorgen kann, zu seiner ihm unbekannten Großmutter nach Saga abgeschoben.
Nicht, dass es dort mehr zu essen gäbe, aber die Obâchan bewohnt ein
geräumiges Anwesen und profitiert zudem von dem am Haus vorbeifließenden
Bach, der täglich die Abfälle des stromaufwärts gelegenen Marktes anspült.
Akihito wird sich durchsetzen – er kann nicht Kendo trainieren und auch
nicht Judo, da es an der notwendigen Ausrüstung fehlt, aber er wird Laufen
und mit jedem Schritt, den er tut, ein neues Selbstbewusstsein gewinnen.
Sehr einfühlsam und in ruhigen Einstellungen zeichnet der Regisseur das
einprägsame Bild einer Zeit, die nicht viel Raum für die Träume, Gefühle und
Fantasien eines Kindes ließ. Vor allem dank seiner brillanten
Hauptdarsteller gelingt es Kurauchi die auf den Kindheitserinnerungen des
bekannten japanischen Komikers Yôshichi Shimada basierende Geschichte eines
kleinen verletzten Jungen und seiner ebenso unnahbar wirkenden wie
geschäftstüchtigen Großmutter so zu erzählen, dass es das Herz des
Zuschauers rührt.
Natürlich wird sich Akihito durchbeißen, natürlich wird er seinen Marathon
gewinnen und natürlich wird letztendlich seine geliebte Mutter an seinem
großen Tag am Straßenrand stehen, um ihm zuzujubeln. In diesem Sinne bietet
die Story keine Überraschungen, ist sie eine typische Geschichte, wie sie
uns bereits von Boxern und anderen Underdogs erzählt wurde. Das mag ein
Nachteil sein, da man zu schnell ahnt, welcherart die Botschaft ist, die der
Regisseur auf seine Fahnen geschrieben hat. Trotzdem hat er einprägsame
Bilder gefunden, wie die der Lehrer, die Akihito ihr Bento anbieten, indem
sie vorgeben, sich den Magen verdorben zu haben... Und letztendlich
unübertroffen – Kazuko Yoshiyuki, als Großmutter. Wie sie ihre Gefühle
hinter einer No-Maske aus Stolz und Geschäftigkeit verbirgt und trotzdem
keinen Zweifel daran lässt, wie sehr sie liebt. Großes Schauspielerkino.
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Kommentare zur Verleihung des Festivalpreises des Berlin Asia-Pacific Film
Festival

Hitoshi Kurauchi
(Regisseur):
Ich habe es allein schon als große Ehre empfunden, dass der Film für die
Eröffnung des Festivals ausgewählt wurde. Nach der Aufführung wurden aus dem
Publikum viele grundsätzliche und sehr zielgerichtete Fragen gestellt - z.B.
zur Musik des Films oder zur Ausarbeitung der Rollen. Ich freue mich sehr,
dass mein Film bei einem Filmfestival mit einem derart versierten Publikum,
das über ein gutes Auge verfügt, ausgezeichnet wurde und dass das
Lebenscredo der Hauptdarstellein auch in Europa verstanden wird. Am meisten
überrascht sein von der Preisverleihung dürfte aber wohl „Oma Osano“, die in
ihrem Grab in Saga ruht.
Kazuko Yoshiyuki (Hauptdarstellerin):
Über die Verleihung des Preises für den besten Film des Asia-Pacific Film
Festival freue ich mich sehr und fühle mich sehr geehrt. Ich finde es
überaus ermutigend, dass die Menschen - wie weit sie geographisch auch
voneinander entfernt sein mögen - eine Botschaft mit dem Herzen aufnehmen
können. Unser Wunsch ist es, dass dank des Engagements der Menschen, die den
Film beim Festival gesehen haben, noch mehr Menschen diesen Film sehen
werden. Wir warten auf diesen Tag.
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