Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.34                          September 2007

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Globales Management und die Aufgaben der Außenpolitik Japans

 

Grundsatzrede von Außenminister Taro Aso auf der 17. Asiatischen Unternehmenskonferenz „Zusammenkommen und Voranschreiten: Asiens Volkswirtschaften führen mittels Integration und Innovation“ am 18. 05. 2007 (Veranstalter: Asia Society)

Anmerkung: Taro Aso ist am 27. August 2007 aus dem Amt des Außenministers ausgeschieden. Sein Nachfolger ist Nobutaka Machimura. Das neue Kabinett Japans stellen wir Ihnen hier vor.

 

 

 

 

 

Wenn man sich mit dem Management von Unternehmen befasst, dann bezeichnet der Begriff „mittelfristig“ in der Regel einen Zeitrahmen von etwa drei Jahren. Und ich denke, ganz ähnlich würde man bei einer „langfristigen“ Diskussion kaum an Dinge denken, die mehr zehn Jahre weit in die Zukunft reichen. Dies ist womöglich ein Resultat des erweiterten Systems der Corporate Governance, aber tatsächlich kommt es immer öfter vor, dass Unternehmenslenker nach gerade einmal zwei Amtszeiten abtreten.

 

Es besteht daher die Tendenz zur Betonung der Notwendigkeit eines Managements, das die langfristigen Veränderungen der Umwelt berücksichtigt. Jedoch ergeben sich bei dessen Umsetzung in die Praxis Schwierigkeiten bei privaten Unternehmen dahingehend, dass sich die Frage stellt, wie dieses Management tatsächlich strukturiert sein soll.

Ich hoffe, dass die Teilnehmer dieser Konferenz, die sowohl japanische als auch internationale Unternehmen repräsentieren, heute ein deutlicheres Verständnis von der Tatsache erhalten, dass ein wichtiger Bestandteil des außenpolitischen Engagements eines Landes wie Japan darin besteht, sich mit den strukturellen Beschränkungen unserer Fähigkeiten für Vorhersagen zu befassen - ein Problem, dem sich auch private Unternehmen oft gegenübersehen.

Die Zukunft zu erkennen ist niemals eine leichte Aufgabe. Dinge vorherzusagen, die in zehn oder zwanzig Jahren passieren, ist etwas, bei dem niemand erfolgreich sein kann. Dies ist eine der Lehren, die uns die Geschichte der Menschheit im 20. Jh. gelehrt hat.

Als die Sowjetunion 1979 in Afghanistan einmarschierte, konnte niemand voraussehen, dass zehn Jahre später die Berliner Mauer fallen und dass nicht einmal zwanzig Jahre nach dieser Invasion die Sowjetunion selbst verschwinden würde.

Wenn wir den Blick für eine Minute auf die „Globalisierung“ der Welt richten, dann erkennen wir, dass dieses Phänomen vor 25 Jahren in keiner einzigen Zeitung oder Zeitschrift erwähnt wurde. Tatsächlich wurde der Begriff erst bekannt, nachdem der im letzten Jahr verstorbene Ted Levitt 1983 in der Harvard Business Review einen Artikel mit der Überschrift „Die Globalisierung der Märkte“ veröffentlicht hatte.

Ganz ähnlich ist es auch bei der Frage, was sich aus der Kombination von Globalisierung und Internet ergeben wird. Vor fünfzehn Jahren konnte darauf noch niemand antworten, weil es das Internet damals noch gar nicht gab.

Was passierte, ist, dass China sich zu einem führenden Produktionsstandort entwickelt hat, während Indien heute als „Back Office“ und auch als Forschungslabor der ganzen Welt fungiert. Dass eine derartige Welt entstehen würde, lag sogar jenseits der Prognosefähigkeiten des großen Herman Kahn (von der Rand Corporation), der den Aufstieg Japans und Indiens voraussagte.

Nun, nachdem all dies gesagt wurde und geschehen ist, liegt die Zukunft gänzlich im Dunkeln. Aber wenn wir fragen, ob Unternehmensmanagement nur etwas ist, bei dem man in völliger Dunkelheit umhertappt, dann würde ich antworten, dass das außenpolitische Engagement verantwortungsbewusster Staaten auch beinhaltet, sich mit ganzer Kraft dafür einzusetzen, genau dieses blinde Umhertappen zu verhindern.

Meiner Auffassung nach besteht eine der wichtigsten Aufgaben der Außenpolitik im globalen Risikomanagement. Bei der Konzeption von „Risiko“ gibt es zwei unterschiedliche Arten, nämlich größere und kleinere Risiken. Eine weitere Schlüsselaufgabe in der Außenpolitik eines Landes wie Japan besteht darin, die Auswirkungen globaler Netzwerke so substantiell wie möglich zu gestalten.

Rufen wir uns für einen Augenblick das Konzept der „force majeure“ in Erinnerung, dem im Bereich der Schifffahrt einige Bedeutung zukommt, und das denjenigen, die mit dem Versicherungswesen befasst sind, wohl bekannt sein dürfte.

Es ist die Vorstellung, dass man in so genannten Fällen von „höherer Gewalt“ nicht für einen Vertragsbruch verantwortlich gemacht werden kann. Dies sind Situationen jenseits der Fähigkeiten des Risikomanagements privater Unternehmen: Kriege, die Beschlagnahme von Vermögenswerten als Folge von Bürgerkriegen usw. Die Vorgehensweise in diesen Fällen besteht darin, dass selbst dann, wenn eine Vertragsbestimmung nicht erfüllt werden kann, dies keinen Vertragsbruch darstellt, da die Umstände dem entgegenstehen.

Aber selbst in Situationen, in denen private Unternehmen das Handtuch werfen und sich auf die „force majeure“ berufen würden, kann sich das außenpolitische Engagement eines verantwortungsbewussten Landes meiner Auffassung nach nicht davor drücken, auch auf solche Eventualitäten vorbereitet zu sein.

Ich bin sicher, dass Ihnen dies bereits bekannt ist. Als erfolgreiches Mittel für die nachhaltige Ausschaltung größerer Risiken und der „force majeure“ aus dem Handelsumfeld in Asien nach dem Zweiten Weltkrieg fungierte vor allem die Präsenz der US-Streitkräfte in dieser Region. Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass auch das japanisch-amerikanische Bündnis dazu beitrug, da es diese Präsenz nachhaltig unterstützte. In den letzten Jahren sind weitere Vereinbarungen mit Australien und anderen friedliebenden und demokratischen Staaten hinzugekommen.

Sie werden hoffentlich die Tatsache würdigen, dass die Bereitstellung einer Infrastruktur für Sicherheit im weitesten Sinne - eine Infrastruktur, welche die Stabilität und Entwicklung der Wirtschaft Asiens unterstützt - mit dem japanisch-amerikanischen Bündnis als zentrale Achse die Außenpolitik meines Landes in die Lage versetzt, das künftige wirtschaftliche Umfeld besser vorherzusehen und zugleich die Risiken zu verringern.

In Bezug auf die kleineren Risiken besteht die Aufgabe darin zu überlegen, wie die Risiken im Zusammenhang mit Investitionen, die Geschäftsaktivitäten auf Tagesbasis erschweren, verringert werden können. Auch hier werden wir eine angemessene Aufgabe für die Außenpolitik finden.

Ausländische Direktinvestitionen wirken als Wachstumsmotor, mit deren Hilfe es der Wirtschaft Asiens gelang, eine beeindruckende Entwicklung zu verzeichnen. Anders als Handel oder Portfolio-Investitionen resultieren ausländische Direktinvestitionen in investiertes Kapital, das ein fester Bestandteil der langfristigen Landschaft des Empfängerstaates wird.

Aus diesem Grund ist es für die Empfängerseite notwendig, sowohl über verlässliche Systeme zu verfügen (einschließlich Zivilrecht, Rechnungswesen und Buchprüfung) als auch über Maßnahmen zum Schutz der geistigen Urheberrechte und zur Förderung des Wettbewerbs auf den Märkten. Wenn in diesen Staaten die Möglichkeit besteht, Strukturen und Mechanismen einzurichten, die fair, transparent und hilfreich bei der Vorhersage der zukünftigen Entwicklung sind, dann stellt dies eindeutig eine Situation dar, bei der beide Seiten gewinnen und sowohl die Investoren als auch die Empfänger zufrieden sind.

Das Gewähren von Unterstützung, damit die Staaten Asiens selbst in der Lage sind, diese institutionelle Infrastruktur zu errichten, ist eine Art von Engagement, bei dem Japan und die Vereinigten Staaten im Rahmen der Stärkung der japanisch-amerikanischen Partnerschaft zusammenwirken.

Die Frage, wie wirtschaftliche Stabilität und Vorhersehbarkeit ausgeweitet werden können, ist etwas, das darüber hinaus sowohl beim Gewähren staatlicher Entwicklungshilfe (ODA) als auch beim Abschluss wirtschaftlicher Partnerschaftsabkommen (die eine Art fortgeschrittenes Freihandelsabkommen darstellen) stets von Japan betont wird.

Kambodscha ist dafür ein Beispiel. Japan half im Rahmen seiner ODA für dieses Land dabei, einen Entwurf für das Zivilrecht zu erstellen sowie den rechtlichen Rahmen zu gestalten.

Sobald die Gesetze kodifiziert waren, bestand der nächste wichtige Schritt darin, Experten auszubilden sowie die praktische Umsetzung mit unserem Rat zu begleiten. Japan hat hierfür eine Reihe von Experten nach Kambodscha entsendet. Zufällig sind alle diese Experten junge Juristinnen.

Gegenwärtig arbeitet Japan daran, mit den Vereinigten Staaten Informationen und Einblicke über unsere Politik in Bezug auf Freihandelsabkommen und Wirtschaftliche Partnerschaftsabkommen auszutauschen. Sollten Japans Errungenschaften auf diesem Gebiet, die ich gerade angeführt habe, dazu führen, zusammen mit den Anstrengungen der Vereinigten Staaten Synergien freizusetzen, dann hätte dies für das japanisch-amerikanische Bündnis eine neue und wichtige Bedeutung.

Erlauben Sie mir, dass ich nun das Thema wechsle und auf die wirtschaftlichen Effekte von Netzwerken zu sprechen komme. Ich möchte zusammen mit Ihnen ergründen, welche Bedeutung der Außenpolitik bei der Maximierung von Netzwerken zukommt.

Wenn Sie ein Netzwerk haben, das aus drei Personen besteht, dann benötigen Sie drei Linien, um alle Teilnehmer direkt miteinander zu verbinden. Fügt man aber nur eine weitere Person hinzu, so benötigen Sie bereits sechs Linien. Jeder Nutzer erhält dabei größere Vorteile, ohne zusätzliche Anstrengungen unternehmen zu müssen. Dieses Phänomen wird als „externer Effekt“ bezeichnet. Aus einem anderen Winkel heraus betrachtet heißt dies: Wenn man eine Person aus einem Netzwerk herausnimmt, dann reduziert man den Effekt, der sonst entstanden wäre, ganz erheblich.

Ich möchte, dass Sie einmal über die Tatsache nachdenken, dass Nordkorea sich nach wie vor gegenüber der internationalen Gemeinschaft abschottet.

Mit anderen Worten: Nordkorea ist kein Mitglied des globalen Netzwerks. Auf den ersten Blick scheint dies keine nachteiligen Auswirkungen für uns zu haben, tatsächlich aber sollten Sie erkennen, dass wir alle unter den Nachteilen dieser Situation leiden.

Das heißt, wir sind nicht in der Lage, in den Genuss aller Vorzüge des „externen Effekts“ des Netzwerks zu gelangen, weil eine beträchtliche Zahl von Kommunikationslinien fehlen, die existierten, wenn Nordkorea mit dem Netzwerk verbunden wäre. Überträgt man dies in die Sprache der Ökonomie, dann ist dies dasselbe, als würden uns zusätzliche Kosten auferlegt.

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen und Nordkorea einmal mehr dazu auffordern, die Verpflichtungen getreulich zu erfüllen, die das Land im Rahmen der Sechs-Parteiengespräche eingegangen ist, um so eine Lösung der Frage der Entführungen und der Raketen sowie gleichzeitig seines Nuklearprogramms zu erreichen. Ich rufe das Land erneut dazu auf, sich gegenüber Japan aufrichtig zu verhalten.

Wenn wir den Blick auf den nominellen Umfang der Volkswirtschaften der Länder richten, die an den Sechs-Parteiengesprächen beteiligt sind, dann erkennen wir, dass selbst China, dessen Wirtschaft dramatisch zugelegt hat, erst ein Wirtschaftsvolumen erreicht hat, das gerade einmal die Hälfte der japanischen Wirtschaft ausmacht, während die Volkswirtschaften Südkoreas und Russlands jeweils weniger als zwanzig Prozent der japanischen Volkswirtschaft erreichen. Das bedeutet, dass selbst, wenn man die Volkswirtschaften Chinas, Südkoreas und Russlands zusammenfasst, diese nicht den Umfang der japanischen Volkswirtschaft erreichen.

Dies bedeutet aber auch, dass sich die Wirtschaft Nordkoreas ohne Beziehungen zu Japan nicht richtig entwickeln kann. Für Nordkorea ist es, wenn diese Situation weiter fortbesteht, sogar unmöglich, ein Mitglied des „asiatischen Netzwerks“ zu werden.

Wenn man zufällig über die Anzahl der Linien in einem Netzwerk spricht, wie ich es gerade eben getan habe, dann sind deren Auswirkungen um so positiver, je mehr Linien es gibt. Werden Netzwerke bei ihrer freien Ausbildung behindert, dann werden sie als Ganzes in Mitleidenschaft gezogen.

Ich möchte nun zu Ihnen über Japans Politik gegenüber Mittelamerika sprechen, das auf der anderen Seite des Pazifiks liegt.

Wie Sie wissen, bestimmt die Breite des Panama-Kanals die Größe des Frachtraums auf den Schiffen. Umgekehrt bedeutet dies, dass eine von Menschen verursachte Beschränkung der Güterdistribution existiert. Glücklicherweise hat man entschieden, den Panama-Kanal zu erweitern, und für die Zukunft sieht es so aus, als werde dieses Problem gelöst werden.

Eine japanische Bank zeigt seit vielen Jahren substantielles Interesse an einer Vision für einen zweiten Panama-Kanal. Diese Bank, die frühere Industriebank von Japan, agiert heute unter dem Namen Mizuho Corporate Bank. Kürzlich wurde die Bank als beratendes Gremium für die Auflegung eines Fonds ausgewählt, um die anstehenden Arbeiten zur Erweiterung des Kanals zu finanzieren. Die gesamten Projektkosten werden auf mehr als fünf Mrd. US-Dollar veranschlagt. Mir wurde berichtet, dass die Mizuho Corporate Bank aus fünfzehn Bewerbern ausgewählt wurde, und vielleicht beruht ihr Erfolg auf ihrer großen Entschlossenheit. Sie sehen also, dass die Anstrengungen in Bezug auf den Panama-Kanal etwas sind, das man als „gesamtjapanische“ Anstrengungen bezeichnen könnte.

Zusätzlich zur Unterstützung für die Integration der Infrastruktur in Mittelamerika durch die Vergabe von ODA unterstützt Japan auch den so genannten „Trockenkanal“-Vorschlag. Dies würde ein ganz neues Modell bedeuten, nämlich die Verwendung von mehr als einer Art des Transports, bei dem Güter zunächst auf dem Seeweg, dann auf dem Landweg und dann wieder auf dem Seeweg transportiert werden. Wir können davon ausgehen, dass so eine wichtige Transportroute als Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik eröffnet wird.

Auf diese Weise, nämlich durch den Einsatz von ODA und anderer außenpolitischer Ressourcen als konzertierte Investitionen in einem Bereich, der sich wahrscheinlich als so genannter Flaschenhals der Weltwirtschaft herausstellen wird - nämlich der Bereich Güterdistribution - können wir die Effekte des Netzwerks maximieren und erfüllen auf diese Weise, was ich als eine der wichtigsten Aufgaben für Japans Außenpolitik bezeichnen möchte.

Dies ist etwas, wozu der private Sektor einfach nicht in der Lage ist. Mit anderen Worten: Als eine Aufgabe der japanischen Außenpolitik sollten wir bereitwillig Investitionen tätigen, die Investitionen des privaten Sektors vorwegnehmen und so einen so genannten „Kuhglocken-Effekt“ auslösen.

Wenn die Weltwirtschaft in der Lage ist, die Vorteile des Netzwerks für sich zu nutzen, dann wird dies für alle Beteiligten von Vorteil sein. Da Japans Wirtschaft mehr als ein Zehntel der gesamten Weltwirtschaft ausmacht, würden auch wir ganz erheblich davon profitieren.

Ich habe Ihnen heute meine Ansichten über die Bedeutung der japanischen Außenpolitik unter einem Aspekt dargelegt, der für das Unternehmensmanagement wichtig ist. Ich hoffe, dass Sie durch diese Ausführungen ein klareres Bild von der Tatsache erhalten haben, dass, während unsere Tätigkeit nur mittelbare Auswirkungen auf Ihren Erfolg hat, unsere Beiträge nichtsdestoweniger von großer Bedeutung sind.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
 

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