Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.52                                  März 2009

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieses Jahr ist alles anders. Der japanische Film „Okuribito“ ging im Rennen um den Oscar für den besten ausländischen Film (wo er unter anderem mit Uli Edels „Baader-Meinhof-Komplex“ konkurrierte) als Sieger hervor. Die 59. Berlinale hingegen präsentierte sich diesmal im Wettbewerb ohne den lieb gewordenen Yoji Yamada. Die Ehre des japanischen Films rettete somit das Forum, das mit „Seishin“, „Ai no mukidashi“, „Yanaka boshoku“, „Mubobi“ und dem Kurzfilm „16-18-4“, fünf japanische Vertreter vorstellte. Dazu kamen „Gururi no koto“ im Panorama und „Sorasoi“ bei Generation 14plus. Insbesondere das über vierstündige Mammutwerk „Ai no mukidashi“ von Sion SONO hat ausnahmslos anerkennende Kritiken geerntet und da sich Rapid Eye Movies bereits die deutschen Rechte gesichert hat, ist davon auszugehen, dass ich Gelegenheit haben werde, den Film zu seinem Kinostart zu besprechen. Im Jetzt und Hier hingegen möchte ich aus alter Anhänglichkeit (vielleicht erinnern Sie sich an sein Roadmovie „Big River“ im Forum der Berlinale 2006) einige Worte über Atsushi FUNAHASHIs „Yanaka boshoku“ verlieren.

Atsushi Funahashi ist nach mehrjähriger kreativer Schaffenszeit in den USA vor zwei Jahren nach Japan zurückgekehrt und präsentierte nun mit „Yanaka boshoku“ seinen ersten japanischen Film. Vielleicht ist es dieser Tatsache geschuldet, dass er seine Heimat und insbesondere das Stadtviertel Tokyos, in dem er jetzt lebt, mit besonderen, interessierten Augen sieht. Yanaka heißt übersetzt „in der Mitte des Tals“ und bezeichnet eine Gegend Tokyos, die auch unter dem Namen Tempelstadt bekannt wurde, weil es hier viele buddhistische Tempel und Friedhöfe gibt. Bis zum 6. Juli 1957 wurde diese zudem durch eine imposante fünfstöckige Pagode überragt, die in jener Nacht in einem furiosen Feuerball niederbrannte. Nach ihr ist Koda Rohans im Jahre 1888 erschienener Roman „Die fünfstöckige Pagode“ benannt, dessen Geschichte um einen heißblütigen jungen Baumeister Funahashi kühn in seinen halb fiktionalen, halb dokumentarischen Film verwebt. Ich sage „kühn“, weil es tatsächlich nicht ganz einfach ist, den roten Faden in Funahashis Film zu entdecken und es einiger Zeit und Mühe bedarf, sich auf die recht willkürlich wirkenden Sprünge im Erzählfluss einzulassen. Der junge Baumeister Jubei wird nämlich von demselben Schauspieler verkörpert, der im Diesseits den Tunichtgut Hisaki gibt, der sich wiederum in das Mädchen Kaori verliebt, das in der Nachbarschaft auf der Suche nach alten Filmaufnahmen ist. Diese werden in restaurierter Form wiederaufgeführt und ermöglichen Alt und Jung einen Blick in die Vergangenheit und damit im besten Fall auch eine Versöhnung der Gegenwart mit dem, was einst war. Kaori und Hisaki treffen während ihrer Suche auf einen buddhistischen Mönch, der bedauert, dass in der Schnelllebigkeit der Moderne die Erinnerung an die Toten vernachlässigt wird, eine blinde Witwe, die die verwitterten Grabstellen säubert, traditionelle Kunsthandwerker, die omen (japanische Masken) oder matoi (Standarten für die Feuerwehr im Stile der Edo-Zeit) fertigen und auch den an den Rollstuhl gefesselten Herrn Kato, der, nachdem er sein anfängliches Misstrauen überwunden hat, Hiseki schließlich sogar den begehrten Film, der den Brand der Pagode dokumentiert, anvertraut.

„Wenn wir über die Vergangenheit nachdenken, empfinden wir nicht nur Wehmut über die Verluste, sondern auch Wertschätzung für das, was in verwandelter Form in die moderne Welt übernommen worden ist. Es ging mir in diesem Film darum, die Gemeinsamkeiten, die zwischen verschiedenen Zeiten und Epochen zu finden sind, neu zu bewerten. Es war einmal eine Pagode in Yanaka. Die Menschen sahen Tag für Tag zu ihr auf, bewunderten sie und waren fasziniert von ihr. Vielleicht haben wir heute vergessen, wie viel Schönheit in so einem staunenden Blick liegt.“ (Atsushi Funahashi)

 

Fazit:

Funahashi vermengt Dokumentarfilm, eine Liebesgeschichte im Heute und die Erzählung um die alte Pagode zu einem – mit etwas gutem Willen - durchaus sehenswerten Film, auf den sich auf der Berlinale allerdings nicht alle Zuschauer einlassen mochten.

 
 
 

 
 

J.G. (Diese Rezension stellt eine individuelle Meinung dar und vertritt nicht die offizielle Haltung der Botschaft von Japan)    

Druckversion

 

Home | Kalender des Monats

Rede PM ASÔ in Davos | JET in Saitama | Preis für MURAKAMI

Kôichi KISHI | Japanisch lernen | Filme aus Japan

 

 

 

 

 

 

 

Home
  Rede PM ASÔ in Davos
  JET in Saitama
  Preis für MURAKAMI
  Kôichi KISHI
  Japanisch lernen
  Filme aus Japan
Kalender des Monats

 

 

 

Filme aus Japan

Yanaka boshoku – Deep in the Valley

 

(Japan 2009, 135 Minuten)