Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.55                                   Juni 2009

 

 

 

 

 

 

 

 

 

... wo das Gras immer grün ist und alle Frauen hübsch sind.

Naja nicht ganz, aber zumindest der erste Teil trifft in Arita zu. Das kleine Städtchen in der Präfektur Saga (nicht zu verwechseln mit der Stadt Akita im Norden Honshus, wie es mir passiert ist als ich die JET-Bestätigung bekam) ist fast komplett von Feldern und Bergen umringt, und beeindruckt mich plattlandgewohnten Norddeutschen jeden Tag aufs Neue wenn ich aus meiner Haustuer trete und zu meiner Arbeitsstelle laufe. Diese liegt im neu gebauten Rathaus von Arita, genauer gesagt im dritten Stock und trägt den schwungvollen Namen “Abteilung für Planung, Handel, Industrie und Tourismus”. Hier arbeite ich seit August 2008 als der inzwischen neunte deutsche CIR (Coordinator for International Relations).

Die Beziehung, die es hier zu koordinieren gibt, ist vor allem die Städtepartnerschaft mit Meißen in Sachsen. Seit 30 Jahren (dieses Jahr ist das große Jubiläum!) verbindet diese beiden Städte etwas, von dem ich persönlich nicht die leiseste Ahnung hatte, bevor ich hierher kam: Porzellan. Klar, man hat sicherlich mal von Meißener Porzellan gehört, aber selber dort gewesen war ich noch nie und auch bei meinen Besuchen in Dresden hat mich bspw. die Porzellansammlung im Zwinger eher peripher tangiert. So ähnlich sieht es auch mit Arita aus. Jeder Japaner, dem ich von meiner neuen Heimat berichtete, inklusive meiner Mutter, kannte zwar diese kleine Stadt, aber selbst da gewesen waren nur die wenigsten. Dabei hat Arita eine spannende, einzigartige Geschichte und ist allein deswegen einen Besuch wert.

Vor knapp 400 Jahren zählten Arita und die Präfektur Saga zu der Provinz Hizen, die dem Nabeshima Clan unterstellt war. Nabeshima Naoshige war einer der Lehnsherren (sog. Daimyo), die zusammen mit dem damaligen politischen Herrscher Japans, Toyotomi Hideyoshi, nach Korea marschierten zwecks “feindlicher Übernahme”. Die Invasion gelang allerdings nicht und Nabeshima kehrte zurück, jedoch nicht mit leeren Händen. Als Kriegsbeute brachte der Daimyo, der ein begeisterter Sammler der dortigen Keramik war, einige koreanische Töpfer mit, die in der Gegend von Arita angesiedelt wurden. Die koreanische Keramiktechnologie war der japanischen weit überlegen, z.B. war man hier bereits seit Jahrzehnten in der Lage, Porzellan herzustellen. Einer dieser “importierten” Töpfer, ein Mann namens Ri Sam Pei, entdeckte im Jahre 1616 den Rohstoff Kaolin, mit dem es nun auch in Japan möglich war, Porzellan herzustellen. Schon bald darauf boomte das Geschäft und japanisches Porzellan wurde auch nach Europa exportiert. Nicht umsonst wird Ri Sam Pei als “Vater der japanischen Porzellanindustrie” im örtlichen Shinto-Schrein und mit einer eigens für ihn errichteten Gedenkstatue geehrt.

August der Starke, der Kurfürst von Sachsen, war einer der fanatischsten Sammler und Anhänger von Artita-Porzellan. Durch seinen mehr als stark ausgeprägten Tatendrang (zu dem auch das jahrelange Einsperren von Chemikern in einen Turm zählte, bis diese zwar nicht die erwünschte Herstellung von Gold herausfanden, aber dem Geheimnis der japanischen Porzellanmischung auf die Spur kamen,)  wurde knapp hundert 100 Jahre später die Meißener Porzellanmanufaktur gegründet. So begann die Beziehung zwischen Arita und Meißen und 1979 wurde sie durch einen Städtepartnerschaftsvertrag (übrigens die erste Partnerschaft zwischen einer japanischen und ostdeutschen Stadt) offiziell gemacht. Hier kommen nun die CIRs ins Spiel, wobei wir bei meinen Aufgaben wären.

Da ich der einzige "Beamte" hier bin, der Deutsch spricht, gehört zu meinen Aufgaben also vor allem die Koordination dieser Partnerschaft mit Meißen, d.h. konkret、 Übersetzen von Briefen und Emails und Dolmetschen bei gegenseitigen Besuchen wie z.B. dem jährlich stattfindenden Jugendaustausch. Daneben bin ich auch oft als eine Art Tourguide in Arita tätig. Neben den zweimal im Jahr stattfindenden Stadtrundgängen durch Arita auf Englisch, beantworte ich so gut es geht auch private Anfragen von Interessierten und führe Gruppen aus Deutschland durch Arita, zuletzt eine 20-köpfige Gruppe mit Mitgliedern des Deutschen Kunstlehrerverbandes. Durch solche Aktionen versucht man den Tourismus in Arita zu fördern und so die durch Rezession und sinkende Nachfrage kriselnde Industrie wiederzubeleben.

Des Weiteren gebe ich zweimal im Monat in der örtlichen Volkshochschule Deutschunterricht für interessierte Bürger, leite einen Englischkonversationskurs, halte Vorträge über Deutschland (beliebtestes Thema ist dabei deutsches Essen) und helfe bei der Planung und Durchführung von Stadtevents mit aus.

Da meine Nachbarn hauptsächlich Bauern sind, helfe ich in meiner Freizeit auch schon mal bei der einen oder anderen Ernte mit. Das hat nicht nur den Vorteil, dass man seine Gemeinde gut kennen lernt, man kann auch noch frisches Gemüse abstauben!

Ich werde sicherlich noch einige Zeit hier verbringen, denn hier habe ich die Möglichkeit, für mich ganz neue Aufgaben zu erfüllen; und ich denke, dass mich dies eine Menge gelehrt hat. Wie man sieht, ist mein Aufgabenfeld sehr vielfältig und somit wird es eigentlich nie langweilig.

Und wo sonst hat man schon die Möglichkeit, in einer Stadt aus Porzellan gefertigte Straßenschilder, Stadtkarten, Türgriffe, Steckdosen, Toiletten, Waschbecken, Kugelschreiber, Shintoschreine, Karakuri-Puppen und Lautsprecher usw. zu sehen??
 

Richtig, in der Porzellan City Arita!^^

 

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Bericht eines Teilnehmers am JET-Programm:

Take me down to the Porcelain city ...

 

Jedes Jahr Anfang August machen sich junge deutsche Hochschulabsolventen auf den Weg nach Japan, um sich für die Internationalisierung Japans zu engagieren. Dies geschieht im Rahmen des Japan Exchange and Teaching (JET) Programms, mit dem jährlich fast 5000 junge Menschen aus fast 40 Ländern hauptsächlich als Assistenz-Sprachlehrer oder Sporttrainer in Schulen arbeiten bzw. in Rathäusern oder Präfekturverwaltungen außerhalb der großen Zentren wie Tokyo oder Osaka im Bereich Internationale Beziehungen assistieren.
Zur Zeit arbeiten zwei Assistenz-Deutschlehrer und 15 deutsche Koordinatoren für Internationale Beziehungen (CIR) in Japan. Lesen Sie hier den Bericht von unserem aktuellen CIR Ernst Tadashi Engel, der seit August 2008 in der Stadt Arita in der Präfektur Saga lebt:
 

 

 

 

 

 

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