Botschaft von Japan |
Neues aus Japan Nr.55 Juni 2009 |
In den letzten Jahren haben Anime überall auf der Welt erheblich an Beliebtheit gewonnen, und sie werden zunehmend auch mit internationalen Preisen bedacht. So gewann etwa „Tsumiki no ie“ (Haus der Bauklötze, 2008) in diesem Jahr den Oscar für den besten Kurzzeichentrickfilm. Und 2002 wurde Miyazaki Hayaos Anime „Sen to Chihiro no kamikakushi“ (Chihiros Reise ins Zauberland, 2001) bei den Berliner Filmfestspielen mit einem Goldenen Bären ausgezeichnet. Im gleichen Jahr erhielt dieser Film zudem den Oscar als bester Zeichentrickfilm. Für diejenigen, die sich noch nicht so gut mit Anime auskennen, soll hier kurz erläutert werden, was diese Filme eigentlich sind. Anime sind neben Filmen mit realen Schauspielern und Manga eine der geläufigen Ausdrucksformen im künstlerischen und medialen Bereich. Im Unterschied zu den ebenfalls aus Zeichnungen bestehenden Manga kommen bei Anime auch Geräusche und Stimmen zum Einsatz. Vor allem aber sind mittels der speziellen Aufeinanderfolge der Bewegungen Darstellungen von extremer Kürze möglich, die es bei Filmen mit realen Schauspielern so nicht gibt. Gleichzeitig können auch Formen des Ausdrucks verwendet werden (z.B. die Nutzung besonderer Blickwinkel), die in normalen Filmen nicht möglich sind. Auch sind durch die zahlreichen unterschiedlichen Zeichenstile besondere künstlerische Ausdrucksweisen erreichbar. Letztendlich stellen Anime somit ein Gesamtkunstwerk sowie eine umfassende Form der medialen Kunst dar, bei denen die stimmlichen Fähigkeiten der Synchronsprecher, Musik und Geräusche, Bilder sowie die von den Figuren vorangetriebene Handlung eine Einheit bilden. Viele sind vielleicht der Auffassung, Anime bildeten eine Form der Unterhaltung für Kinder. Tatsächlich gibt es viele hervorragende Beispiele für Anime, die sich vor allem an Kinder richten. Allerdings werden japanische Anime keineswegs ausschließlich für ein sehr junges oder jugendliches Publikum produziert. Anime stellen in Japan vielmehr eine umfassende Form der medialen Kunst und des Ausdrucks künstlerischer Kreativität dar, die sich nicht auf Kinder beschränkt. Charakteristisch für Anime sind ihre außerordentlich große Vielfalt in Bezug auf den Inhalt sowie die deutlich zutage tretende Originalität der Zeichner. Je nach Publikum und Thema lassen sich diese Filme zudem in unterschiedliche Kategorien einteilen. In Bezug auf das Publikum sind dies etwa Anime für Kinder, für männliche bzw. weibliche Jugendliche sowie für Männer und Frauen. Bei den Genres gibt es etwa Science-Fiction, Fantasy, Humor oder Sport, aber das Spektrum ist noch viel größer und fast nicht mehr überschaubar.
In Japan bedienen sich die Anime
mit ihrer großen thematischen Vielfalt ganz unterschiedlichen Trägern, um
vom Publikum aufgenommen zu werden. Dies können zum Beispiel Kinofilme,
Videos, DVDs, Filme im Internet oder umfangreiche Fernsehserien sein. Die
meisten Anime im Fernsehen sind Seriendramen, von denen jede Woche eine
Folge von ca. 30 Minuten Länge gezeigt wird. Auch besteht der Großteil der
Anime aus Filmen für das Fernsehen. Neben Werken zur reinen
Unterhaltung gibt es auch Bildungsserien, etwa über historische Themen oder
über Menschenrechte, und auch Anime als Informationsmedium. Zugleich sind Anime eng mit anderen Bild- und Printmedien verknüpft. Insbesondere haben viele Anime Manga als Vorlagen, so dass die beiden bekanntesten Formen der Popkultur Japans untrennbar miteinander verbunden sind.
Was ist nun eigentlich das Spezielle an
Anime aus Japan?
Die Geschichte der Anime in Japan
kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Erste kurze Filme gab es schon
in den 1950er Jahren, als das Fernsehen auch in Japan seinen
Siegeszug durch die Haushalte antrat. Die
erste richtige Serie, die eine komplexe Handlung aufwies und regelmäßig im
Fernsehen ausgestrahlt wurde (und damit als Vorbild für die heutigen TV-Serien
dient) war 1963 „Tetsuwan Atomu“ (Astro
Boy) des Manga-Zeichners Tezuka Osamu, der in Japan noch heute als „Gott
des Manga“ verehrt wird.
Der Hauptcharakter Tetsuwan
Als Beispiele für Anime, die den Gegensatz zwischen Mensch und Natur behandeln, seien „Kaze no tani no Naushika“ (Nausicäa aus dem Tal der Winde, 1984) und „Mononoke hime“ (Prinzessin Mononoke, 1997) genannt. In diesen Filmen erfolgt keine abschließende Bewertung darüber, ob der Mensch oder die Natur das Böse darstellen, vielmehr werden beide als relative Existenzen gezeichnet. Charakteristisch für diese Filme ist die anziehende und faszinierende Art und Weise, in der die jeweiligen Figuren jenseits von Gut und Böse dargestellt werden.
Ein Beispiel für eine sehr erfolgreiche
Anime-Serie im Fernsehen, die noch nicht allzu lange zurückliegt, ist
das Science-Fiction-Drama „Shin Seiki Evangelion“ (1995, Neon Genesis
Evangelion), das in den 1990er Jahren in Japan als gesellschaftliches
Phänomen galt und das teilweise auch in Deutschland bekannt ist. Diese Serie
bringt unterschwellig die Furcht vor der Zerstörung der Erde infolge des
technischen Fortschritts zum Ausdruck.
Ein weiteres Charakteristikum japanischer
Anime ist, dass sie für die Schaffung einer fiktiven Wirklichkeit
genutzt werden, in der die jeweiligen Bedingungen und Phänomene nicht
unserer Realität entsprechen, so dass alle möglichen Arten von Welten
geschaffen werden können. Auch in Deutschland sind - neben der eingangs genannten Serie „Heidi“ - bereits eine ganze Reihe von Anime aus Japan im Fernsehen gezeigt worden. Und seit etwa Mitte der 1990er Jahre hat auch die Zahl der Fans von Anime hierzulande rasant zugenommen.
Animexx e.V., Betreiber des größten
Fan-Portals für Anime und Manga in Europa, zählt rund 130 Tsd.
Mitglieder und verzeichnet über drei Millionen Zugriffe pro
Tag.
Geschäftsführer Tobias Hößl nimmt an, dass gerade die Fantasy- und
Magie-Serie „Sailor Moon“ (1992), die in den 1990er
Jahren in Deutschland im Fernsehen lief, die Ursache dafür war, dass
Anime bei jungen Menschen hierzulande allgemein bekannt wurde und viele
von ihnen sich zu ausgesprochenen Anime-Fans entwickelten. Der besondere Reiz von Anime aus Japan ist nicht allein mit Worten zu fassen. Allein die große Zahl wirklich anspruchsvoller Anime, die unablässig neu erscheinen, stellt einen weiteren Reiz dar. Es wäre wirklich schade, wenn die Vorurteile, die man eventuell gegen Anime hegt, jemanden davon abhalten würden, sich eine anspruchsvolle und qualitativ hochwertige Produktion einmal selbst anzusehen. In Japan gibt es ein Sprichwort: „Einmal sehen ist besser als hundert Mal hören.“ Wagen Sie einmal einen Blick in diese ganz besondere Welt. Bestimmt werden sie einem Werk begegnen, das Sie in seinen Bann zieht.
(Anmerkung: Die Jahresangaben in Klammern beziehen sich auf das Erscheinungsjahr in Japan.)
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