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Neues aus Japan Nr.56 Juli 2009

Filme aus Japan

Mind Game

(Japan 2004, 103 Minuten)

Mind Game

Masaaki YUASA hat tatsächlich Gedankenspiele betrieben und herausgekommen ist mit „Mind Game“ ein Anime der etwas anderen Art. Keine lieblichen Wolkenformationen und keine aufgerissenen Kulleraugen jugendlicher Helden. Nein, Regisseur und Drehbuchautor Masaaki YUASA ist nicht Hayao MIYAZAKI und das Studio 4°C ist nicht Ghibli. Wir haben es hier eher mit einem Quentin Tarantino des Animegewerbes zu tun, und das freut. Denn wir alle wissen inzwischen, dass im Filmuniversum Platz genug ist für Altmeister und Zauberlehrlinge. Und dass sie sich im besten Falle gegenseitig inspirieren und befruchten – zum Vorteil des Zuschauers.

 

„Mind Game“ ist somit ein Anime der Postmoderne. Es ist surrealistisch und experimentell, was es gar nicht so leicht macht, seine Geschichte, die auf einem Manga von Robin NISHI basiert,  zu erzählen. Denn diese ist, milde gesagt, unkonventionell und nicht eben leicht nachvollziehbar. Aber gut.

Unser Held ist ein Antiheld namens Nishi, ein junger Looser, der davon träumt, Mangazeichner zu werden. Und er träumt nicht nur davon, sondern auch von seiner unerfüllten Jugendliebe zu Myon, auf die er nun nach Jahren erneut trifft. Uncool wie sein bisheriges Leben ist nun auch sein überraschender Tod im Yakitori-Restaurant von Myons Schwester Yan. Er wird von einem frustrierten Yakuza, der eigentlich Fußballer in Japans Nationalteam ist (der Film entstand 2004, im Jahre der Fußballweltmeisterschaft), vor Angst zitternd und weit davon entfernt, Myon vor ihrem Peiniger zu schützen, erschossen. Im Jenseits findet er Gott als ein ständig alternierendes Wesen vor, das ob einer Verabredung so unkonzentriert ist, dass er Nishi auf eine zweite Chance erneut ins Leben entwischen lässt. Da sein erstes Leben „popelig und ein richtiger Taubenschiss“ war, ist Nishi nun entschlossen, die Dinge richtig in die Hand zu nehmen und als Draufgänger zu reüssieren. Er rettet Myon und Yan, flieht mit den Mädchen vor den Yakuza und endet im Inneren eines Wals, wo die drei von einem guruähnlichen Jonas-Verschnitt willkommen geheißen werden. Wer mir bis hierhin folgen konnte, dem sei auch noch der Rest erzählt: im Bauch des Wales erfahren alle eine Läuterung – Nishi lernt humorvolle Manga zeichnen, Myon schwimmt wieder auf Wettkampfniveau, Yan entdeckt ihre künstlerische Ader, und die beiden erstgenannten zudem ihre Liebe zueinander.

 

Das surreale Leben im Inneren des Wals wird uns in einer überraschenden Abfolge von Bildsequenzen illustriert, die in ihrer Vielfalt und Originalität in einer akuten Reizüberflutung münden. Wundervoll das Actionpainting von Yan und die sexuelle Vereinigung von Myon und Nishi, wundervoll auch die montierten Realaufnahmen, die unter anderem Gott mit einem Goldfischkopf zeigen. Kühn und ohne Scheu setzt YUASA alle erdenklichen Animationstechniken ein und setzt uns einem Feuerwerk surrealer Bilder aus, die lange nachwirken.

 

Regisseur YUASA kommentierte seinen Film in der Japan Times: „Instead of telling it serious and straight, I went for a look that was a bit wild and patchy. I think that Japanese animation fans today don´t necessarily demand something that´s so polished. You can throw different styles at them and they can still usually enjoy it.”

Und damit hat er völlig Recht.

 

Mind Game

 
 
Fazit:
Surreales Animespektakel, das für Gourmets dieses Genres ein echter Leckerbissen sein dürfte. Alle anderen werden sich zumindest an den überbordenden Bildern und dem  Osaka-ben (Dialekt) erfreuen können.

 

*J.G. (Diese Rezension stellt eine individuelle Meinung dar und vertritt nicht die offizielle Haltung der Botschaft von Japan)

 


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