
Japanische Küche 2:
Kushiage - Japanische Spießchen
Gewiss haben Sushi-Gerichte in den letzten Jahren weltweit große Bekanntheit erlangt, und sie gelten heute als das japanische Gericht überhaupt. Aber japanische Küche ist weit mehr als nur Sushi. Um den Leserinnen und Lesern von Neues aus Japan die Vielfalt der Esskultur Japans zu präsentieren, haben wir in der ersten Folge unserer kleinen Serie über die „Japanische Küche“ Soba – japanische Buchweizennudeln vorgestellt. Heute nun möchten wir Kushiage – frittierte Spießchen-Gerichte – vorstellen.
Will man den großen Reiz der japanischen Esskultur mit einem einzigen Begriff zum Ausdruck bringen, so ist es vielleicht ihre Feinheit, die nicht nur den Geschmack, sondern alle fünf Sinne in hohem Maße anspricht und erfreut. Auch die in dieser Folge vorgestellten Kushiage, für die eine große Vielfalt an Zutaten verwendet werden – bilden hierbei keine Ausnahme, sondern bieten uns gleich mehrfachen Genuss.
Für Kushiage werden Zutaten wie Gemüse, Pilze und Wildkräuter, Nüsse, Meeresfrüchte oder Fleisch in Häppchengröße zubereitet und dann auf kleine Holzspießchen gesteckt, wobei für ein Spießchen nur eine Zutat oder auch mehrere verschiedene Zutaten verwendet werden können.
Bevor sie frittiert werden, werden die Spießchen kurz in flüssigen Teig eingetaucht, um dann nur ganz kurz im heißen Öl frittiert zu werden, wobei man das Öl nach dem Frittieren sorgfältig abtropfen lässt. Der Teig besteht u.a. aus Weizenmehl, Ei und Paniermehl.
Auch die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten bei den Zutaten, der besondere japanische Flair dieses Gerichts und die Möglichkeit, Zutaten entsprechend der jeweiligen Jahreszeit zu verwenden, machen den besonderen Reiz von Kushiage aus. Aber nicht nur Kreationen mit traditionellen Zutaten, sondern auch neue Kreationen, z.B. mit Käse und Obst als Zutaten, sind möglich und bieten einen ganz besonderen Genuss, wobei der eigenen Kreativität fast keine Grenzen gesetzt sind.
Ein weiterer Reiz dieser Spießchen-Gerichte besteht darin, dass man das Beste aus verschiedenen Zutaten (Gemüse, Fisch, Fleisch o.Ä.) häppchenweise essen kann und so einen reichhaltigen und zugleich vielfältigen Genuss erfährt.
Takumi Matsumoto, der ein Kushiage-Restaurant in Berlin führt, betont, dass auch die Atmosphäre wichtigen Anteil daran hat, den Geschmack der Gerichte in Gänze genießen zu können. In vielen Kushiage-Restaurants bereitet der Koch die Spießchen vor den Augen der Gäste zu. Neben dem Anblick des emsig hantierenden Kochs gehören auch eine helle und freundliche Atmosphäre sowie zu den jeweiligen Zutaten passendes Geschirr dazu.
Spießchen-Gerichte passen sowohl in eine der kleinen japanischen Kneipen (izakaya), wo man zusammen mit Freunden oder Kollegen bei ausgelassener Stimmung alkoholische Getränke konsumiert, als auch in ein eher ruhiges Restaurant, wo man sich in entspannter Atmosphäre am delikaten Geschmack erfreut, oder aber auch in ein Essen zu Hause im Kreis der Familie.
Als Sohn eines Kochs wuchs Takumi Matsumoto in Kobe auf. Nachdem er sich einige Jahre als Bankangestellter versucht hatte, hängte er diesen Beruf wieder an den Nagel und eröffnete mit 29 Jahren in seiner Heimatstadt ein eigenes Kushiage-Restaurant. Auch wenn er von Kindesbeinen an in der Küche mitgeholfen hatte, fiel es ihm anfangs doch schwerer als erwartet, wirklich leckere Kushiage sowie die dazugehörigen Soßen zuzubereiten. Dabei geholfen, seine eigenen Fähigkeiten zu entwickeln, so dass er letztendlich in der Lage war, „richtige“ Kushiage herzustellen, haben ihm u.a. auch Besuche in bekannten Restaurants, die ihm viele Hinweise und Tipps vermittelten.
Herr Matsumoto hätte sich ursprünglich wohl nicht vorstellen können, dass er einmal ein Restaurant in Berlin eröffnen würde, schließlich hatte er lange Zeit überhaupt keine Beziehung zu Deutschland, ja er war noch nicht einmal in Europa gewesen. Sein erster Kontakt mit Deutschland war die Bekanntschaft mit einem deutschen Diplomaten, der am deutschen Generalkonsulat in Kobe tätig war und den er in seinem dortigen Restaurant kennen gelernt hatte. Dieser vermittelte ihm die Chance, Mitglied eines Trios des Generalkonsulats zu werden. Über das Lernen der deutschen Sprache näherte er sich weiter an Deutschland an, das er sodann auch endlich bereiste. Schließlich lernte er den Cellisten Rudolf Weinsheimer von den Berliner Philharmonikern kennen. Zusammen mit ihm organisierte er 1998 das „1000-Cellisten-Konzert“ als Benefizkonzert für die Opfer des schweren Erdbebens in der Hanshin-Region. Dieses Engagement wird noch heute fortgesetzt.
Mit der Präsentation der japanischen Esskultur in Gestalt der Kushiage-Gerichte wirkt Herr Matsumoto zugleich aber auch für die Vertiefung des Verständnisses für die Kultur Japans hier in Deutschland.