
Filme aus Japan
„Frühling im Kinosessel“
Das mit 16 000 Besuchern (2009) deutschlandweit größte Festival des japanischen Films, die „Nippon Connection“, begeht im kommenden Jahr sein 10. Jubiläum. Herr Dennis Vetter, Zuständiger für Pressearbeit und Mitorganisator, stellt uns im Folgenden das Festival vor und lässt uns wissen, was ihn am japanischen Film der Gegenwart fasziniert.
Sonnenschein, grüne Wiesen, Schmetterlinge – Man sollte annehmen, ein Filmfestival ausgerechnet im Frühling auszurichten, hätte Zuschauerzahlen im einstelligen Bereich zur Folge. Doch weit gefehlt: Unzählige Kinofans kehrten der Sonne den Rücken und feierten die farbenfrohe Jahreszeit zwischen dem 15. und 19. April 2009 in den abgedunkelten Sälen des nicht minder farbenfrohen Nippon Connection Film Festivals. Nippon Connection, das ist das weltweit größte Festival für japanischen Film, welches sich seit seiner Gründung zur Jahrtausendwende einen festen Platz in der internationalen Festivalszene erarbeitet hat. Das wussten auch die über 16.000 Besucher aus Nah und Fern sowie die rund 30 Filmschaffenden aus Japan, die in diesem Jahr wieder dem Ruf der Veranstaltung folgten und sich mitten ins Herz Frankfurts begaben. Und das Programm gab ihnen Recht: Es erwarteten sie fünf spannende Tage, die wieder einmal zeigten, was japanische Leinwände und Bildschirme aktuell bewegt.
Doch warum ausgerechnet dem japanischen Film ein Festival widmen? Das japanische Kino zählt seit Langem zu einem der spannendsten, produktivsten und vielfältigsten weltweit. Trotz zunehmender internationaler Präsenz und Anerkennung wurde es jedoch vor zehn Jahren hierzulande kaum in seiner Breite wahrgenommen. Vielen Zuschauern waren nur einige wenige Genres oder Filmemacher bekannt. Um dieser Situation Abhilfe zu schaffen, versuchte Nippon Connection schon bei seiner Gründung im Jahr 2000, dem Publikum die Scheu vor dem damals unbekannten Filmland Japan zu nehmen und den japanischen Film endlich in seiner ganzen Vielfalt vorzustellen – auch abseits von Ozu und Kurosawa.
Das schon damals sorgfältig ausgewählte Filmprogramm ist sich dabei bis heute treu geblieben: Eine große Bandbreite möglichst intensiver Filme und bewusst gesetzte Kontraste innerhalb des Programms sollen gezielt verwirren statt zu erklären und somit differenzierte Meinungen fordern statt Klischees zu bedienen. Die Filmauswahl greift dabei immer wieder aktuelle Tendenzen und Trends innerhalb des japanischen Kinos auf, die dann zum Teil in ergänzenden Veranstaltungen weiter thematisiert werden. Denn das Filmprogramm ist eingebettet in ein breites kulturelles Rahmenprogramm, welches in Bezug auf das Filmprogramm vor allem interaktiven Veranstaltungen große Bedeutung zumisst. Filmemachergespräche und Fachvorträge mit offenen Fragerunden oder die gerne genutzten Q&As im Anschluss an die meisten Filme garantieren einen lebendigen kulturellen Austausch, schaffen Raum zum Weiterdenken und lassen so die Erlebnisse im Kinosaal nie unreflektiert oder ohne einen Kontext am Zuschauer vorbeiziehen. Zudem richtet die jährliche Retrospektive den Blick in die Vergangenheit und vermittelt auf diese Weise ergänzend zum aktuellen Geschehen auch die Ursprünge der heutigen Kinolandschaft Japans.
Jahr für Jahr gibt die große Begeisterung der Zuschauer dem ambitionierten Anspruch des Festivals recht und so konnte Nippon Connection dieses Mal bereits in der neunten Ausgabe stattfinden. Seit der Gründung ist dabei im vielfältigen Publikum durchaus zu sehen, dass Pionierarbeit für den japanischen Film hierzulande nicht auf taube Ohren stößt. Obgleich Aussagen zur Zuschauerwahrnehmung mit Vorsicht zu genießen sind, ist ein leichter Wandel der Rezeptionsgewohnheiten über die Jahre hinweg nicht von der Hand zu weisen. Während beispielsweise früher insbesondere einzelne Genres (z.B. „J-Horror“, Yakuza-Film) oder einzelne Regisseure wie Takashi MIIKE oder Takeshi KITANO als Orientierungspunkte dienten, sind die Zuschauer heute durchaus experimentierfreudiger in ihrer Filmwahl geworden. Ausgehend von Plot und Charakteren konzentrieren sie sich heute wesentlich stärker auf die Qualitäten einzelner Filme, unabhängig von deren Länge, Produktionsweise oder Kontext. Vor allem in Bezug auf Kurzfilm-Reihen sowie Arbeiten junger Regisseure und neuer Talente, wie sie häufig im Rahmen des NIPPON DIGITAL Programms zu finden sind, ist das Publikum viel aufgeschlossener geworden als noch in den Anfangsjahren des Festivals. Dies könnte durchaus als Indiz für eine Öffnung gegenüber den Nuancen der japanischen Filmlandschaft abseits eingefahrener Sehgewohnheiten gewertet werden und ist natürlich sehr erfreulich festzustellen.
Nach dem Erfolg in diesem Jahr lädt Nippon Connection vom 14. bis zum 18. April 2010 auch nächstes Jahr wieder ein – dann zum zehnjährigen Jubiläum, um erneut eine breite Pforte nach Japan aufzustoßen. Hindurchgehen muss allerdings wieder jeder auf seine Weise.
(Näheres zum Festival unter www.nipponconnection.com.)