
Japan und die ASEAN: für Frieden und Wohlstand in Asien
Der aus zehn Staaten bestehende Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN) und Japan unterhalten seit mehr als 30 Jahren kooperative Beziehungen für Frieden und Stabilität sowie für Entwicklung und Wohlstand in der Region Asien. Ende Oktober letzten Jahres fand in Hanoi der 13. Japan-ASEAN-Gipfel statt. Dieser Beitrag befasst sich mit der Bedeutung und der Aufgabe der ASEAN, wobei die kooperativen Bande zu Japan in den Mittelpunkt gestellt werden.
Die ASEAN innerhalb des Alltags der Menschen in Japan
Im alltäglichen Leben der Menschen in Japan bilden die ASEAN eine Institution, die eng mit Japan verbunden ist. Die Küche der verschiedenen südostasiatischen Länder wie etwa die thailändische Küche haben heute ihren festen Platz in der Esskultur der Japaner, und auch bei Produkten wie frischem Obst oder Obstprodukten (in Konserven) haben die Importe aus der ASEAN-Region einen großen Anteil. Aber auch zahlreiche andere Gegenstände des täglichen Bedarfs, elektrische Haushaltsgeräte oder Autoteile werden in ASEAN-Ländern wie Indonesien, Thailand, Malaysia oder Vietnam produziert. Damit erfüllen diese Länder eine wichtige Funktion als „Fabrikstandort“ japanischer Hersteller. Zugleich kommt Ländern wie Indonesien oder Brunei auch als Energielieferanten von Erdgas oder Erdöl eine große Rolle zu.
Um die oben stehenden Grafik zu vergrößern, klicken Sie auf die Abbildung oder hier.
Lebhafter Personen- und Kulturaustausch
Auch als Urlaubsziel der Japaner genießen die ASEAN große Beliebtheit. Jedes Jahr reisen ca. 3,7 Mio. japanische Touristen zu den wunderschönen Urlaubsorten und Welterbestätten in den Ländern dieser Region. Aber auch in den ASEAN sind vor allem junge Menschen große Fans der japanischen Popkultur wie Anime und J-Pop. In Indonesien, Thailand oder Vietnam lernen zahlreiche Menschen Japanisch, und auch die Zahl der Studierenden aus diesen Ländern, die für ein Studium nach Japan kommen, nimmt stetig zu.

Unerwartet lange Geschichte des Austausches mit den ASEAN
Japan und die Region ASEAN sind seit langem über Seewege miteinander verbunden. Zu Beginn der Edo-Zeit Anfang des 17. Jh. gab es in der thailändischen Stadt Ayutthaya eine richtige japanische Siedlung, aber auch in Vietnam, Kambodscha oder auf den Philippinen bestanden Siedlungen oder Orte, wo zahlreiche Japaner lebten. Als historische Persönlichkeiten, die in enger Beziehung zur Region der heutigen ASEAN standen, sind vor allem der zum Christentum konvertierte Fürst Takayama Ukon, der sein Leben in Manila beendete, sowie Yamada Nagamasa bekannt, der in Ayutthaya wirkte. Aber auch nachdem Japan sich während der Edo-Zeit gegenüber dem Ausland abgeschlossen hatte, wurde der Austausch zwischen der damaligen niederländischen Kolonie Indonesien und der niederländischen Handelsniederlassung Dejima bei Nagasaki fortgeführt. So soll etwa die ursprünglich aus Lateinamerika stammende Kartoffel (auf Japanisch heute jagaimo) über Jakarta (Jagatara) als jagatara imo nach Japan gelangt sein.

Gründung und heutige Gestalt der ASEAN
Die Länder, die später Mitglieder der ASEAN wurden, standen mit Ausnahme Thailands, das als einziges Land seine Unabhängigkeit bewahren konnte, bis ins 20. Jh. hinein unter der Kolonialherrschaft Großbritanniens, Frankreichs oder der Niederlande. Während des Zweiten Weltkrieges waren sie von Japan besetzt und erlangten erst nach dem Ende des Krieges ihre Unabhängigkeit. Anlässlich des Vietnamkrieges begann man in den 1960er Jahren damit, die regionale Kooperation untereinander zu verstärken. Mit der „Erklärung von Bangkok“ 1967 wurden die ASEAN ins Leben gerufen. Gründungsmitglieder waren die fünf Staaten Thailand, Indonesien, Singapur, Philippinen und Malaysia. Nachdem 1984 Brunei Mitglied geworden war, nahm die Zahl der Mitglieder dieses Staatenverbandes rasch zu, und heute besteht er aus zehn Staaten. Zwar reichen die ASEAN als Institution der regionalen Kooperation hinsichtlich des BIP u.a. noch nicht an die Staaten der EU oder des NAFTA (Nordamerikanisches Freihandelsabkommen) heran, aber mit seinen über 570 Mio. Menschen liegt es weit vor diesen Wirtschaftsräumen. In den vergangenen zehn Jahren verzeichneten die ASEAN zudem ein hohes Wirtschaftswachstum, und mit ihrem Potential eines „nach außen hin offenen Wachstumszentrums“ für die Welt stehen sie im Fokus der Aufmerksamkeit der Staatengemeinschaft.
Um die oben stehenden Grafik zu vergrößern, klicken Sie auf die Abbildung oder hier.
Um die oben stehenden Grafik zu vergrößern, klicken Sie auf die Abbildung oder hier.
Japan und die ASEAN (1): Beginn der kooperativen Beziehungen als erster “Dialogpartner”
Nach dem Krieg hat Japan die unabhängigen Mitglieder der ASEAN beim Aufbau ihrer Staatswesen u.a. mittels offizieller Entwicklungshilfe (ODA) in hohem Maße unterstützt. 1977 stellte der damalige Premierminister Takeo Fukuda beim Besuch der philippinischen Hauptstadt Manila die drei außenpolitischen Grundsätze in Bezug auf die ASEAN (bekannt als „Fukuda-Doktrin“) vor: (1) Japans Verzicht auf den Status einer militärischen Großmacht, (2) Anstreben von Beziehungen zu den ASEAN „von Herz zu Herz“ sowie (3) Japan und die ASEAN als gleichberechtigte Partner. Zugleich veranstaltete Japan in jenem Jahr noch vor den anderen Industriestaaten einen Japan-ASEAN-Gipfel. 1978 fand dann auch ein Außenministertreffen Japans und der ASEAN statt, so dass Japan damit der erste „Dialogpartner“ in Bezug auf die Gestaltung kooperativer Beziehungen mit den ASEAN war.

Japan und die ASEAN (2): Unersetzliche Wirtschaftspartner
Japan und die ASEAN unterhalten auch als Wirtschaftspartner enge Beziehungen. Für Japan sind die ASEAN zusammen mit China, den Vereinigten Staaten und der EU ein wichtiger Handelspartner, aber auch für die ASEAN stellt Japan einen der führenden Handelspartner dieser Region dar. Als Investor für die ASEAN liegt Japan nach der EU auf Platz zwei, so dass Japan und die ASEAN für den jeweils anderen unersetzliche Wirtschaftspartner sind. Um Handel und Investitionen weiter zu liberalisieren, schloss Japan 2002 erstmals ein Wirtschaftliches Partnerschaftsabkommen (EPA) mit Singapur. Es folgten weitere bilaterale EPA mit Indonesien, Thailand, Brunei und den Philippinen. 2008 trat zudem die Umfassende Wirtschaftspartnerschaft Japan-ASEAN (AJCEP) in Kraft, die Handel und Investitionen zwischen beiden Seiten weiter fördern und die Zusammenarbeit ausweiten soll.

Japan ASEAN Center (Förderung von Handel, Investitionen und Tourismus)
Dieses Center ist eine 1981 von den damaligen Mitgliedsstaaten der ASEAN und Japan in Tokyo gegründete internationale Institution. Zur Förderung der Exporte aus den ASEAN nach Japan sowie zur Förderung von Investitionen und Tourismus zwischen Japan und den ASEAN führt das Center vielfältige Aktivitäten und Veranstaltungen durch: u.a. Ausstellungen mit Produkten aus den ASEAN, Handelsgespräche, Seminare, Workshops, Entsendung und Einladung von Delegationen, Ausbildung von Humanressourcen, Kulturveranstaltungen, Herausgabe von Publikationen oder Informationsangebote. Die an der Ginza gelegenen Räumlichkeiten verfügen über eigene Ausstellungsflächen, die dem Publikum jederzeit offenstehen. Nähere Informationen unter https://www.asean.or.jp/ja/
Japan und die ASEAN (3): Zusammenarbeit für Frieden und Stabilität in der Region Asien-Pazifik
Die Realisierung einer wohlhabenden, stabilen und zugleich nach außen hin offenen Region Asien-Pazifik ist auch für die Sicherheit und die Prosperität Japans unerlässlich. Hierfür ist es wichtig, dass Japan auf der Grundlage fester japanisch-amerikanischer Beziehungen eine aktive Asienpolitik vorantreibt, um Frieden und Stabilität innerhalb Asiens sowie ein nachhaltiges Wachstum verwirklichen zu können. Um den Frieden und die Stabilität in der Region zu erhalten, beteiligt sich Japan mit Nachdruck an Foren für die regionale Kooperation in Ostasien, etwa der Ostasiengipfel (EAS), die ASEAN+3, die Zusammenarbeit zwischen Japan und den ASEAN sowie die Kooperation zwischen Japan, China und Südkorea. Darüber hinaus ist Japan auch in Foren, die Länder außerhalb der Region umfassen, aktiv, wie z.B. die APEC, das ASEAN-Regionalforum (ARF) oder der Asien-Europa-Gipfel (ASEM), und setzt sich für einen Ausbau der Kooperation zwischen den Regionen ein.
Japans Unterstützung für die weitere Integration der ASEAN
Japan ist für die ASEAN das größte Geberland an Entwicklungshilfe und wirkt in einem breiten Spektrum von Bereichen mit den Mitgliedsstaaten zusammen, die vom Aufbau der sozialen Infrastruktur bis zur Restaurierung von Kulturstätten reichen. In den letzten Jahren setzt sich Japan in besonderem Maße für den Aufbau der Infrastruktur in Regionen ein (dazu gehört beispielsweise die Mekong-Region mit Kambodscha, Laos, Myanmar und Vietnam), die bislang noch wenig entwickelt sind, sowie auch für die Ausbildung von humanen Ressourcen, um so die regionalen Unterschiede innerhalb der ASEAN zu beseitigen. 2005 hat der damalige Premierminister Koizumi die Unterstützung Japans im Rahmen des „Japan-ASEAN Integrationsfonds“ (JAIF) angekündigt, der seitdem ein vielfältiges Engagement in Bereichen wie Katastrophenprävention, Infektionskrankheiten oder Bekämpfung des Terrorismus unterstützt. Angestrebt wird so die Bildung einer Gemeinschaft der ASEAN sowie als weiteres Ziel in der Zukunft die Zusammenarbeit und der Ausbau eines Netzwerkes für die Realisierung der von Japan verkündeten Vision einer Ostasiatischen Gemeinschaft. Um die Zusammenarbeit innerhalb Asiens auf eine feste und gesicherte Grundlage zu stellen, stellte der damalige Premierminister Abe anlässlich des Ostasiengipfels im Januar 2007 das „Jugendaustauschprogramm für Asien im 21. Jh.“ (JENESYS) vor. Im Rahmen dieses Programms werden junge Menschen aus den ASEAN-Staaten nach Japan eingeladen, während gleichzeitig junge Japanerinnen und Japaner in die einzelnen Mitgliedsländer der ASEAN entsendet werden.
Um die oben stehenden Grafik zu vergrößern, klicken Sie auf die Abbildung oder hier.
Für die Gestaltung einer Gemeinschaft der ASEAN bis 2015
Die ASEAN streben bis 2015 die Bildung einer „Gemeinschaft der ASEAN“ an, die auf den drei Pfeilern „politische und sicherheitspolitische Gemeinschaft“, „Wirtschaftsgemeinschaft“ sowie „soziale und kulturelle Gemeinschaft“ beruhen soll. Zunächst war die Realisierung bis zum Jahr 2020 geplant, jedoch gewann angesichts des zunehmenden globalen Wettbewerbs mit Ländern wie Indien oder China die regionale Integration an Tempo. 2003 wurden mit dem „Aktionsprogramm von Vientiane“ konkrete Schritte für die Verwirklichung einer Gemeinschaft der ASEAN aufgezeigt, und in der 2008 in Kraft getretenen „ASEAN-Charta“ wurden u.a. ein Ausbau der Organe der ASEAN sowie eine transparentere Gestaltung der Prozesse in Bezug auf Willensbildung und Entscheidungsfindung vorgeschlagen.
Japan-ASEAN-Partnerschaft für neues Wachstum in Asien: Stärkung der Zusammengehörigkeit
Die wichtigste Aufgabe mit Blick auf die Gestaltung einer Gemeinschaft der ASEAN ist die Stärkung der Zusammengehörigkeit. Die „physische Zusammengehörigkeit“ in Gestalt von Verkehrswegen, Informationsübermittlung oder Energienetzen, die „Zusammengehörigkeit mit Blick auf Systeme“ wie die Liberalisierung von Handel, Investitionen und Dienstleistungen sowie schließlich die „Zusammengehörigkeit zwischen den Menschen“ im Rahmen von Tourismus, Bildung oder Kultur bilden die drei Aspekte eines Masterplans zur Stärkung der Zusammengehörigkeit in der Region, der beim 17. ASEAN-Gipfel im Oktober 2010 vorgelegt wurde. In Bezug auf dieses Engagement besteht auch für Japan die Möglichkeit einen Beitrag zu leisten, nämlich im Rahmen der von Japan propagierten neuen Wachstumsstrategie in Form der Förderung von Infrastrukturpaketen für das Ausland. Japan vertritt die Auffassung, dass sich eine „geeinte ASEAN zum Knotenpunkt der regionalen Zusammenarbeit entwickeln wird, sowie dass dies für die Stabilität und den Wohlstand Japans, der ASEAN und ganz Ostasiens von großer Bedeutung ist.“ Daher wird Japan die ASEAN bei ihrem Engagement zur Stärkung der Zusammengehörigkeit umfassend unterstützen.

Anmerkung: Der vorliegende Beitrag erschien am 18.10.2010 als 64. Folge der Informationsserie „Die internationale Situation verstehen!“ auf der Webseite des Außenministeriums von Japan. Er wurde für Neues aus Japan ins Deutsche übersetzt.