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Neues aus Japan Nr.76 März 2011

Filme aus Japan auf der Berlinale 2011

 

Die 61. Berlinale ist vorüber. Das Leben am Potsdamer Platz, das zehn Tage lang geprägt war von Badge-tragenden, sehr beschäftigten Filmschaffenden, geduldig in der Schlange wartenden Cineasten und ob des Trubels verwirrten Touristen, hat in seinen beschaulichen Alltag zurückgefunden. Die Bären sind vergeben – sowohl der Goldene Überbär als auch die Silbernen Bären für die besten schauspielerischen Leistungen gingen allesamt an den iranischen Beitrag “Nader und Simin – eine Trennung“ und dessen Schauspielensemble. Das ist bislang einmalig, wenngleich nicht überraschend – der Film galt als Publikumsfavorit, dessen Charme sich auch die Jury nicht entziehen konnte oder wollte. Wie jedes Jahr lässt sich nichtsdestotrotz trefflich streiten, warum der Wettbewerb relativ schwach besetzt war und einige der großartigsten Filme nur im Berlinale Special liefen. Weder dort noch im Wettbewerb waren dieses Mal japanische Filme vertreten; selbst Altmeister Yoji YAMADA brach in diesem Jahr mit der lieb gewordenen Gewohnheit, in Berlin sein neuestes Werk den gestrengen Augen der Jury und der Öffentlichkeit zu präsentieren.

In den anderen Sektionen waren jedoch durchaus interessante japanische Streifen zu sehen. Das Forum widmete Regisseur Minoru SHIBUYA sogar eine acht Werke umfassende Retrospektive. SHIBUYA gilt als ein außerhalb Japans noch relativ unbekannter Altmeister des japanischen Kinos. Ab 1937 drehte er insgesamt 40 Filme, die sich ursprünglich im Genre des shomin geki bewegten und die Probleme japanischer Mittelklassefamilien für die Leinwand adaptierten, was ihn rein thematisch in eine Tradition mit OZU und MIZUGUCHI stellt. Gestörte Familien und ein sinnentleerter Alltag im Spannungsfeld zwischen Tradition und Materialismus waren zudem das Thema dreier weiterer japanischer Filme im Forum: Hirosue HIROMASAs „Fit“, Satoru HIROHARAs „Sekai Good Morning“ und Koki YOSHIDAs „Kazoku X“.

Nach dem Riesenerfolg von Sion SONOs vierstündigem Meisterwerk „Ai no mukidashi“ (Love exposure) vor zwei Jahren wagte sich das Forum mit Takahisa ZEZEs „Heaven´s Story“ nochmals an ein monumentales Werk von fast fünf Stunden Laufzeit. ZEZE, ein Veteran des japanspezifischen Genres des pinku eiga, entwickelt anhand des Lebens von vier Haupt- und zahlreichen Nebenfiguren ein verschachteltes Panoptikum menschlicher Leidenschaften, das sich vor wunderbaren Bildern entwickelt, am Ende aber nicht im Stande ist, den Spannungsbogen zu halten und eher unrühmlich versandet. In diesem Falle wäre weniger mehr gewesen, aber das weiß man immer erst danach…

Während die beiden Panorama-Beiträge „Byakuyakou“ (Into the White Night) und „Vampire“ eher wenig beachtet blieben, konnte der im Kulinarischen Kino vorgestellte Streifen „Jiro – Dreams of Sushi“ über den Großmeister Jiro ONO doch einiges Interesse verbuchen. Das kleine Sushi-Restaurant in der Tokyoter U-Bahn, das nur eine Handvoll Gäste beherbergen kann, die wiederum Monate im Voraus buchen müssen, trägt drei Michelin-Sterne und gilt als der Heilige Gral der Kunst des Sushi-Zubereitens. Der Dokumentarfilm des Amerikaners David Gelb ist eine Hommage an den Sushi-Meister und seine Söhne und findet Bilder, die einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.

Wenn der Goldene Bär verdienterweise in den Iran ging, so ist Japan letztendlich trotzdem nicht leer ausgegangen. Kyoko MIYAKE konnte für ihre Dokumentation „Hackney Lullabies“ über Mütter aus den unterschiedlichsten Ländern, die in Hackney lebend versuchen, ihren Kindern durch traditionelle Wiegenlieder ein Gefühl von Geborgenheit und Zugehörigkeit zu vermitteln, einen Nachwuchs-Preis des Berlinale Talent Campus mit nach Hause nehmen. Wir gratulieren und hoffen, dass sowohl der Preisträgerfilm als auch möglichst viele der japanischen Berlinale-Beiträge ihren Weg in unsere Programm-Kinos finden mögen.

 

 


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