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Neues aus Japan Nr.76 März 2011

Soziale Manga-Netzwerke in Japan

- Webseiten zur Präsentation eigener Bilder zählen Millionen Amateurzeichner aus aller Welt zu ihren Nutzern

Eines der Dinge, das dazu beiträgt, Japan zu einer Quelle einzigartigen Reichtums an qualitativ hochwertigen Manga und Anime zu machen, ist die große Beliebtheit des Hobbys des Zeichnens, das besonders unter jungen Menschen weit verbreitet ist. In Schulen überall in Japan verbringen viele Schülerinnen und Schüler ihre freie Zeit damit, eigene Manga zu entwerfen und sie mit ihren Freunden zu tauschen. Dies erzeugt ein kulturelles Klima, in dem die besten Künstler die Bewunderung ihrer Altersgenossen genießen und führt auf diese Weise zu einem gesunden Wettbewerb und einem insgesamt hohen künstlerischen Niveau. Die neueste Manifestation dieser Kultur sind soziale Netzwerke, die es den Leuten ermöglichen, ihre eigenen Manga im Internet zu präsentieren.

 

Ein Forum für angehende junge Künstler

Ein gutes Beispiel für eine dieser Webseiten ist „pixiv“. Vor gerade einmal drei Jahren entstanden, zählt pixiv heute bereits 2,6 Mio. Mitglieder und kann auf 1,4 Mrd. Zugriffe im Monat verweisen. Insgesamt rund 13 Mio. Werke wurden bislang auf dieser Seite veröffentlicht, so dass pixiv Japans zweitgrößter Service im Bereich soziale Netzwerke ist. Das Konzept der Webseite ist einfach: Profi- und Amateurkünstler laden dort ihre Bilder hoch. Die anderen Nutzer bewerten diese Bilder mit maximal bis zu zehn Punkten, geben ihre Kommentare ab und markieren ihre Favoriten mit Bookmarks (Lesezeichen). Auf diese Weise regt die Seite mittels des Zeichnens von Bildern zur Kommunikation und Interaktion zwischen den Nutzern an.

 

Bilder im Manga-Stil sind das am meisten verbreitete Genre auf pixiv, aber auch Anime und Computerspiele, die von Fans erstellt wurden, sind sehr populär. Man findet zudem Tusche- und Aquarellbilder sowie auch Kinderzeichnungen. Insgesamt beeindruckt die Qualität der hier gezeigten Werke genauso wie ihre Quantität. Als die Webseite ins Leben gerufen wurde, hatten ihre Entwickler gehofft, mindestens 1.000 Nutzer zu erreichen; aber bereits fünf Monate nach dem Start, im September 2007, zählte pixiv bereits über 100.000 Mitglieder. Zwei Jahre später wurde die Millionenmarke überschritten.

Ein Grund für die große Beliebtheit der Seite ist, dass die Künstler auf sehr einfache Weise ein Feedback von Seiten der anderen Nutzer erhalten. Die Qualität der Werke auf den Spitzenplätzen ist außerordentlich hoch, und die besten Künstler werden wie Stars behandelt. Einer der derzeit beliebtesten Künstler auf pixiv firmiert unter dem Username „huke“. Seinen Durchbruch erfuhr er, als er eine Illustration seiner eigenen Kreation „Black Rock Shooter“, einen weiblichen Charakter mit blauem Feuer, das aus einem Auge herausschießt, vor einem Hintergrund aus schwarzen Ketten zeichnete. „Black Rock Shooter“ wird derzeit zu einem Anime weiterentwickelt.

 

Eine verschworene Gemeinschaft

Das Phänomen pixiv hat auch die Aufmerksamkeit von Verlagen und Unternehmen, die Computerspiele kreieren, erregt, die stets auf der Suche nach neuen Talenten sind. Beispielsweise kooperiert einer der größten japanischen Verlage mit pixiv, indem er die Nutzer der Seite dazu einlädt, Illustrationsbeiträge für eines seiner Manga-Magazine namens Itan zu erstellen. Die Webseite hat sich zu einem wahren Schaufenster für die großen Talente unter den vielversprechenden Künstlern entwickelt, und sie diente bereits einer ganzen Reihe junger Kreativer als Sprungbrett für eine professionelle Karriere als Manga-Künstler.

Gemeinsame Projekte, bei denen sich verschiedene Nutzer zusammenfinden, um ihre Ideen miteinander zu teilen, sind ein weiteres bemerkenswertes Feature der Community von pixiv. Ein Beispiel ist pixiv Fantasia, bei dem sich Nutzer zusammenschließen, um eine eigene Phantasiewelt zu schaffen und zu gestalten, indem sie entsprechende Illustrationen einsenden. Das zentrale Thema von pixiv Fantasia ist ein Krieg zwischen verschiedenen Armeen; die Künstler, die für eine der Seiten Partei ergreifen, senden ihre Zeichnungen ein, die Charaktere, Kampfszenen und Weiterentwicklungen der Geschichte zeigen. Die Armee, die die meisten Einsendungen verzeichnet, ist der Gewinner. Dieses Projekt, das künstlerische Elemente mit Elementen des Game-play verknüpft, zählte in gerade einmal zwei Monaten rund 30.000 Einsendungen. Es wurden bereits umfangreiche Bildbände mit den besten Zeichnungen herausgegeben.

„In jüngster Zeit erhalten wir auch zahlreiche Einsendungen aus dem Ausland“, meint Takanori Katagiri, der 28-jährige CEO von pixiv, Inc. „Tatsächlich machen die Werke, die aus Taiwan, China und den Vereinigten Staaten kommen, bereits rund zehn Prozent aller Einsendungen aus. Wir hoffen, dass wir uns mit sozialen Netzwerken im Ausland wie Facebook zusammentun können und bereiten derzeit eine englischsprachige Webseite vor, um noch mehr Leute im Ausland zu ermuntern, uns ihre Zeichnungen zu schicken.“

 

Kunst aus der Kunst

Ein anderes soziales Netzwerk mit einem starken Fokus auf Popkultur ist Piapro, das es Nutzern ermöglicht, Illustrationen und Musik zu posten. Piapro ging im Dezember 2007 online und wird von Crypton Future Media, Inc. unterhalten. Dieses Unternehmen schuf die virtuelle Popsängerin Hatsune Miku, indem es eine Vocaloid Synthesizing Engine verwendet. Die Webseite zählt heute bereits 430.000 Mitglieder. Ein interessanter Aspekt dieser Seite ist, dass die Mitglieder die Zeichnungen und Musik der anderen Mitglieder frei nutzen können, um neue Werke zu schaffen – unter der Voraussetzung, dass keine kommerziellen Zwecke verfolgt werden.

 

 

Beispielsweise können die Mitglieder Videos erstellen, indem sie Zeichnungen von Hatsune Miku, die auf Piapro eingestellt wurden, mit selbst komponierter Musik kombinieren, und diese neuen Werke dann auf online Video-Webseiten hochladen. Viele dieser Videos sind Kreationen von Künstler-Teams, die sich auf Piapro zusammengefunden haben. Einige Videos wurden sogar von Mitgliedern erstellt, die mit TV-Netzwerken, Modehäusern, anderen Unternehmen sowie Nicht-Profitorientierten Organisationen zusammenarbeiten. In einem Projekt kooperiert Piapro mit der Regierung von Japan bei der Erstellung von Zeichnungen, in denen die Bevölkerung dazu aufgerufen wird, gebrauchte Mobiltelefone zu recyceln.

 

 

© Web Japan, 2010

 

 


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