Afghanistan-Konferenz in Tokyo
Am 8. Juli 2012 veranstalteten die Regierungen von Japan und Afghanistan gemeinsam die Afghanistan-Konferenz von Tokyo.
1. Zusammenfassung
(Teilnehmende Staaten und Organisationen)
Organisatoren: Die Regierungen von Japan und Afghanistan (Vorsitz: Koichiro Gemba, Außenminister von Japan, Dr. Hazrat Omar Zakhilwal, Finanzminister von Afghanistan und Dr. Zalmai Rassoul, Außenminister von Afghanistan)
Teilnehmer: Der afghanische Präsident Hamid Karzai, VN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, US-Außenministerin Clinton, der französische Außenminister Fabius, Bundesaußenminister Dr. Westerwelle, der britische Entwicklungsminister Mitchell, der australische Außenminister Carr, der indische Außenminister Krishna, die pakistanische Außenministerin Rabbani Khar, der iranische Außenminister Dr. Salehi, sowie Delegierte aus 55 Staaten und von 25 internationalen Organisationen (darunter Organisationen der afghanischen Zivilgesellschaft, die afghanische Industrie- und Handelskammer und der Indische Industrieverband (Organisator des Investitionsgipfels für Afghanistan in Delhi).
Parallel zur Konferenz in Tokyo fanden zudem folgende Veranstaltungen statt: die Afghanistan Tokyo CSO Conference, ein Symposium der Japan International Cooperation Agency (JICA), eine Paneldiskussion zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit unter dem Vorsitz des japanischen Kabinettsamts sowie ein Symposium unter Leitung des UNHCR.
(Zusammenfassung der Konferenz)
Bei der Tokyoter Konferenz strebte die internationale Gemeinschaft an, eine strategische Botschaft auszusenden sowie ihre Zusagen zur Unterstützung des Engagements für die Entwicklung Afghanistans zu mehr Eigenständigkeit während der Transformationsdekade (2015-2024) zu betonen. Um dies zu erreichen, wurde eine Partnerschaft zwischen der afghanischen Regierung und der Staatengemeinschaft für die genannte Dekade der Transformation ins Leben gerufen. Es wurden die gegenseitigen Verpflichtungen sowie die Verantwortlichkeiten beider Seiten für die nachhaltige Entwicklung Afghanistans deutlich hervorgehoben sowie auch ein entsprechender Mechanismus geschaffen, mit dessen Hilfe dieser Prozess regelmäßig überprüft werden soll (Tokyo Mutual Accountability Framework).
Verpflichtungen von Seiten Afghanistans
Afghanistan verpflichtete sich zur effektiven und transparenten Umsetzung von Strategien für Wachstum und Entwicklung auf der Grundlage des Dokuments „Hin zur Eigenständigkeit“, das entsprechende detaillierte Strategien während des Zeitraums der Transformation enthält.
Darüber hinaus sagte Afghanistan zu, bestimmte Ziele und Indikatoren in den folgenden fünf Bereichen zu erfüllen: (1) repräsentative Demokratie und faire Wahlen, (2) Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, (3) Integrität der Staatsfinanzen und des kommerziellen Bankensektors, (4) Staatseinnahmen und -ausgaben sowie (5) nachhaltiges Wachstum und Entwicklung.
Verpflichtungen von Seiten der internationalen Gemeinschaft
Bei der Konferenz in Tokyo stellte die Weltbank die Ergebnisse ihrer vorläufigen Berechnungen in Bezug auf die durchschnittliche jährliche Finanzierungslücke bis 2017 vor, die sich je nach Wachstumsszenario auf 3,3 bzw. 3,9 Mrd. US-Dollar pro Jahr belaufen wird. Die afghanische Regierung präsentierte ihre eigenen Schätzungen zur Finanzierungslücke bis 2020, die bei rund 3,9 Mrd. Dollar jährlich liegen.
Im Verlauf der Konferenz sagte die Staatengemeinschaft zu, ab 2015 mehr als 16 Mrd. Dollar bereitzustellen.
Verpflichtungen von Seiten Japans
Es wurde betont, dass seit der Konferenz in Tokyo im Jahr 2002 Japan eine führende Rolle als zweitgrößter Geber nach den Vereinigten Staaten bei der Entwicklungshilfe für Afghanistan spielt. Das Land stellte bis Ende 2011 insgesamt 3,3 Mrd. Dollar bereit, die in einer Vielzahl von Bereichen wie politische Prozesse, Verbesserung der Infrastruktur, grundlegende Bedürfnisse der Menschen, Entwicklung von Industrie und Landwirtschaft sowie Kultur geleistet wurden.
Auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen gab Japan nun bekannt, dass man ab 2012 bis zu ca. 3 Mrd. Dollar für die nächsten fünf Jahre aufwenden werde. Diese Mittel sollen auf den Gebieten der sozioökonomischen Entwicklung und Ausweitung der Fähigkeiten im Sicherheitsbereich zum Einsatz kommen, insbesondere in den Bereichen (1) Landwirtschaft, (2) Infrastruktur sowie (3) Entwicklung der Humanressourcen. Japan machte seine Bereitschaft deutlich, auch nach 2017 in diesen Bereichen weitere Beiträge für den Aufbau des Landes unter der eigenen Regie Afghanistans zu leisten.
Zusätzlich gab Japan bekannt, dass es Projekte im Umfang von 1 Mrd. Dollar in den Nachbarländern umsetzen wird, um den Prozess der regionalen Zusammenarbeit zwischen Afghanistan und seinen Nachbarn zu fördern. Diese Projekte unterstützen zugleich die Entwicklung eines Korridors, der von Zentralasien aus mitten durch Afghanistan verläuft und bis nach Karachi in Pakistan reicht.
2. Bewertung
(1)
Seit der internationalen Konferenz zur Unterstützung des Wiederaufbaus von Afghanistan, die im Januar 2002 in Tokyo stattfand, hat Japan bei der Unterstützung von Afghanistan eine führende Rolle inne. Die jetzige Konferenz von Tokyo zu Afghanistan war der Höhepunkt einer ganzen Reihe von Verhandlungen im Rahmen internationaler Konferenzen, die mit der Konferenz in Bonn vom Dezember 2011 begann und in diesem Jahr zum Abschluss gelangte. Auf der Grundlage der Diskussionen über Sicherheit und regionale Zusammenarbeit auf Konferenzen wie dem NATO-Gipfel in Chicago, der Regional Economic Cooperation Conference on Afghanistan (RECCA) und der Ministerkonferenz zum Prozess von Istanbul wurde bei der jetzigen Konferenz in Tokyo der Weg für nachhaltiges Wachstum in Afghanistan ab 2015 aufgezeigt. Zugleich wurde die an die Menschen in Afghanistan und an die Staatengemeinschaft gerichtete Botschaft ausgesendet, dass Afghanistan weiterhin stabil bleibt und in der Lage sein wird, die Entwicklung auch nach 2014 fortzuführen.
(2)
Japan hatte die Initiative für diese Konferenz ergriffen und stellte eine hochrangige Teilnahme der wichtigsten Geberländer wie Indien, Pakistan und Iran sowie der internationalen Entwicklungsorganisationen sicher. Durch Koordinierung über einen längeren Zeitraum gelang es Japan als Gastgeber, Zusagen von Seiten der Staatengemeinschaft für eine umfassende Unterstützung in Höhe von über 16 Mrd. Dollar bis 2015 zu sichern sowie auch die Zusagen Afghanistans in den Bereichen Entwicklung und Regierungsführung zu erhalten. Japan unterstrich zudem seine Präsenz auf internationaler Bühne durch die Einrichtung des neuen Tokyo Framework.
(3)
Das Ergebnis der Konferenz von Tokyo ist, dass Afghanistan und die internationale Gemeinschaft nun eine konkrete Partnerschaft eingehen, die im Rahmen des neu eingerichteten Tokyo Mutual Accountability Framework auch finanziell abgesichert ist. Als Gastgeber der Konferenz wird Japan auch künftig auf eigene Initiative hin und auf der Grundlage des Tokyo Framework Anstrengungen unternehmen, um die Konferenz nachzubereiten. Es ist wichtig für Japan, auch weiterhin eine aktive und positive Rolle innerhalb der Staatengemeinschaft für die Unterstützung Afghanistans zu spielen.