Botschaft von Japan Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.93 August 2012

Rede von Außenminister Koichiro Gemba

- anlässlich der Afghanistan-Konferenz in Tokyo am 08.07.2012

Sehr geehrter Herr Präsident Karzai,
sehr geehrter Herr Generalsekretär Ban,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

die Tokyo-Konferenz, die am Ende einer Reihe internationaler Konferenzen steht, die letztes Jahr in Bonn begann, dient dazu, die internationalen Diskussionen über Afghanistan in diesem Jahr zusammenzufassen und abzuschließen. Auf der Grundlage der Diskussionen über Sicherheit und regionale Zusammenarbeit beim NATO-Gipfel in Chicago, bei der RECCA-Konferenz in Dushanbe sowie bei der Konferenz „Heart of Asia“ in Kabul müssen wir hier in Tokyo nun den Weg für die nachhaltige Entwicklung in Afghanistan nach 2014 in konkreter Weise aufzeigen, um deutlich zu machen, dass Afghanistan auch danach stabil sein wird und sich selbst weiterentwickeln kann.

Zu diesem Zweck haben Afghanistan und die internationale Gemeinschaft seit meinem Besuch in Kabul im Januar eine gründliche Diskussion geführt. Bei dieser Konferenz nun hoffe ich, dass das „Tokyo Framework“ eingerichtet werden kann – als ein Rahmenwerk von Verpflichtungen auf gegenseitiger Basis für eine langfristige Partnerschaft zwischen Afghanistan und der internationalen Gemeinschaft während der sogenannten „Dekade der Transformation“.

Die afghanische Regierung verpflichtet sich dazu, ihre Wachstumsstrategie getreulich umzusetzen und die Regierungsführung in bestimmten Bereichen zu verbessern. Um diese Verpflichtungen zu erwidern, verpflichtet sich die Staatengemeinschaft ihrerseits dazu, die afghanische Wachstumsstrategie in besonderer Weise zu unterstützen. Dies ist der Mechanismus des Tokyo Framework. Zusätzlich dazu wird ein weiterer Mechanismus zur Nachbereitung auf Ministerial- und Arbeitsebene eingerichtet, damit die gegenseitigen Verpflichtungen garantiert umgesetzt werden. Japan wird sich in diesem Tokyo-Prozess auch weiterhin aktiv engagieren.

Zurzeit unternimmt die afghanische Regierung unter Präsident Karzai Anstrengungen für wichtige Reform zur Verbesserung der Regierungsführung einschließlich des Wahlsystems, des Kampfes gegen Korruption sowie der Ausweitung der Fähigkeiten im Bereich der Verwaltung bei der Zentralregierung und auf regionaler Ebene. Japan begrüßt dieses Engagement Afghanistans nachdrücklich und hofft sehr, dass die afghanische Regierung im Verlauf dieses Prozesses weiterhin sichtbare Fortschritte bei der Verbesserung der Situation der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Frauen, bei der Regierungsführung und in anderen Bereichen machen wird.

Seit der Konferenz von Tokyo im Januar 2002 spielt Japan als zweitgrößter Geber nach den Vereinigten Staaten eine führende Rolle bei der Unterstützung der Entwicklung Afghanistans. Diese Rolle wurde durch die Hilfe im Umfang von rund 3,3 Mrd. Dollar unterstrichen, die Japan bis Ende 2011 etwa für den politischen Prozess, für die Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Regionen sowie für die Kultur geleistet hat.

Auf diesen Erfahrungen aufbauend gebe ich nun bekannt, dass Japan in den nächsten fünf Jahren ab 2012 bis zu 3 Mrd. Dollar an Hilfe für Afghanistan bereitstellen wird. Diese Mittel werden auf dem Gebiet der soziökonomischen Entwicklung und für die Ausweitung der Fähigkeiten im Bereich Sicherheit zum Einsatz kommen. Insbesondere wird Japan Afghanistan in drei wirtschaftlichen und sozialen Bereichen unterstützen, die hohe Priorität genießen. Erstens werden wir dem landwirtschaftlichen Sektor helfen, in dem etwa achtzig Prozent aller Arbeitskräfte in Afghanistan beschäftigt sind. Zweitens werden wir die Infrastruktur weiterentwickeln, die unter verschiedenen Aspekten wichtig ist, einschließlich der regionalen Zusammenarbeit. Und drittens werden wir den Fokus auf die Entwicklung der humanen Ressourcen legen, die die Basis für den Aufbau staatlicher Strukturen bilden. Unter diesem Aspekt hat Japan die Absicht, in den kommenden fünf Jahren Ausbildungsprogramme für 500 afghanische Beamte aufzulegen und somit zur Verbesserung der Regierungsführung beizutragen. Japan wird zudem den Bildungsbereich weiter unterstützen, der für die Menschen in Afghanistan von ganz wesentlicher Bedeutung ist, damit sie ihre eigene Kultur respektieren und ein Staatswesen schaffen können, das Teil ihrer Identität ist. Japan wird in diesen Bereichen auch nach 2017 zum Aufbau staatlicher Strukturen beitragen, um diesen Aufbau unter der Führung der Menschen im Lande selbst zu unterstützen.

Die Stärkung der regionalen Zusammenarbeit zwischen Afghanistan und seinen Nachbarn ist mittelfristig ganz wesentlich für die Stabilität des Landes. Die Ausweitung dieser Zusammenarbeit ist für Afghanistan von großer Bedeutung, damit es das Beste aus seinem geopolitischen Vorteil als Brücke im Zentrum des eurasischen Kontinents machen kann und eine nachhaltige Entwicklung gestaltet, die durch Investitionen des privaten Sektors unterstützt wird. Für die regionale Zusammenarbeit wird Japan Projekte im Umfang von ca. 1 Mrd. Dollar in Nachbarländern wie Pakistan und in Zentralasien durchführen. Mit Hilfe dieser Projekte unterstützt Japan die Schaffung eines Korridors, der quer durch Afghanistan verläuft und von Zentralasien bis Karachi in Pakistan reicht.

Der Zivilgesellschaft kommt für den Wiederaufbau und die Entwicklung von Afghanistan eine ganz wesentliche Rolle zu. Vertreter der afghanischen Zivilgesellschaft sind bei dieser Konferenz anwesend, damit sich hier auch die Ideen an der Basis widerspiegeln können. Japan wird auch künftig eng mit der Zivilgesellschaft zusammenwirken, damit seine Hilfe die Menschen in Afghanistan in effektiver Weise erreicht.

Afghanistan und die internationale Gemeinschaft gehen heute eine Partnerschaft ein, die im Rahmen des neuen „Tokyo Framework“ auch finanziell abgesichert ist. Ich möchte meine Ausführungen schließen mit der nachdrücklichen Hoffnung, dass diese neue Partnerschaft zwischen Afghanistan und der Staatengemeinschaft, die hier in Tokyo geschlossen wird, zur Transformation und zur nachhaltigen Entwicklung Afghanistans hinführen wird.

Vielen Dank.

 

 


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