Die 56. Internationalen Filmfestspiele Berlin fanden vom 9. bis
19. 02. 2006 statt. Auch wenn in diesem Jahr kein Film aus Japan am Wettbewerb teilnahm,
waren z.B. im Panorama die Regisseure Sabu und Takashi Miike sowie im Forum „Kimyo
na sakasu“ (Strange Circus) von Sono Shion, „Bokura wa mo kaerenai“ (We
Can’t Go Home Again) von Fujiwara Toshi, „Dear Pyongyang“ von Yang Yong-hi
und „Big River“ von Funahashi Atsushi vertreten, so dass die diesjährige
Berlinale eine sehr gute Gelegenheit bot, auch die Werke japanischer
Nachwuchsregisseure hierzulande zu sehen.
Darüber hinaus wurden zur Erinnerung an den Regisseur Nakagawa Nobuo, der im
vergangenen Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, im Rahmen des Forums
neun seiner Werke - vor allem Beispiele aus dem Genre des
japanischen Gespensterfilms -
in einer Sonderreihe gezeigt, die das Interesse zusätzlich auf den
japanischen Film lenkte. Im Bereich "14 plus" bekam die
japanisch-kanadische Koproduktion „Kamataki“, die von der Jugend eines
Kanadiers japanischer Abstammung und seinem Austausch mit einem japanischen
Töpfermeister handelt, eine lobende Erwähnung. Und obwohl Sono
Shions Film „Kimyo na sakasu“ das schwierige Thema Inzest behandelt, erfuhr
er großen Zuspruch von Seiten des Berliner Publikums und erhielt den
Leserpreis der Berliner Zeitung.
Während der Berlinale waren überall in Berlin Filmposter zu sehen und
zahlreiche internationale Vertreter aus dem Bereich Films kamen nach Berlin.
Aber auch die Berliner selbst freuten sich auf die Berlinale, die zu den
drei wichtigsten internationalen Filmfestspielen zählt. Vor den
Kartenschaltern am Potsdamer Platz bildeten sich oft lange Reihen von
Filmfreunden. Der im Rahmen des Forums gezeigte Film „Dear Pyongyang“ der in
zweiter Generation in Japan lebenden Koreanerin, Yang Yong-hi, beschreibt die
Geschichte und die Beziehungen ihrer getrennt in Osaka und Pjöngjang
lebenden Familie. Dieser Film wurde mit dem asiatischen NETPAC-Förderpreis
ausgezeichnet.
Der
Regisseur Sabu, der 2003 mit dem gleichen Preis ausgezeichnet worden war, nahm
bereits zum sechsten Mal an der Berlinale teil und ist somit bereits ein
Stammgast dieser Filmfestspiele. Nach der ersten Aufführung seines Films „Shisso“
(Dead Run) wurden aus dem Publikum zahlreiche Fragen an ihn gerichtet. Da
nur selten die Gelegenheit besteht, mit einem Regisseur aus Japan
unmittelbar zu sprechen, war Sabu auch nach den Fragen von zahlreichen Fans
umringt, die ihm die Hand schütteln wollten oder um ein Autogramm baten. Auf
die Frage nach seinem nächsten Film antwortete er: „Da die Menschen in
Berlin von mir etwas zum Lachen erwarten, möchte ich einen Film machen, der
dieser Erwartung gerecht wird.“ Sabu, der sich als Regisseur mit dem Thema
Laufen befasst hat, fügte lachend hinzu: „Sollte ich einen Film mit Berlin
als Schauplatz drehen, würde ich die Darsteller durch
diese Stadt laufen lassen.“
Der große Zuspruch der Berliner Filmfans bewegte auch den Regisseur von „Big
River“, Funahashi Atsushi. Angesichts des großen Applauses des Publikums
nach der Aufführung meinte er, er fühle nun, dass es sich gelohnt habe,
diesen Film zu machen. Funahashi scheint Gefallen an Berlin gefunden zu
haben. In einem Interview meinte er, Berlin unterscheide sich sehr von
Japan, und es habe ihn beeindruckt, wie vielschichtig die Gebäude der Stadt
seien. Ein gutes Beispiel dafür sei die Architektur des Jüdischen Museums.
Das
Publikum der Berlinale ist nicht nur sehr beflissen, sondern bringt auch
seine Vorlieben sehr deutlich zum Ausdruck. Gefällt ihm ein Film nicht, so
verlässt es ohne weiteres die laufende Vorstellung. Der Regisseur Takashi
Miike, der mit seinem Beitrag „46 oku nen no koi“ (Big Bang Love, Juvenile A)
am Panorama teilnahm, war bereits bei den Internationalen Filmfestspielen in
Cannes sowie bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig zu Gast, wo
er jeweils Aufmerksamkeit erregt hatte. Sein neuer Film, der vor dem
Hintergrund der Auflösung eines Mordfalls im Gefängnis die platonische Liebe
zwischen Männern behandelt, war das erste Werk, das er im Rahmen der
Berlinale vorstellte. Miike, der mit seiner Darstellung von Gewalt das
Publikum stets entzweit, meinte während der Pressekonferenz zu „46 oku en no
koi“ auf die Frage nach dem Berliner Publikum: „Diejenigen, die meinen Film
mögen, sind bis zum Schluss geblieben. Ich denke, es ist nicht meine Aufgabe,
Filme zu machen, die viel Publikum anziehen. In Japan gibt es Fans, die
meine Filme für Kult halten.“ Allerdings scheint es solche Fans nicht nur in
Japan zu geben. Die erste Vorführung seines Films im Rahmen der Berlinale
war bis auf den letzten Platz ausverkauft.
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