Ich
möchte heute über die staatliche Entwicklungshilfe (ODA), insbesondere über
die verschiedenen Formen wirtschaftlicher Zusammenarbeit sprechen, die wir
anderen Ländern gewähren. Gegenwärtig wird die Art und Weise der staatlichen
Entwicklungshilfe in Japan umfassend diskutiert. Angesichts des allgemeinen
Trends hin zu einer schlankeren Regierung wird die Politik im Bereich ODA
von der Öffentlichkeit kritisch betrachtet.
Kommt es im Rahmen der ODA zu Verschwendung? Wird ernsthaft auf
Kosteneffizienz geachtet? Vor allem aber: Für wen und für was soll ODA
gewährt werden? Und schließlich: Sollte die gegenwärtige Struktur der
Umsetzung beibehalten werden?
Als Minister der Regierungsinstitution, die eine zentrale Rolle im Bereich
ODA spielt, möchte ich Ihnen schon jetzt meine Schlussfolgerung mitteilen,
nämlich dass ich mich dafür einsetzen werde, eine Institution in der Art des
Sicherheitsrates (innerhalb der japanischen Regierung) für die ODA zu
schaffen.
Unser nationaler Sicherheitsrat, der dem Ministerpräsidenten unmittelbar
untersteht, diskutiert wichtige Angelegenheiten der Landesverteidigung.
Weshalb sollten wir daher nicht eine ähnliche Institution einrichten, die
unter der Führung des Ministerpräsidenten auch die Strategien in Bezug auf
die ODA diskutiert?
Man kann durchaus sagen, dass ODA „eine gute Tat ist, die letztendlich auch
auf sich selbst zurück wirkt“ (die wörtliche Übersetzung des japanischen
Sprichworts: Mitgefühl ist nicht allein zum Nutzen Anderer), und dass ODA
nichts Gutes bewirkt, wenn sie ohne Mitgefühl für Andere umgesetzt wird.
Allerdings darf nicht vergessen werden, dass ODA letztendlich auch Japan
selbst von Nutzen sein wird.
Mit anderen Worten: ODA wird geleistet, um das Wohlergehen und das Ansehen
Japans und seiner Menschen in der Welt zu steigern. Sie ist eine der
Anstrengungen, die von einer weiter gefassten und langfristigen Perspektive
aus betrachtet werden muss.
ODA bedeutet im Grunde, dass andere Staaten zuerst unser Geld zu unserem
späteren eigenen Nutzen verwenden. Wenn man es recht bedenkt, gibt es nicht
sehr viele Unternehmungen, die eine derart langfristige Strategie erfordern
wie ODA.
Heutzutage jedoch läuft es dem Trend der Zeit zuwider, große Institutionen
zu schaffen. Ich denke deshalb, dass es passender wäre, ein kompaktes Forum
für Zusammenkünfte einzurichten, in dem die wichtigsten Minister des
Kabinetts zusammenkommen können.
Ich habe ab 1970 für zwei Jahre in Sierra Leone in Westafrika gelebt. Ich
war damals Anfang dreißig.
Ich wurde vom Unternehmen meiner Familie dorthin entsandt, die im
Kohlebergbau aktiv war. Meine Aufgabe war es, in Sierra Leone eine
Diamantenmine zu betreiben.
Damals gab es in Sierra Leone keine japanische Botschaft oder ein Konsulat.
Auch waren dort keine Japan Overseas Cooperation Volunteers (JOCVs) aktiv.
Ich führte damals ein Leben wie einer dieser freiwilligen jungen
Entwicklungshelfer: Ich schöpfte Wasser aus dem Brunnen und kochte es ab, um
es als Badewasser zu benutzen und produzierte Strom mit meinem eigenen
Generator. Trotz dieser Bedingungen war ich der einzige von meinem
Unternehmen entsendete Mitarbeiter, der nicht unter Ruhr oder Malaria litt.
Das ist nur eine kleine Episode, die ich Ihnen am Rande mitteilen wollte.
Da es sich bei dem Betrieb um eine Diamantenmine handelte, hätten wir uns
eigentlich nicht wundern dürfen, wenn wir jederzeit von Banden mit
automatischen Gewehren angegriffen worden wären. Jedoch wurden wie kein
einziges Mal überfallen. Wir begrüßten die Stammeshäuptlinge ganz formell
und sprachen mit ihnen. Wir belieferten sie mit Strom und Medikamenten und
mussten nie um unser Leben bangen, weil wir das Vertrauen der Führer vor Ort
gewonnen hatten.
Damals dachte ich: „Es heißt oft, der gesunde Menschenverstand der Japaner
unterscheidet sich vom gesunden Menschenverstand im Allgemeinen. Wenn wir
Japaner uns aber aktiver in Afrika engagierten, würden die Menschen dann
nicht sagen, der gesunde Menschenverstand der Japaner ist etwas Wunderbares?“
Dies beruht auf meinen Beobachtungen in den zwei Jahren damals, als ich im
Gegensatz zu den Japanern nicht viele Europäer oder Amerikaner sah, die mit
den Menschen vor Ort hart zusammenarbeiteten. Ich sollte nicht
verallgemeinern, aber ich kann sagen, dass nur wir Japaner den Ansatz
verfolgten, mit den Menschen vor Ort auf gleicher Augenhöhe
zusammenzuarbeiten.
Es braucht nicht ausdrücklich erwähnt zu werden, dass dieser Ansatz
unverändert fortbesteht und sowohl in der Vergangenheit als auch heute durch
das Engagement der Japan International Cooperation Agency (JICA), der JOCVs
und der japanischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) deutlich gemacht
wurde bzw. wird, während diese Institutionen ODA-Projekte in den
Entwicklungsländern umsetzen.
Wie Sie vielleicht bemerkt haben, spreche ich jetzt über etwas, das den Kern
der japanischen Philosophie über Hilfe ausmacht.
Dem Alten Testament zufolge ist Arbeit eine Strafe, die Adam und Eva
auferlegt wurde, weil sie ungehorsam gegenüber Gott geworden waren.
Andererseits heißt es im japanischen Kojiki (Aufzeichnungen von Dingen aus
alter Zeit), dass Amaterasu Omikami, die Sonnengöttin, andere Götter im
Himmel arbeiten sah, als sie aus ihrer Webhütte trat. Wenn also selbst die
Götter arbeiten, dann ist Arbeit nach der japanischen Mythologie etwas
vollkommen Natürliches, das den Menschen zum Guten gereicht.
Arbeit gilt nicht nur als eine Tätigkeit, die den Menschen Freude bereitet,
sondern auch als wichtiges Tun für unsere eigene Entwicklung und für die
Verbesserung der Gesellschaft insgesamt. Sowohl im öffentlichen als auch im
privaten Sektor demonstrieren Japaner, seien sie nun mit Projekten im Rahmen
der ODA oder mit Unternehmensaktivitäten befasst, dies freiwillig und wirken
dabei als Vorbilder.
Innerhalb Asiens bedeutet diese Vorgehensweise einen Bruch mit der
konfuzianischen Lehre. Und auch in Afrika und anderswo kann das, was wir tun,
nämlich bestimmte Einstellungen und Praktiken zu verbreiten, als
revolutionär bezeichnet werden. Darüber hinaus vermittelt Japan in allen
Fällen eine bestimmte geistige Kultur, die bei der Vorbereitung auf die
Modernisierung ganz wesentlich ist.
Ich bin der Überzeugung und habe keine Zweifel, dass dabei die Philosophie
der Menschen in Japan offensichtlich wird, die schweigsam
erscheint aber im Wirklichkeit außerordentlich beredsam ist.
In den letzten Jahren wurde stets mit Nachdruck gefordert, dass Außenpolitik
eine Art Verkaufsschlager brauche, nämlich „Kultur“. Ich habe gehört, dass
dies als so genannte „Soft Power“ bezeichnet wird - im Gegensatz zur
offensichtlichen, zur Schau gestellten Macht. Ich denke, dass das Vorgehen
der Japaner, das ich gerade beschrieben habe, durchaus eine Art von „Soft
Power“ ist, auf die wir stolz sein können. Es handelt sich hierbei um harte
Arbeit zusammen mit den Menschen vor Ort, mit der wir unser Konzept von
Freude durch Arbeit verbreiten. Es geht dabei um die Schaffung einer
kulturellen Grundlage, welche es den Empfängerstaaten letztendlich möglich
macht, von der Hilfe unabhängig zu werden.
Lassen Sie mich ein Beispiel anführen. Vor kurzem besuchte ich Indien und
Pakistan. In Neu Dehli, der Hauptstadt Indiens, wird derzeit eine U-Bahn aus
Mitteln japanischer ODA gebaut. Ein Teil des U-Bahnnetzes ist bereits in
Betrieb und wird von den Menschen vor Ort außerordentlich hoch geschätzt.
Einmal wird durch die U-Bahn die Bequemlichkeit gesteigert. Was die Menschen
in Indien jedoch am meisten loben, ist, dass die Japaner, die am Bau der U-Bahn
beteiligt sind, mitten im Zentrum der Hauptstadt ihre fleißige
Arbeitseinstellung offen zur Schau stellen. Die japanischen Arbeiter zeigen,
dass sie Fristen einhalten können, ohne dabei die Sicherheitsvorkehrungen zu
vernachlässigen. Zugleich machen sie deutlich, dass ihre Arbeit nicht zu
Ende ist, wenn das Projekt abgeschlossen ist, sondern dass sie auch lange
nach dessen Abschluss weiter hart arbeiten und ihre Kooperation anbieten.
Dies sind die Gründe, warum Indien, das sich bei der Annahme von Hilfe aus
anderen Ländern eher zurückhält, Hilfe aus Japan so gerne annimmt.
In diesem Sinne stellt ODA ein anerkanntes Mittel für den Export der
japanischen Kultur dar. Und genau aus diesem Grund schätze ich die „Scheckbuch-Diplomatie“.
Japan sollte auch weiterhin Schecks ausstellen, solange wir das Geld dazu
haben, weil die Schecks, die unser Land ausstellt, Hand in Hand mit der
harten Arbeit von uns Japanern geht. Die Schecks werden zusammen mit unserer
Ermunterung überreicht: „Nehmt euer Schicksal in die eigenen Hände!“ Kurz
gesagt: „Scheckbuch-Diplomatie“ ist eine Methode, anderen Ländern Japans
eigenständige Arbeitsphilosophie vor Augen zu führen.
Wenn ich zu denjenigen sprechen müsste, die an der Bedeutung von ODA
zweifeln, würde ich Ihnen das gerade Gesagte vor Augen führen. Die Regierung
verfolgt im Bereich ODA einen breit gefassten und langfristigen Ansatz, der
ein wichtiges Mittel für die Verbreitung japanischer Werte darstellt.
Ich denke, dass Sie nun verstehen, warum Japan dem Verleihen von Geld in
Form von Yen-Darlehen einen so hohen Stellenwert beimisst. Wir sind der
Überzeugung, dass der Wert der Hilfe zu einem bloßen Almosen herabsänke,
wenn die Menschen vor Ort nicht den Willen haben, ihr Land durch ihre
eigenen Anstrengungen zu entwickeln. Aus diesem Grund gewährt Japan Darlehen
und nicht einfach nur zinslose und rückzahlungsfreie Zuschüsse.
Natürlich ist eine sorgfältige Prüfung notwendig, da das Geld der
japanischen Steuerzahler für diese Projekte verwendet wird. Ab dem
Haushaltsjahr 2006 wird die Regierung die Bewertung der ODA durch Dritte
weiter ausbauen. Auch begrüßen wir nachdrücklich die Einschätzungen unserer
Hilfen anlässlich der Flutkatastrophe im Indischen Ozean durch NGOs.
Im Bereich der ODA ist in letzter Zeit der Trend zu erkennen, über neue
Ziele und Bedeutungen zu sprechen. Kurz gesagt: Maßnahmen, die im Rahmen der
ODA nur deswegen durchgeführt wurden, weil der Empfänger arm ist, gehören
der Vergangenheit an. Auch wenn sie ganz ähnlich erscheinen, unterscheiden
sich Maßnahmen im sozialen Bereich innerhalb Japans, z.B. Hilfe zum
Lebensunterhalt und Kinderzuschüsse, oder Maßnahmen zur Umverteilung von
Einkommen zusehends von der ODA, die im Ausland zum Einsatz kommt.
Wenn z.B. ODA für ein Wohlfahrtsprojekt gewährt wird, gibt es eigentlich
keinen Grund, warum ein Land allein hierfür ODA gewähren sollte. Das
bedeutet, es wäre eigentlich am besten, einen
Mechanismus zu schaffen, mit dem die Industriestaaten ihre ODA einer
Organisation wie z.B. der Weltbank zur Verfügung stellen, die das Geld dann
auf der Grundlage bestimmter Kriterien an die Entwicklungsländer verteilt.
Allerdings strebt niemand auf der Welt ein solches System an.
Es bestehen natürlich Vorteile, wenn man seine Hilfe über internationale
Organisationen gewährt. Jedoch denke ich, dass, wenn Staaten anderen Staaten
Hilfe gewähren, wir die wesentliche Tatsache nicht vergessen sollten, dass
wir dadurch letztendlich ODA auch zu unserem eigenen Wohl gewähren.
Mit anderen Worten: Ich behaupte, ODA sollte als „politische Maßnahme
verstanden werden, die darauf abzielt, ein
internationales Umfeld zu gestalten, das dem eigenen Land zum Vorteil
gereicht und das zur Bildung einer besseren internationalen Gemeinschaft
führt.“
Es ist wahrscheinlich schwierig, diese Dinge nur abstrakt zu diskutieren.
Ich kehre deshalb zu den Beispielen Indien und Pakistan zurück, die ich im
Rahmen der selben Reise besucht habe.
Hält der gegenwärtige Trend an, dann dürfte Indien das dritte Jahr in Folge
der wichtigste Empfänger von Yen-Darlehen werden. Pakistan erlebte eine
schwere Erdbebenkatastrophe, so dass entschieden wurde, ihm ca. 200 Mio.
US-Dollar an Hilfsmitteln aus Japan zu gewähren.
Indiens Einfluss innerhalb der internationalen Gemeinschaft nimmt aufgrund
seines bemerkenswerten Wirtschaftswachstums in den letzten Jahren weiter zu.
Indien, mit einer Bevölkerung von einer Milliarde Menschen die größte
Demokratie der Welt, und Japan koordinieren bei einer ganzen Reihe wichtiger
Fragen ihre Anstrengungen. Dazu zählen etwa die Reform der Vereinten
Nationen und die Bildung einer künftigen Ostasiatischen Gemeinschaft. Es ist
für Japan, das mit Indien eine strategische Gemengelage teilt, und für die
Staatengemeinschaft einschließlich China wünschenswert, dass Indien seinen
Einfluss als stabilisierender Faktor innerhalb Asiens ausbaut.
Dies ist genau der Grund, warum Japan versucht, die gegenseitigen
Beziehungen zu Indien mit Hilfe von ODA auszubauen.
Auf der anderen Seite ist Pakistan ein Frontstaat im Kampf gegen den
internationalen Terrorismus. Seit dem Altertum ist das Land eine strategisch
wichtige Landverbindung, die - worüber sich viele Menschen nicht im Klaren
sind - über Landgrenzen mit Iran verfügt.
Indem man diesem Land hilft, seine Infrastruktur aufzubauen, leistet man
zugleich einen Beitrag für mehr Stabilität in Afghanistan und Zentralasien
und hilft zugleich, die Verkehrsrouten in der angrenzenden Region zu sichern.
Als führende Handelsnation Asiens wäre auch Japan davon betroffen, wenn
Pakistan nicht als stabilisierender Faktor wirken könnte. Auch hier wird
deutlich, dass die Hilfe für Pakistan mit den Interessen Japans im Einklang
steht.
Angesichts dessen wurde mir während meines Besuchs in Indien und Pakistan
klar, dass Japans ODA für diese Länder in Zukunft noch wichtiger werden wird.
Mit anderen Worten: Japan sollte seine ODA künftig vor allem dazu nutzen,
die Beziehungen zu den Staaten zu stärken und auszuweiten, welche die
gleichen Interessen und Ziele haben wie wir. Anders gesagt, das Ziel besteht
darin, eine Art von Koalition der Maßnahmen zu gestalten bzw. zur Stabilität
anderer Staaten beizutragen, auf denen Japans Wohlstand beruht.
Japan hat sich als einer der ersten Staaten weltweit bei der Anwendung
militärischer Gewalt strikte Beschränkungen auferlegt. Aus diesem Grund ist
ODA als politisches Mittel für Japan von weit größerer Bedeutung als für
andere Staaten.
Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass die ODA, die ich gerade genannt
habe, sowohl Beispiele einschließt, bei denen es sofort sichtbare Resultate
gibt, als auch Beispiele, bei denen die Resultate nicht unmittelbar zu
erkennen sind.
Um zu den von den Vereinten Nationen aufgestellten Entwicklungszielen
beizutragen, setzt Japan seine Anstrengungen fort, 0,7 % seines
Bruttoinlandprodukts (BIP) für ODA aufzuwenden. Wir beabsichtigen, den
Umfang unserer ODA in den nächsten fünf Jahren um 10 Mrd. US-Dollar
auszuweiten. Warum tun wir das? Auf der Grundlage welcher Ideen gehen wir
dabei vor? Ich habe versucht, Ihnen darauf eine Antwort zu geben, so gut ich
es vermochte.
Wie ich zu Beginn ausgeführt habe, würde ich es begrüßen, wenn angesichts
der in hohem Maße strategischen Natur von ODA Zusammenkünfte unter der
Führung des Ministerpräsidenten stattfinden könnten, um dort von einer
weiter gefassten Perspektive aus zu diskutieren, wie ODA für die Lösung der
für Japan wichtigsten internationalen Fragen eingesetzt werden kann. ODA
stellt ein außenpolitisches Werkzeug dar; daher sollte der Außenminister bei
der Koordinierung der Entwicklungshilfepolitik die führende Position
innehaben. Der Ministerpräsident und einige andere Kabinettsmitglieder
sollten ebenfalls direkt darüber diskutieren, wie ODA auf einer breiteren
Grundlage verwendet werden soll. Das ist eine andere Vorgehensweise, als
die, Beratungen in Form des Austausches von Schriftstücken zwischen Beamten
zu führen. Ich würde bei diesen Zusammenkünften sehr hart arbeiten. Und je
nach den Umständen würde ich gern auch Experten aus den Bereichen
finanzielle und technische Zusammenarbeit sowie führende Persönlichkeiten
aus dem privaten Sektor dazu einladen.
Wenn es um die konkrete Planung von bestimmten Maßnahmen geht, verfügt das
Außenministerium über ein Netzwerk und einen Pool von Wissen und Erfahrung,
die es seit dem Ende des Krieges gewissenhaft aufgebaut hat. Es wäre eine
Verschwendung, diese Ressourcen nicht zu nutzen. Es wäre nicht nur eine
exzessive Verschwendung von Ressourcen, sondern würde auch zu einander
überlappenden Investitionen führen. In einer Zeit, in der nach einer
schlanken Regierung gerufen wird, wäre dies höchst unangemessen.
Im Außenministerium arbeiten z.B. regionale Experten, die neben anderen
Sprachen auch Hindi oder Urdu, die Landessprache Pakistans, sprechen. Das
Ministerium verfügt über ein Netzwerk mit Hunderten von diplomatischen
Missionen weltweit. Diese arbeiten vor Ort mit Experten aus Organisationen
zusammen, welche die Hilfe umsetzen, und gewinnen so im Bereich der
wirtschaftlichen Zusammenarbeit an Erfahrung. Gleichzeitig sind sie so
ausgebildet, dass sie auch die Interessen Japans stets im Hinterkopf
behalten. Ich behaupte nicht, dass ihre Fähigkeiten ausreichend sind, aber
die Idee, von Grund auf ein neues Netzwerk humaner Ressourcen zu schaffen,
um sie abzulösen, ist einfach zu entmutigend.
Selbstverständlich stellt die ganze Angelegenheit eine schwierige
Herausforderung dar, weil ODA stets auch der Versuch ist, die
wirtschaftliche Entwicklung eines Landes von außen her zu unterstützen. Bis
heute wurden immer wieder neue Mittel und Wege eingeführt, um die Art und
Weise, wie Unterstützung gewährt wird, substantiell zu verbessern. Ich werde
mich dafür einsetzen, die ODA künftig weiter zu verbessern, indem ich
Konsultationen mit Gelehrten, Vertretern aus der Wirtschaft, Mitarbeitern
von NGOs und anderen Fachleuten führen werde.
Zum Schluss möchte ich noch einmal an den Ort zurückkehren, an dem die Hilfe
konkret umgesetzt wird.
Etwa 1987 rief ich als Leiter der Abteilung für Jugend der
Liberaldemokratischen Partei die Mitglieder der Jugendorganisationen in den
einzelnen Präfekturen dazu auf, ein Jahr im Ausland zu verbringen. Diese
Aufenthalte wurden sogar mehrmals durchgeführt. Allerdings waren sie auf
Länder beschränkt, in denen freiwillige junge Entwicklungshelfer aus Japan (JOCVs)
tätig waren. Es waren also keine Aufenthalte für jemanden, der in einem
Hotel mit fließend heißem Wasser leben möchte.
Als ich selbst einmal eine Reise dorthin unternahm, sah ich, wie unermüdlich
diese jungen Freiwilligen arbeiteten. Dabei sahen sie so glücklich aus, dass
ich entgegen meiner Erwartung überrascht war. Ich habe diese dynamischen
jungen Leute stets bewundert. Ich fühlte, dass ich viele dieser wunderbaren
Japaner sah, die Mühen nicht als Mühen ansahen, sondern für die Arbeit eine
Tugend darstellt.
Was, glauben Sie, war der größte Wunsch, den diese jungen Leute mir
gegenüber äußerten? Die Antwort ist: Mangas - japanische Comics. Für mich
war das eine willkommene Bitte. Ich bin selbst ein großer Manga-Fan, deshalb
konnte ich diesen Wunsch leicht erfüllen. Ich gab ihnen einfach die Comic-Bände,
die ich für die Reise eingepackt hatte, um sie selbst zu lesen. Diese Mangas
waren der Hit unter den jungen Freiwilligen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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