Vom 8. bis 12. März 2006 fand wie jedes Jahr in Berlin die
Internationale Tourismus-Börse (ITB) statt. Die ITB ist die größte
Tourismusmesse der Welt, in deren Rahmen sich natürlich auch Japan
präsentiert. Der Japanstand, der dieses Jahr dem Thema „Esskultur und
traditionelle Kultur Japans“ widmete, war einem traditionellen japanischen
Haus mit shoji (Schiebewänden) und tatami (Matten aus Reisstroh)
nachempfunden und mit Bambus, einer Samurai-Rüstung sowie Sakefässern
dekoriert. Über einer mit weißen Kieselsteinen ausgelegten Fläche ragte ein
großer roter Papierschirm. Die so geschaffene Atmosphäre erinnerte an einen
japanischen Garten. Diese Installation erfreute sich bei den deutschen
Messebesuchern als Fotomotiv großer Beliebtheit. Die Mitarbeiter des Standes,
die die Besucher begrüßten, trugen happi, bunte Jacken, wie sie bei Festen
in Japan üblich sind.
2005 besuchten bis einschließlich Ende November mehr als 110.000 Deutsche
Japan. Auch wenn diese Zahl an die Zahl der Japaner, die jedes Jahr
Deutschland einen Besuch abstatten, noch lange nicht heranreicht, nimmt sie
doch mit jedem Jahr zu. Die ITB bot daher eine sehr gute Gelegenheit, noch
mehr Menschen in Deutschland die unbekannten Reize Japans im Bereich
Tourismus zu zeigen. Die Zahl der Besucher, die unaufhörlich an den Stand
drängten, um sich zu informieren, wurde auf 6000 geschätzt.
Neben den allgemeinen Besuchern kamen auch zahlreiche Fachbesucher von
Tourismusunternehmen aus Deutschland und anderen europäischen Ländern, um
u.a. Gespräche mit Vertretern der Japan National Tourist Organization (JNTO),
japanischen Reiseunternehmen, Hotels sowie Verkehrsunternehmen zu führen.
Die japanischen Reiseagenturen haben, um Reisende aus Deutschland, die dem
Urlaub einen hohen Stellenwert beimessen, zufrieden zu stellen,
abwechslungsreiche und einzigartige Programme vorbereitet. Neben
Standardprogrammen für Stadtbesichtigungen gibt es z.B. ein Programm, bei
dem man die seit alters her berühmte Tokaido, den Hauptverkehrsweg zwischen
West- und Ostjapan, in mehreren Tagestouren mit dem Fahrrad abfahren und
dabei die Sehenswürdigkeiten entlang der Reiseroute von Tokyo bis Kyoto
erleben kann. Darüber hinaus gibt es u.a. auch ein besonderes Programm für
Fans von anime (japanischen Zeichentrickfilmen). All dies soll dazu
beitragen, die vielfältigen Wünsche der Japanbesucher zu befriedigen.

Auf der ITB fanden im Rahmen der Visit Japan Campaign auch Veranstaltungen
zur Präsentation der Kultur Japans statt. So gab es u.a. Kostproben von sake
( japanischem Reiswein), Vorführungen in Kalligraphie, Tee-Zeremonien sowie
Aufführungen traditioneller japanischer Tänze mit einer maiko, die jeden Tag
zahlreiche Schaulustige anlockten.
Bei den Kostproben von sake wurden die Zutaten, das Herstellungsverfahren
sowie die besondere Trinkweise erläutert. Anschließend wurden zwei
verschieden e Sorten von sake angeboten. Eine deutsche Besucherin, die hier
erstmals sake trank, hatte wegen der Farblosigkeit und Transparenz von
Reiswein zunächst vermutet, dass er ähnlich wie Grappa oder Wodka ein sehr
starkes alkoholisches Getränk sei. Sie war dann angenehm überrascht, wie
mild und angenehm sake tatsächlich schmeckt. Auf der ITB wurde der sake in
masu - Becher aus frischem Holz - gefüllt, die an die Besucher als
Geschenke verteilt wurden. Die masu sind etwa handtellergroße viereckige
Gefäße aus Holz. Eine Besucherin, die zum ersten Mal sake aus einem masu
trank, schien anfangs nicht zu wissen, wie man aus einem viereckigen Gefäß
trinkt und drehte es in der Hand hin und her. Dann erkannte sie aber schnell
den Kniff und trank von einer Ecke aus den sake. Das seltene Erlebnis, sake
aus diesem traditionellen Gefäß zu trinken, wurde noch verstärkt durch den
angenehmen Duft des frischen Holzes, der sich mit dem des sake vermischte.
Die viereckigen masu sind eigentlich Maßgefäße. Japanischer Reiswein wird in
gô, shô und to gemessen (100 gô = 10 shô = 1 to; ein gô entspricht 0,18 l)).
Diese Maßeinheiten werden noch heute verwendet und mit einem masu gemessen.
Es kann durchaus nützlich sein, sich diese Maße zu merken. Bestellt man
beispielsweise in einer japanischen Kneipe ein gô warmen sake, so bekommt
man ein tokkuri (eine kleines Sakefläschchen mit einem dünnen Hals) serviert.
Allgemein kauft man sake in Japan in großen Flaschen mit einem Inhalt von
einem shô (ein shô sind zehn gô = 1,8 l). Behält man beim Trinken von sake
den Überblick über die verschiedenen Maßeinheiten, ist womöglich die Gefahr
nicht so groß, zuviel zu trinken.
Bei der diesjährigen ITB trat zudem eine maiko aus Kyoto namens Masayo auf.
Sie präsentierte den Besuchern in ihrem farbenprächtigen kimono
traditionelle Tänze und erläuterte ihre Tätigkeit sowie Kleidung. Zahlreiche
Besucher baten sie, mit ihnen für Erinnerungsfotos zu posieren. Maiko werden
junge Frauen im Alter zwischen 15 und 20 Jahren genannt, die eine Ausbildung
zur geiko absolvieren. Maiko und
geiko bewahren mit ihrer künstlerischen Darbietung einen Bestandteil der
traditionellen Kultur Japans. Der Name geiko stammt aus dem Westen Japans, der
Kansai-Region um Kyoto, während die Bezeichnung in der
Region Kanto in Ostjapan geisha lautet. In der Kansai-Region lautet die Bezeichnung
geiko. Masayo geht einmal in der Woche zu einem traditionellen Friseur, der
ihre traditionelle Frisur herrichtet. Damit die Frisur beim Schlafen nicht
in Unordnung gerät, benützt sie ein besonderes Kopfkissen aus Holz, an das
der Kopf nur angelehnt wird. Dieses besondere Kopfkissen hat sie auch in
Deutschland verwendet. Eine maiko unterscheidet sich sowohl durch ihre
Kleidung als auch durch ihre Frisur von einer geiko. Während eine geiko eine
Perücke trägt, lässt sich eine maiko ihr eigenes Haar zu einer
traditionellen japanischen Frisur richten. Masayo hat nach dem Abschluss der
Mittelschule mit 15 ihr Zuhause verlassen und in Kyoto eine Ausbildung als
maiko begonnen. Ihre erste Aufgabe bestand darin, den Dialekt von Kyoto zu
erlernen, denn alle maiko müssen unabhängig von ihrer Heimatregion in der
Sprache der alten Hauptstadt Japans sprechen. Die anstrengende Ausbildung,
die nur von den freien Sonntagen unterbrochen wird, beinhaltet neben dem
korrekten Betreten eines zashiki, des traditionellen japanischen
Gästezimmers, in dem maiko auftreten, Unterricht in Teezeremonie, Tanz sowie
in korrektem Benehmen und Etikette. Sich die Haare zu färben oder
Löcher für Ohrringe
zu tragen, ist nicht gestattet und auch bei der Mode gibt es Einschränkungen.
Auch wenn viele junge Frauen sich wegen der farbenprächtigen Erscheinung
dazu entschließen, eine maiko zu werden, hören doch viele wegen der strengen
Ausbildung nach einem halben Jahr wieder auf. Masayo wollte bereits in der
Grundschule maiko werden und hat deshalb gleich nach dem Abschluss der
Mittelschule diesen Weg eingeschlagen. Dass sie trotz der harten Ausbildung
nicht aufgab, lag nach ihren eigenen Worten auch daran, dass sie von klein
auf Tanzen liebte und ihr gerade der Tanzunterricht am meisten Spaß macht.
Zahlreiche Besucher des japanischen Standes auf der ITB ließen sich von
ihrem Tanz bezaubern und nutzten die Gelegenheit für Fotos. Allerdings sind
es nicht nur ihre Schönheit und die Eleganz ihres Tanzes, die eine maiko
ausmachen, sondern auch die Traditionen, ihre Lebensweise sowie die Art
ihrer Ausbildung. Seit einiger Zeit gibt es auch Reiseprogramme für
ausländische Touristen, die einen Besuch in einem zashiki beinhalten, wo man
einer echten maiko begegnen kann. Die Teilnahme an einem solchen Programm im
Rahmen einer Japanreise könnte durchaus ein beeindruckendes Erlebnis sein.
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