Botschaft von Japan
.Neues aus Japan Nr.17                                April 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Home
  Ostasiengipfel
  Convenience Stores
  ITB
  Nudelsuppen
  Japanisch lernen
  Filme aus Japan
Kalender des Monats

 

 

 

Die ASEAN+3 und der Ostasiengipfel

- Ein zweistufiger Ansatz für den Aufbau einer Gemeinschaft

  Beitrag von Hitoshi Tanaka, ehemaliger Stellvertretender Außenminister von Japan

 

 

 

 

 

Am 14. Dezember 2005, zwei Tage nach dem jährlich stattfindenden ASEAN+3-Gipfel, kamen die zehn Mitgliedsstaaten der ASEAN sowie Australien, China, Indien, Japan, Korea (Republik Korea) und Neuseeland zum historischen ersten Ostasiengipfel zusammen. Dieser Beitrag behandelt den Hintergrund dieser beiden Gipfeltreffen und analysiert den künftigen Weg für den Aufbau einer ostasiatischen Gemeinschaft.


Der Weg zum Ostasiengipfel
Die Idee für einen Ostasiengipfel entsprang der Kooperation im Rahmen der ASEAN+3. Das Gipfeltreffen der ASEAN+3 besteht seit 1997 als informelle Zusammenkunft zwischen den Führern der ASEAN, Chinas, Japans und Koreas. Seitdem hat es sich zu einem jährlichen Treffen entwickelt, das zeitgleich mit dem ASEAN-Gipfel stattfindet. Aus dem Rahmen der ASEAN+3 ist eine ganze Reihe von Initiativen zur regionalen Kooperation hervorgegangen. Die Mitgliedsstaaten haben verschiedene Dokumente erstellt, die den Schlüssel für den Aufbau einer regionalen Gemeinschaft bilden. Das wichtigste davon ist der Bericht von 2001 über eine Gruppe für eine Ostasiatische Vision mit dem Titel „In Richtung einer Ostasiatischen Gemeinschaft: eine Region des Friedens, Wohlstands und Fortschritts“, in dem die Gründung eines Ostasiengipfels empfohlen wurde.

Nachdem dieser Bericht veröffentlicht worden war, schlugen die Führer einiger ASEAN-Mitglieder vor, der Aufbau einer Gemeinschaft könne am besten im Rahmen der ASEAN+3 vor sich gehen, indem man den ASEAN+3-Gipfel einfach in einen Ostasiengipfel umwandle. Der Vorschlag sah vor, dass die dreizehn Mitglieder der ASEAN+3 sich beim Vorsitz des Gipfels jeweils abwechseln sollten. Jedoch widersprachen Führer anderer ASEAN-Staaten, da sie der Auffassung waren, dass ein erweitertes Forum die Stimmen der ASEAN-Staaten schwächen würde, die sehr viel schwächer seien als ihre nordostasiatischen Partner. Die ASEAN-Mitglieder entschieden schließlich, den ASEAN+3-Gipfel beizubehalten und getrennt davon einen Ostasiengipfel durchzuführen.

Japans Position in Bezug auf den Ostasiengipfel
Bei seinen Diskussionen mit der ASEAN betonte Japan die große Bedeutung der Entwicklung eines klaren Konzepts für einen Ostasiengipfel und schlug einen zweistufigen Ansatz vor, der sich auf den Stärken sowohl der ASEAN+3 als auch der Partner in der Region gründet. Da die ASEAN+3 ein wesentliches Element beim Aufbau einer ostasiatischen Gemeinschaft bilden, sind die japanischen Vertreter der Auffassung, dass ihre Integrität nicht allein um den Preis einer größeren Mitgliederzahl beeinträchtigt werden sollte. Stattdessen argumentierten sie, dass die ASEAN+3 den Kern beim Aufbau einer ostasiatischen Gemeinschaft bilden sollten - zusammen mit einem erweiterten regionalen Forum wie dem Ostasiengipfel, an dem sich Staaten wie Australien, Neuseeland und Indien beteiligen - und auf diese Weise ein einschließendes und ergänzendes Element der regionalen Integration bilden.

Es ist klar, dass die ostasiatischen Länder heute nicht über die Bedingungen verfügen, eine regionale Gemeinschaft ähnlich der Europäischen Union zu schaffen. Für Ostasien lautet die Kernfrage daher nicht, wie die Mitgliedschaft der Gemeinschaft zu definieren ist, sondern vielmehr, wie ein angemessenes Forum geschaffen werden kann, das die funktionale Kooperation in der Region fördert. Dieses Forum sollte im Idealfall die politische und wirtschaftliche Reife der ostasiatischen Länder fördern, während es zugleich den Blick auf den Ausbau der regionalen Integrität als Bestandteil des Prozesses zur Gestaltung einer Gemeinschaft richtet.

Die Regierung von Japan hält es für logisch, engere Verbindungen nicht nur unter den Ländern der ASEAN+3 zu knüpfen, sondern auch mit anderen Ländern in der Region, die bei der Förderung der funktionalen Kooperation eine positive Rolle spielen können. Darüber hinaus bedeutet Japans Glaube an allgemeingültige Werte wie Menschenrechte und repräsentative Demokratie, dass es ein großes Interesse daran hat, engere Beziehungen zu anderen Ländern in der Region zu gestalten, die die gleichen Werte teilen.

Das Wesen des Aufbaus einer Gemeinschaft
Die ASEAN hat - Japans Vorschlägen Rechnung tragend - drei Kriterien für eine Teilnahme am Ostasiengipfel entwickelt. Erstens müssen die Teilnehmerstaaten den ASEAN-Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit (TAC) unterzeichnen. Zweitens müssen sie formeller Dialogpartner der ASEAN sein. Und drittens müssen sie substantielle kooperative Beziehungen zur ASEAN unterhalten. Australien, Indien und Neuseeland erfüllen diese Kriterien und nehmen als vollberechtigte Teilnehmer am Gipfel teil.

Es besteht immer die Gefahr, dass der Aufbau einer exklusiven Gemeinschaft, die wichtige Partner ausschließt, zur Bildung einer „Festung Asien“ führt. Japan und andere Länder wie Indonesien und Singapur glauben, dass ein offenerer Regionalismus, der die funktionale Kooperation fördert, den Interessen Ostasiens am besten gerecht wird. Der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi hat 2002 in einer Rede in Singapur die Notwendigkeit für einen offenen und transparenten Ansatz in Richtung einer regionalen Kooperation zum Ausdruck gebracht. Gleichzeitig befürworten die japanischen Vertreter eingedenk der kolonialen Geschichte der ASEAN-Mitglieder sowie ihrer berechtigten Sorgen vor einer regionalen Hegemonie, dass die ASEAN quasi als Eigentümer des Ostasiengipfels sowie als Gastgeber fungiert.

Diese Schlüsselelemente finden sich auch in den Erklärungen wieder, die nach den beiden Gipfeltreffen herausgegeben wurden. Die Erklärung des ASEAN+3-Gipfes führt aus, dass „der ASEAN+3-Prozess weiterhin das Hauptinstrument [für die Realisierung einer ostasiatischen Gemeinschaft] mit der ASEAN als treibender Kraft und unter aktiver Teilnahme der ASEAN+3-Staaten zur Förderung des Gefühls eines gemeinsamen Besitzes bildet.“ Die Erklärung von Kuala Lumpur des Ostasiengipfels bekräftigt, dass dieses neue Forum „... eine wichtige Rolle beim Aufbau einer [regionalen] Gemeinschaft spielen könnte ...“ Sie fährt fort: „... der Ostasiengipfel wird ein offenes, miteinschließendes, transparentes und den Blick nach außen richtendes Forum sein, innerhalb dessen wir danach streben, globale Normen und allgemein anerkannte Werte mit der ASEAN als treibender Kraft zu stärken und in Partnerschaft mit den anderen Teilnehmern des Ostasiengipfels zusammenzuarbeiten.“

Der Weg nach vorne
Auch wenn die Erklärung von Kuala Lumpur nicht von einer deutlichen Sprache gekennzeichnet war, wird der Ostasiengipfel nun jährlich stattfinden . Die zweite Zusammenkunft ist 2006 auf den Philippinen geplant. Während Ostasien den Blick nach vorn richtet, muss es gemeinsam über die Art und Weise der funktionalen Kooperation nachdenken, die dabei helfen kann, eine stärkere und noch miteinschließendere regionale Gemeinschaft zu errichten. In diesem Zusammenhang erklärten die Staaten der ASEAN+3 im Dezember, dass sie eine weitere gemeinsame Erklärung über die Kooperation in Ostasien für 2007 vorbereiten sollten, dem zehnten Jahrestag der Gründung des ASEAN+3-Prozesses. Es ist zu hoffen, dass diese Erklärung als Roadmap für den Aufbau einer regionalen Gemeinschaft dienen wird.

Zum jetzigen Zeitpunkt existiert eine funktionale Kooperation in der Region nur eingeschränkt. Die Gemeinsame Erklärung von 2007 sollte daher einen Entwurf für die genaue Art und Weise des Ausbaus der Zusammenarbeit vorlegen. Beispielsweise könnte die Erklärung bestehende und vorgesehene bilaterale Freihandelsabkommen in einem multilateralen Kontext ausweiten. Sie böte eine Gelegenheit, Methoden zu erstellen für eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit in Bereichen wie intraregionale Investitionen, finanzielle und wirtschaftliche Kooperation, Energie und Umwelt sowie grenzüberschreitender Transfer von Arbeit. Die Erklärung könnte die enorme wirtschaftliche Disparität sowie die Vielfalt der Regierungsstandards innerhalb der verschiedenen Länder Ostasiens ansprechen. Sie könnte eine regionale Kooperation im Bereich Sicherheit durch gemeinsame Projekte anstoßen, die sich mit Piratentum, Terrorismus und nuklearer Weiterverbreitung befassen. Zudem könnte sie sich auch mit Bedrohungen im Bereich Human Security befassen, wie z.B. übertragbare Infektionskrankheiten und Naturkatastrophen.

Der zweistufige Ansatz für den Aufbau einer Gemeinschaft - mit dem ASEAN+3-Gipfel als Kern und dem Ostasiengipfel in der Rolle des Unterstützers - scheint im Prinzip von den Teilnehmern der beiden Gipfeltreffen akzeptiert worden zu sein. Allerdings könnten noch auftauchende Fragen in Bezug auf die Mitgliedschaft beim Ostasiengipfel die künftigen Anstrengungen für den Aufbau einer Gemeinschaft verkomplizieren.

So hat beispielsweise die Russische Föderation, die an der Eröffnung des Dezember-Gipfels teilnahm, darum gebeten, als Vollmitglied zum Forum zugelassen zu werden. Gegenwärtig erfüllt Russland zwei der drei Kriterien für eine Teilnahme: es hat den TAC unterzeichnet und ist formeller Dialogpartner der ASEAN. Die Zulassung Russlands als Vollmitglied könnte allerdings den Schwerpunkt des Gipfels von einem regionalen Forum in Richtung eines internationalen Forums verschieben. Würde Russland eine Teilnahme erlaubt, wäre es naheliegend, andere Partner, die noch substantiellere Beziehungen zu Ostasien unterhalten - wie etwa die Vereinigten Staaten - ebenfalls als Vollmitglieder einzuladen. Diese Frage sollte von allen betroffenen Ländern sorgfältig geprüft werden, da sie das Potential hat, nicht nur das Wesen des Gipfels zu verändern, sondern auch die künftige Orientierung des Aufbauprozesses für eine ostasiatische Gemeinschaft insgesamt.

(Dieser Beitrag erschien erstmals in East Asia Insights, Nr. 1, Januar 2006. Er wurde für Neues aus Japan aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.)

Zum Autor: Hitoshi Tanaka war bis August 2005 stellvertretender Außenminister von Japan. Gegenwärtig ist er als Senior Fellow am Japan Center for International Exchange tätig.

 

Druckversion

5 1 Home | Kalender des Monats

Ostasiengipfel | Convenience Stores | ITB

5 6 Nudelsuppen  | Japanisch lernen | Filme aus Japan