Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.20                                  Juli 2006

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Junichiro Koizumi:
10
Gründe, warum die Menschen in Japan Fußball lieben

 

Dieser Artikel von Ministerpräsident Junichiro Koizumi erschien am 6. Juni 2006 in "DIE WELT".

 

 

 

 

 

Fußball ist eine der Sportarten, die ich besonders liebe. An Sonntagen sieht man in den Parks in Japan viele Kinder, die mit großer Begeisterung Fußball spielen, zahlreiche Menschen sehen sich die Spiele der J-League an. Warum die Menschen in Japan Fußball so lieben? Die Gründe dafür aufzählen ist nicht einfach, aber aus Sicht der Fußball-Fans sind die folgenden denkbar.
 

1. Die Fußballweltmeisterschaft
Die Fußballweltmeisterschaft ist das größte Sportereignis der Welt. Ein einziger Ball überwindet ethnische, kulturelle und religiöse Unterschiede und verzaubert die Menschen weltweit. In Japan, das 1998 erstmals an der Fußball-WM teilnahm, hat die Zahl der Menschen, die sich auf die Fußball-WM freuen, sprunghaft zugenommen.
 

2. Die Fußball-WM 2002 in Japan/Südkorea
Die Fußball-WM fand früher stets in Europa oder Amerika statt. 2002 kam sie erstmals nach Asien. Dabei erreichte Südkorea als erste asiatische Mannschaft überhaupt das Halbfinale, auch Japan schaffte es in die Endrunde. Viele Japaner waren fasziniert davon, die besten Spieler der Welt live zu erleben, nicht wenige sind deshalb Fußballfans geworden. Die besten internationalen Mannschaften kamen damals nach Japan und in Kontakt mit den Menschen vor Ort. Dieser internationale Austausch ist in den einzelnen Regionen immer noch zu spüren.
 

3. Bundeskanzler Gerhard Schröder
Bei der Fußball-WM 2002 schaffte es die deutsche Mannschaft bis ins Finale. Unmittelbar nach dem G8-Gipfel von Kananaskis ist Bundeskanzler Schröder zu mir in das Flugzeug der japanischen Regierung umgestiegen, und wir haben uns das Endspiel in Tokio gemeinsam angesehen. An unsere Unterhaltung während des Fluges denke ich noch jetzt gern zurück.
 

4. Das „Drama von Doha“
Bei der Qualifikationsrunde zur Fußball-WM 1994 in den USA hätte Japan mit einem Sieg im letzten Spiel gegen Irak der Weg nach Amerika offen gestanden. Durch den Ausgleichstreffer der Iraker in der Nachspielzeit kam es nicht dazu. Ganz Japan war damals sehr enttäuscht, man hat diese Niederlage später das „Drama von Doha“ genannt. Gerade wegen dieser bitteren Niederlage wurden in den vier Jahren danach im japanischen Fußball außerordentliche Anstrengungen unternommen, die zur ersten WM-Teilnahme in Frankreich führten.
 

5. Das „Wunder von Berlin“
Angeblich kam der Fußball erstmals 1873 nach Japan, als ein englischer Marineausbilder diesen Sport japanischen Marinekadetten beibrachte. 1921 wurde der Vorläufer des heutigen Japanischen Fußballverbandes ins Leben gerufen. Bei den Olympischen Spielen von 1936 in Berlin gelang es der japanischen Mannschaft, die erstmals an einem internationalen Turnier teilnahm, den Favoriten Schweden zu besiegen. Dieser Sieg war früher als „Wunder von Berlin“ bekannt. Das internationale Debüt des japanischen Fußballs fand also in Deutschland statt.
 

6. Dettmar Cramer
Für die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele von 1964 in Tokio wurde Dettmar Cramer, der spätere Trainer von Bayern München, eingeladen, um den Fußball in Japan zu verbessern. Unter seiner Leitung gelang der japanischen Mannschaft bei den Olympischen Spielen in Tokio ein Sieg gegen die starken Argentinier. Dettmar Cramer wurde von den Spielern liebevoll „Cra-san“ genannt. Er wird noch heute als Vater der japanischen Fußballausbildung geliebt und verehrt. Um den japanischen Fußball weiterzuentwickeln, propagierte Cramer mit Nachdruck die Schaffung einer landesweiten Liga nach dem Vorbild der führenden Fußballregionen. Auf der Grundlage dieser Empfehlung nahm 1965 die Japanische Fußballiga den Spielbetrieb auf. Bei den Olympischen Spielen von 1968 in Mexiko schlug Japan den Gastgeber Mexiko und gewann die Bronzemedaille.
 

7. Die japanischen Profi-Spieler
Der erste japanische Fußballspieler, der den Aufstieg zum Profi schaffte, war Yasuhiko Okudera. Von seinem Heimatverein Kogawa Denko wechselte er 1977 als Profi zum Bundesligisten 1. FC Köln. Er spielte bis 1985 für verschiedene Klubs in der Bundesliga. Heute spielen zahlreiche japanische Spieler in führenden europäischen Vereinen u.a. in England, Schottland, Frankreich sowie den Niederlanden. Dadurch nimmt auch in Japan die Zahl der Fußballfans zu, die die japanischen Spieler in den europäischen Klubs unterstützen. Das wiederum führt dazu, daß der internationale Fußball hier immer mehr Beachtung findet. In der Bundesliga spielt derzeit Naoyasu Takahara beim Hamburger SV.
 

8. Die J-League
Nach dem Gewinn der Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen in Mexiko durchlief der japanische Fußball eine Phase der Stagnation, während der keine Teilnahme an internationalen Turnieren wie der Fußball-WM gelang. Um den Fußball neu zu beleben, war eine professionelle Liga unerläßlich, so daß schließlich 1993 die „J-League“ gegründet wurde. Als Ideal schwebte der J-League die Sportkultur in Deutschland vor – verschiedene Klubs im ganzen Land, die über Stadien mit natürlichem Rasen und großzügige Vereinshäuser verfügen. Diese Einrichtungen sollten auch den Heimatkommunen offen stehen, so daß die Spieler in der Heimatregion verwurzelt sind und nicht nur Fußball, sondern Sport insgesamt Spaß macht. Seit ihrer Gründung haben bekannte europäische Spieler in der J-League gespielt. z. B. kamen Pierre Littbarski und Guido Buchwald nach Japan, um die japanischen Fans mit ihrem schönen Spiel zu begeistern. Guido Buchwald ist noch heute in Japan als Trainer der Urawa Red Diamonds aktiv und leistet seinen Beitrag zur Entwicklung des Fußballs.
 

9. Freiheit
Fußball wird in etwa zweihundert Ländern und Regionen gespielt. Weltweit soll es 240 Mio. registrierte Fußballspieler geben, und die Menschen, die sich am Fußball begeistern, sind kaum zu zählen. Zwar gibt es im Fußball stets die Vorstellungen der Trainer und eine grundlegende Strategie, aber im Spiel selbst können die Spieler eigene Ideen verfolgen und das Spiel entscheidend mitgestalten. Verwechselt man aber Freiheit mit Eigensinn, dann hört eine Mannschaft auf zu funktionieren. Aus dem freien Spiel, das die elf Spieler einer Mannschaft zusammen mit dem Gegner ohne Unterbrechung gestalten, entwickelt sich die Eigenart des Teams, die auch ein Spiegel der Gesellschaft und Kultur des jeweiligen Landes oder der Region darstellt. Ich denke, gerade dies ist es, was viele Menschen auf der ganzen Welt am Fußball fasziniert.
 

10. Traum
Dieses Jahr fanden erstmals die Baseball Classics statt, um die beste Baseballnation der Welt zu bestimmen. Es war Japan, das den ersten Titel eines Weltmeisters im Baseball errang. Viele Menschen in Japan träumen von dem Tag, an dem Japan auch beim weltweit größten Sportereignis, der Fußballweltmeisterschaft, den Titel gewinnt. Zur Vorbereitung auf die bevorstehende Fußball-WM hat ein Freundschaftsspiel zwischen Japan und Deutschland stattgefunden; jedoch hoffe ich, daß beide Mannschaften später noch einmal gegeneinander antreten – und zwar im Finale der Fußball-WM.

 

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