Nun habe ich mich ja bereits in meinen vorangegangenen
Rezensionen zu Miyazakis Anime „Prinzessin Mononoke“, „Chihiros Reise ins
Zauberland“ und „Das wandelnde Schloss“ als Liebhaberin der bildgewaltigen
Werke des Meisters geoutet. Wer somit hier eine erneute Laudatio erwartet,
der liegt auch dieses Mal nicht falsch.
„Das Schloss im Himmel“ ist der erste Film, den Miyazaki mit seinem
inzwischen weltberühmten Ghibli-Studio produzierte und somit bereits zwanzig
Jahre alt. Es ist sozusagen das Prequel der obengenannten Anime und deshalb
nimmt es nicht wunder, dass es uns in seiner bizarren Schönheit sehr wohl
vertraut vorkommt.
Die Vorliebe des japanischen Altmeisters, die Rettung der Welt in die zarten
Hände unschuldiger kleiner Mädchen zu legen, ist
weitreichend bekannt, und somit bietet der Plot keine Überraschung. Wohl
unterscheidet sich seine kleine Heldin Sheeta in ihrem Wesen doch erheblich
von den selbstbewussten und aktiven Mädchen Mononoke oder Chihiro seiner
späteren Werke. Sheeta ist nämlich still und duldsam und gerät eher
unfreiwillig
in die Tumulte, die die Jagd auf ihr Familienerbstück, einen magischen
Kristall, auslöst. Da dieser Kristall als Wegweiser zu dem sagenumwobenen
Schloss in den Wolken „Laputa“ seinem Besitzer Macht und Reichtum verheißt,
wird die ahnungslose Erbin nämlich sowohl von einer matriarchalisch
dominierten Räuberbande (die Bandenchefin erinnert trotz rosa Zöpfen sehr an
die böse Hexe in „Chihiros Reise“) als auch von gewaltbereiten
Regierungsbeamten und Soldaten verfolgt. Ohne das Ende vorweg nehmen zu
wollen – aber Sheeta etabliert sich im Verlaufe der Geschichte natürlich
doch noch als adäquate Heldin, beweist Standfestigkeit und Entschlusskraft
und findet in ihrem agilen Mitstreiter Pazu vielleicht sogar ihren Prinzen.
Die Welt rettet sie natürlich auch.
Miyazakis Botschaft ist traditionell von einem tiefen
Humanismus beseelt, der naiv erschiene, wäre er nicht immer noch so aktuell
wie eh und je: Macht korrumpiert und die Gier nach Geld und Reichtum macht
alles andere aus einem, nicht aber einen glücklichen Menschen. Miyazaki
lässt sich beim Überbringen dieser Botschaft von Jonathan Swifts „Gullivers
Reisen“ inspirieren, aus denen er das Traumschloss „Laputa“ als Vision einer
besseren Welt entlehnt, sowie von Jules Vernes futuristisch anmutenden Flug-
und Dampfmaschinen und macht damit seine nie verhohlene Affinität zu Europa
überdeutlich. Zur Gestaltung des Bergarbeiterstädtchens, in dem Pazu wohnt,
soll ihn eine Reise nach Wales angeregt haben.
„Das Schloss im Himmel“ ist somit erneut ein Paradies, bevölkert von
skurrilen Typen, skrupellosen Karrieristen, selbstlosen Helden, wunderbar
romantischen Robotern, allerlei originellen Fluggeräten und
angsteinflößendem Kriegsgerät. Mit derart unverwechselbarer Sorgfalt und
überbordendem Einfallsreichtum gezeichnet, dass es eine Wonne ist.

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