Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.20                                  Juli 2006

 

 

 

 

 

 

 

Filme aus Japan

Das Schloss im Himmel

 

(Japan 1986, 125 Minuten)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Nun habe ich mich ja bereits in meinen vorangegangenen Rezensionen zu Miyazakis Anime „Prinzessin Mononoke“, „Chihiros Reise ins Zauberland“ und „Das wandelnde Schloss“ als Liebhaberin der bildgewaltigen Werke des Meisters geoutet. Wer somit hier eine erneute Laudatio erwartet, der liegt auch dieses Mal nicht falsch.

„Das Schloss im Himmel“ ist der erste Film, den Miyazaki mit seinem inzwischen weltberühmten Ghibli-Studio produzierte und somit bereits zwanzig Jahre alt. Es ist sozusagen das Prequel der obengenannten Anime und deshalb nimmt es nicht wunder, dass es uns in seiner bizarren Schönheit sehr wohl vertraut vorkommt.

Die Vorliebe des japanischen Altmeisters, die Rettung der Welt in die zarten Hände unschuldiger kleiner Mädchen zu legen, ist weitreichend bekannt, und somit bietet der Plot keine Überraschung. Wohl unterscheidet sich seine kleine Heldin Sheeta in ihrem Wesen doch erheblich von den selbstbewussten und aktiven Mädchen Mononoke oder Chihiro seiner späteren Werke. Sheeta ist nämlich still und duldsam und gerät eher unfreiwillig in die Tumulte, die die Jagd auf ihr Familienerbstück, einen magischen Kristall, auslöst. Da dieser Kristall als Wegweiser zu dem sagenumwobenen Schloss in den Wolken „Laputa“ seinem Besitzer Macht und Reichtum verheißt, wird die ahnungslose Erbin nämlich sowohl von einer matriarchalisch dominierten Räuberbande (die Bandenchefin erinnert trotz rosa Zöpfen sehr an die böse Hexe in „Chihiros Reise“) als auch von gewaltbereiten Regierungsbeamten und Soldaten verfolgt. Ohne das Ende vorweg nehmen zu wollen – aber Sheeta etabliert sich im Verlaufe der Geschichte natürlich doch noch als adäquate Heldin, beweist Standfestigkeit und Entschlusskraft und findet in ihrem agilen Mitstreiter Pazu vielleicht sogar ihren Prinzen. Die Welt rettet sie natürlich auch.

Miyazakis Botschaft ist traditionell von einem tiefen Humanismus beseelt, der naiv erschiene, wäre er nicht immer noch so aktuell wie eh und je: Macht korrumpiert und die Gier nach Geld und Reichtum macht alles andere aus einem, nicht aber einen glücklichen Menschen. Miyazaki lässt sich beim Überbringen dieser Botschaft von Jonathan Swifts „Gullivers Reisen“ inspirieren, aus denen er das Traumschloss „Laputa“ als Vision einer besseren Welt entlehnt, sowie von Jules Vernes futuristisch anmutenden Flug- und Dampfmaschinen und macht damit seine nie verhohlene Affinität zu Europa überdeutlich. Zur Gestaltung des Bergarbeiterstädtchens, in dem Pazu wohnt, soll ihn eine Reise nach Wales angeregt haben.

„Das Schloss im Himmel“ ist somit erneut ein Paradies, bevölkert von skurrilen Typen, skrupellosen Karrieristen, selbstlosen Helden, wunderbar romantischen Robotern, allerlei originellen Fluggeräten und angsteinflößendem Kriegsgerät. Mit derart unverwechselbarer Sorgfalt und überbordendem Einfallsreichtum gezeichnet, dass es eine Wonne ist.
 

 

Fazit:

Ein Frühwerk des begnadeten Idealisten Miyazaki, der die Rettung der wunderbar gezeichneten Welt in die Hände eines wunderbar naiven Mädchens mit langen Zöpfen legt. Eine Mahnung an die Verantwortung des Menschen zur bewussten Nutzung des technischen Fortschritts: Die Roboter Laputas können als Kampfmaschinen oder aber auch des Minnesangs mächtige Naturschützer eingesetzt werden.

 
 
 

 
 

J.G. (Diese Rezension stellt eine individuelle Meinung dar und vertritt nicht die offizielle Haltung der Botschaft von Japan)    
 

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