Am
24. 11. 2006 fand im Japanischen Kulturinstitut Köln die siebte Verleihung
des „The Japan Foundation Übersetzerpreises“ statt. Dieser Übersetzerpreis
wurde anlässlich des „Japanjahres in Deutschland“ 1999 ins Leben gerufen und
wird an Übersetzer verliehen, deren Übersetzungen von Werken der Literatur
und der Wissenschaften aus dem Japanischen ins Deutsche sich durch eine
besonders hohe Qualität auszeichnen. Der diesjährige Preis ging an
Dr. Katja
Caßing für ihre Übersetzungen der Kriminalromane „Mord am See“ von Keigo
Higashino sowie „Der Hai von Shinjuku“ von Arimasa Ôsawa. Dr. Caßing
studierte Japanologie einschließlich mehrerer Studienaufenthalte in Tokyo.
Bei der Preisverleihung sprach sie über ihr großes Interesse für Mystery-
und sogenannte „Hard-boiled“-Romane und meinte: „Die Übersetzungsarbeit
selbst hat großen Spaß gemacht. Sollte ich wieder interessante Bücher
entdecken, möchte ich sie auch künftig gerne ins Deutsche übersetzen.“
Der Mystery-Krimi „Mord am See“ von Higashino Keigo wurde 2004 vom Regisseur
Aoyama Shinji als „The Lakeside Murder Case“ verfilmt. Die Hauptfigur ist
ein Vater, dessen Sohn für die Aufnahmeprüfung an einer Eliteschule lernt.
Zusammen mit seiner Frau, seinem Sohn und einer weiteren Familie nimmt er an
einem Ferienlager zur Vorbereitung auf die Prüfung teil. Dort wird nun die
Leiche der Geliebten des Vaters entdeckt. Da die Mutter gesteht, die
Geliebte umgebracht zu haben, beschließt der Vater mit den anderen
Teilnehmern des Ferienlagers, die Leiche im See zu versenken und so den Mord
zu vertuschen. In diesem Kriminalroman passiert der Mord gleich zu Beginn,
und das Rätsel besteht nun darin, dem wahren Mordmotiv auf die Spur zu
kommen. Zugleich behandelt er ein gesellschaftliches Phänomen, das in Japan
und anderen asiatischen Ländern zu beobachten ist: Nämlich dass ganze
Familien alles Mögliche unternehmen, um sicherzustellen, dass ihre Kinder
die Aufnahmeprüfung für eine renommierte Schule
bestehen.
In Osawa Arimasas „Der Hai von Shinjuku“ wiederum geht die Hauptfigur, ein
so genannter Karrierepolizist, ein großes Risiko ein, indem er allein den
Kampf mit dem Bösen in der heutigen japanischen Gesellschaft aufnimmt. In
Japan besteht bereits eine neunbändige Reihe von Krimis mit dem „Hai von
Shinjuku“. Auch diente sie als Vorlage für einen Kinofilm, eine TV-Serie
sowie für ein Manga, und die Reihe erfreut sich in Japan außerordentlich
großer Beliebtheit. Dass literarische Werke, die in Japan große
Aufmerksamkeit erfahren, hierzulande in deutscher Sprache vorgestellt werden,
ist auch unter dem Gesichtspunkt sehr erfreulich, dass damit die
heutige Kultur Japans aufgezeigt wird.
Prof. Koji Ueda, stellv. Generalsekretär des Japanisch-Deutschen Zentrums
Berlin und Mitglied der Preisjury, führte als Begründung für die diesjährige
Preisverleihung aus:
„Nicht nur profunde Kenntnisse des Ausgangstextes, nicht nur ein
bestimmtes Gespür für sprachliche Feinheiten, sondern auch eine besondere
Ausdrucksfähigkeit in der Zielsprache ist, besonders bei Übersetzungen
dieser Art von Texten, eine unabdingbare Voraussetzung. Die Übersetzungen
von Dr. Caßing haben in dieser Hinsicht alle Juroren überzeugt. Ihre
außerordentliche Sprachgewandtheit, ihr atemberaubender Wortschatz, nicht
nur im Bereich der Ballistik. Die Natürlichkeit der Milieuschilderung und
Dialoge, sei es das Gangstermilieu in Shinjuku-Kabukichoo oder die Welt der
freakigen Rockqueen Shoo – wie sie z.B. in dem Apartment ihres
Polizistenfreunds, des Hai von Shinjuku, für ihn kocht, oder wie der
Kommissar mit den ziemlich ausgeflippten Gästen des Transvestiten-Lokals
‚Agamemnon’ spricht, der tuntige Ton – das alles hat eine große
Anschaulichkeit, Geschmeidigkeit und Authentizität. Man sieht die Szenen
förmlich wie einen Film vor sich, man riecht und schmeckt, z.B. die
Schilderung von Kabukichoo. Mehr noch - die Übersetzerin hat ein
untrügliches Gespür für Rhythmus. Die Sätze sitzen, der Ton stimmt, die
vielen Register der Rede sind treffsicher angepeilt. Der Übersetzerin ist es
gelungen, einen mit Tempo und Witz geschriebenen Krimi in der deutschen
Fassung so natürlich klingen zu lassen, dass die Lektüre ein reines
Vergnügen ist.“
Es steht zu hoffen, dass auch künftig zahlreiche Werke der japanischen
Literatur durch hervorragende Übersetzungen, wie sie
Dr. Caßing unternommen
hat, dem Publikum in Deutschland vorgestellt werden.
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