Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.25                            Dezember 2006

 

 

Filme aus Japan

Yentown

(Japan 1996, 146 Minuten)

 

 

 


Am 17. November ist „Yentown“ auf DVD erschienen. Und obwohl der Streifen inzwischen zehn Jahre alt ist, hat die futuristische Gesellschaftskritik des jungen Regisseurs Shunji Iwai nichts von ihrer bitteren Aktualität verloren.

Die Szenerie mutet an, als wäre sie den klassischen „Mad Max“-Filmen entlehnt – Japan als Mikrokosmos einer verwahrlosten Gesellschaft, in der jeder sich selbst der nächste ist und Geld das einzige ist, was zählt. „Yentown“ – Bezeichnung eines Schrottplatzes, auf dem nicht nur ausgemusterte Schrottautos, Müll und kaputte Geräte enden, sondern auch eine Gruppe gestrandeter Menschen, die als mittellose Ausländer am Rande der Gesellschaft leben.

Hier beginnt und endet die Geschichte des schüchternen Mädchens Ageha (Ayumi Ito), die nach dem Tod ihrer Mutter von einer couragierten Prostituierten namens Glico (die bekannte japanische Sängerin Chara) unter ihre Fittiche genommen wird. Glico ist wie ihre Brüder aus Shanghai nach Japan gekommen, um hier ihr Glück zu suchen. Was sie finden, ist eine mysteriöse Kassette mit Frank Sinatras „My Way“, die ihnen unverhofft den Weg zum großen Geld und gesellschaftlichem Erfolg verhilft...

„Yentown“ ist ein poetischer und gleichzeitig erschreckend realistischer Film über die Sehnsüchte und Wünsche zweier Frauen, die wahrscheinlich kaum verschiedener sein können und die auf ihre Art versuchen, aus dem, was ihnen gegeben ist, das Beste zu machen. Glico sucht den Erfolg, den sie zumindest kurzzeitig auch findet, und Ageha, das Mädchen, das sich von einer Raupe zum Schmetterling entwickelt, sucht Solidarität und Menschlichkeit...

Sie wird damit nicht allzu viel Erfolg haben, da die Welt – auch außerhalb „Yentowns“ - von Geld und Machtstreben dominiert wird. Die Machenschaften brutaler Yakuza auf der Jagd nach der unheilvollen Kassette, glatter Geschäftsleute in ihrem skrupellosen Streben nach Geld und perspektivloser Straßenkids auf der Suche nach Anerkennung, zeichnen ein Gesellschaftsbild Japans, das einen Schaudern macht.

Regisseur Iwai schafft mit seiner Handkamera düstere und bedrückende Bilder. Wenn sich Ageha, während sie sich tätowieren lässt, ihrer Kindheit erinnert, findet der Film seine Schlüsselszene. Das von seiner Mutter, die einen Freier bedient, in der Toilette eingeschlossene Mädchen versucht, einen Schmetterling zu fangen, der sich in ihre triste Welt verirrt hat. Es gelingt ihr nicht und als der Schwalbenschwanz droht, durch einen Fensterspalt in die Freiheit zu entfliehen, tötet ihn das Kind. Der traurig herabschwebende abgetrennte Flügel scheint Synonym für die an der Realität zerbrochenen Träume.

 

 

Fazit:

Ein poetisches Gangsterepos um Geld, Liebe und Macht. Gesellschaftskritisch, bedrückend und von schwarzem Humor. Einer der interessantesten japanischen Filme der 90er Jahre, der jetzt auch auf DVD (OV mit deutschen Untertiteln) erhältlich ist.

 
 
 

 
 

J.G. (Diese Rezension stellt eine individuelle Meinung dar und vertritt nicht die offizielle Haltung der Botschaft von Japan)    

 

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