Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.29                                   April 2007

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Aufsatzwettbewerb:
Junge Europäer bereisen Japan

  Interview mit einer Gewinnerin des Aufsatzwettbewerbes über ihre Studienreise nach Japan im November 2006

 

 

 

 

 

NaJ: Frau Cadot-Knorr, Sie waren eingeladen zu einer 12-tägigen Studienreise vom Japanischen Außenministerium zusammen mit jungen Leuten aus ganz vielen anderen europäischen Nationen. Sie haben ja auch einen kleinen, fast poetischen Reisebericht direkt nach Ihrer Rückkehr geschrieben, der auf der Homepage der Botschaft veröffentlicht ist. Inzwischen sind vier Monate vergangen, was ist denn Ihr Eindruck im Nachhinein? Was ist am besten im Gedächtnis geblieben?

Ulrike Cadot-Knorr: Ich bin eigentlich immer noch sehr fasziniert und möchte noch mehr wissen über das Land, z.B. lese ich auch gerade japanische Literatur in Übersetzung.

Was mir sehr am Herzen liegt ist Hiroshima. Einerseits hat mich die Stadt selbst sehr bewegt, vielleicht weil sie wie meine Heimatstadt Dresden im Krieg sehr zerstört worden war.
Ein wichtiger Punkt für mich war aber auch der dortige 24-stündige Aufenthalt in einer Gastfamilie. Ich habe gerade ein Paket von ihnen bekommen und hoffe, dass der Kontakt auch weiterbestehen wird.

NaJ: Wie war denn das so ohne japanische Sprachkenntnisse?

Cadot-Knorr: Ich war in einer Familie mit einem 9-jährigen Mädchen und mit Kindern ist die Kommunikation sowieso leichter. Mayuki hat z.B. für mich Origami (Papierfalten) gebastelt. Maki, die Gastmutter, konnte aber auch Englisch. Es wird immer gesagt, dass die Japaner sehr viel Abstand halten, aber zwischen uns war sofort ein Kontakt da. Wir haben uns viel ausgetauscht über Deutschland und Japan, wir waren auf einem lokalen Herbstfestival und z.B. einfach in einem Supermarkt einkaufen.

Am nächsten Tag durfte ich sogar mit in die Schule gehen. Das war eine ganz spannende Erfahrung! Maki hatte mich angemeldet und für mich auch ein Paar Pantoffeln mitgebracht [Auch in den Schulen wechseln die Kinder am Eingang von den Straßenschuhen in Hausschuhe]. Ich habe in Mayukis Klasse ein bisschen was über Deutschland erzählt und dann gefragt, was bzw. wen sie aus Deutschland kennen. Alle kannten Oliver Kahn. Mich haben sie z.B. gefragt, was ich gern für Sport mache und dann habe ich erzählt, dass man in Deutschland viel Rad fährt und dass ich auch Yoga mache, und gleich wollten sie, dass ich etwas vorführe, na und dann haben wir alle zusammen eine Yoga-Übung gemacht!

Besonders geprägt hat mich aber auch der letzte Abend bei einem Trommelverein, der erst für uns ein Konzert gegeben und hinterher für uns gekocht hat, und mit denen wir dann noch zusammen Karaoke gesungen haben. Das war irgendwie fast ein magischer Moment: Wir sind in Kontakt gekommen trotz der unterschiedlichen Sprachen; sie haben japanische und wir englische, italienische oder deutsche Lieder gesungen.

NaJ: Gab es wirklich auch ein deutsches Lied?

Cadot-Knorr: Ja, 99 Luftballons!

NaJ: Haben Sie auch selber getrommelt?

Cadot-Knorr: Ja das war sehr spannend! Wir wurden richtig „verkleidet“ mit den traditionellen japanischen Westen [happi] und einem Stirnband [hachimaki] und durften dann ein Stück gemeinsam mit der Gruppe performen ... was nicht so einfach war mit dem Rhythmus und der Motorik.

NaJ: Sie waren ja auch an der Tokyo University of Foreign Studies und haben sich in kleinen Gruppen mit japanischen Studierenden ausgetauscht. Was wurde da diskutiert?


Cadot-Knorr: Es gab vorbereitete Themen, aber wir hatten alle mehr Lust uns so zu unterhalten. Vor allem: „Was sind unsere Ideale, was wollen wir in unserem Leben erreichen?“

NaJ: Gab es große Unterschiede?

Cadot-Knorr: Sie haben uns erst mal zurecht gerückt über Japan, weil man viel hört über Manga und Cosplay und so. Sie haben uns erklärt, dass nicht alle so rum laufen ...
Beruflich schienen sie ambitionierter zu sein als europäische Jugendliche.

NaJ: Inwiefern hat sich ansonsten Ihr Japanbild geändert?

Cadot-Knorr: Ich würde nicht sagen „geändert“, weil ich gar keins hatte, sondern es ist vielleicht ein bisschen schärfer geworden.

Nun, einerseits haben sie diese Disziplin und andererseits gibt es kleine Momente, wo sie ganz aus sich rausgehen.

NaJ: Meistens müssen sich Europäer von Japanern fragen lassen, wie sie mit dem praktischen Leben in Japan klar kommen. Wie war das für Sie?

Cadot-Knorr: Da habe ich eine interessante Erfahrung mit meiner Gastmutter in Hiroshima gemacht: Als ich ihr sagte, dass ich interessant finde, wie man das Moderne mit dem alten Japan verbindet, sagte sie, nein, nein, nicht modern - nur praktisch!

Die Wohnung meiner Gastfamilie war auch europäisch eingerichtet – bis auf einen fast leeren Tatami-Raum und das Bad, diese Nasszelle, in der man sich vorher duscht und seift und dann sauber in die Wanne steigt. Wir sind also alle nacheinander in dasselbe heiße Wasser gestiegen – als Gast durfte ich zuerst ...

NaJ: Was werden Sie am meisten vermissen?

Cadot-Knorr: Es war ein sehr netter Umgang miteinander in Japan. Mehr Respekt und sehr viel Höflichkeit! Da könnten die Deutschen ein bisschen mehr Anstrengung machen. Sicher kann man sich streiten, das sei ja alles nur aufgesetzt, aber letztlich ist es einfach angenehmer.

NaJ: Gab es irgendeine Vorbereitung oder sind Sie komplett ins kalte Wasser gesprungen und haben sich irgendwann hilflos gefühlt?

Cadot-Knorr: Wir hatten das Programm relativ zeitig bekommen mit Erklärungen zu den einzelnen Stationen. Dann hatte ich eine Preisliste, die ich sehr praktisch fand.
Und vor Ort wurden wie so super betreut - die haben uns jeden Wunsch erfüllt!

NaJ: Innerhalb des offiziellen Programms ist ja alles inklusive, wie viel Taschengeld brauchte man denn darüber hinaus?

Cadot-Knorr: Man musste ein bisschen Geld für die U-Bahn einplanen und wenn man abends etwas essen oder trinken gehen wollte. Mit 150,- Euro kam man aber nur nicht aus, wenn man an den iPods etc. nicht vorbeikam ...

Es war wirklich eine Reise, die mich geprägt hat. Diese bunt gemischte Gruppe aus lauter Europäern hat eine wahnsinnige Dynamik gegeben, alle waren hoch motiviert! Wir wurden überall ganz herzlich empfangen; es wurde wahnsinnig viel gezeigt ... also: danke!

NaJ: Vielen Dank für das Gespräch!
 

 Alle Fotos (c) Ulrike Cadot-Knorr

 

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