Botschaft von Japan
Neues aus Japan Nr.29                                   April 2007

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Vortrag von Außenminister Taro Aso
"Politik für den Mittleren Osten, wie ich sie sehe"

 

Veranstalter: Middle East Research Institute of Japan (28. 02. 2007)

 

 

 

 

 

Für die heutige Einladung möchte ich mich ganz herzlich bedanken.

Mir wurde berichtet, dass das Middle East Research Institute of Japan etwa zur gleichen Zeit gegründet wurde wie die Liberaldemokratische Partei. Von den Tagen seiner Gründung bis zu seinem jetzigen Leiter Reijiro Hattori waren die Persönlichkeiten, die diesem Institut vorstehen, stets Personen von hohem Ansehen. Ich bin davon überzeugt, dass die Wirtschaftskreise große Erwartungen in Bezug auf dieses Institut hegten und weiter hegen.

Heute möchte ich mich darüber äußern, was ich selbst für unsere Leitprinzipien bei Japans Politik im Mittleren Osten für die nächsten Monate und Jahre halte.


Der Bogen der Freiheit und Prosperität

Vor genau drei Monaten sprach ich über das Thema der Gestaltung eines „Bogens der Freiheit und Prosperität“. Bei diesem Anlass formulierte ich ein neues Prinzip für Japans Außenpolitik.

Die Gestaltung dieses Bogens bedeutet das Hervorheben allgemein gültiger Werte wie Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in einem Gebiet, das sich geographisch am äußeren Rand des eurasischen Kontinents erstreckt. Dieses Vorgehen basiert auf den Erfahrungen, die wir Japaner als Resultat unserer eigenen Anstrengungen über viele Jahre hinweg gemacht haben.

Ich habe diese Idee in meiner Rede anlässlich der Eröffnung der derzeitigen Sitzungsperiode des Parlaments erneut hervorgehoben und sie als neue Achse für Japans Außenpolitik eingeführt.

Was genau halten wir in unserem Leben für wichtig? Wenn wir diese Werte in Worte fassen, definieren wir uns dahingehend, was wir sind und was wir sein wollen.

Auf diese Art und Weise stellt die Gestaltung eines Bogens der Freiheit und Prosperität meiner Auffassung nach für Japan den Versuch dar, sich selbst zu definieren.

In manchen Staaten oder Regionen im Mittleren Osten wird man den Worten „Freiheit und Prosperität“ womöglich mit einigem Argwohn begegnen. Allerdings bin ich zuversichtlich, dass die Art, wie Japan sich dieses Prinzip vorstellt, von allen akzeptiert werden kann.

Ich möchte die Menschen im Mittleren Osten - und damit meine ich die Region des Mittleren Ostens im weitesten Sinne, nämlich von Afghanistan bis Nordafrika - wissen lassen, was genau Japan als unersetzlich ansieht. Und ich möchte, dass die Menschen im Mittleren Osten eines Tages die gleichen Ideale haben wie wir. Das ist meine Hoffnung.
 

Worte des Heilens, um den verletzten Stolz zu lindern

Während es stets gut ist, anderen gerade heraus zu vermitteln, wer wir sind, besteht die Grundregel der Diplomatie darin, dass man in der Außenpolitik nichts erreicht, ohne das Verständnis der anderen Seite zu erlangen.

Dies im Hinterkopf behaltend, möchte ich mir für einen Moment vorstellen, wie es wäre, wenn ich im Mittleren Osten geboren wäre, den Islam als meine Religion angenommen hätte und heute in der Region leben würde.

Soweit ich die islamischen Gläubigen kenne, können wir zum Beispiel sagen, dass Muslime ihre Kinder nicht weniger lieben als andere Menschen auch.

Wenn ich daher an ihrer Stelle wäre und sähe, wie unschuldige Kinder durch Terroranschläge getötet werden, dann wären es wir Moslems, die darüber am meisten empört und aufgebracht wären. Manchmal würden wir in unserer Empörung unsere Stimme erheben und zum Ausdruck bringen, dass es Terroristen nicht zusteht, sich selbst als Muslime zu bezeichnen.

Und doch ist es eine Tatsache, dass manchmal die Lehren des Islam oder die islamischen Gläubigen in bestimmten Fällen in den gleichen Farben dargestellt werden wie Terroristen. Ich würde daher mehr als einmal daran denken, zum Ausdruck bringen zu wollen, dass wir vom Rest der Welt missverstanden werden.

Wenn man sich mit Geschichte beschäftigt, wird einem schnell klar, dass der Mittlere Osten im Verlauf der Weltgeschichte eine Region war, in der die Kulturen des Ostens und Westens miteinander verschmolzen sowie sich gegenseitig verfeinerten und so die Grundlagen der modernen Zivilisation hervorbrachten. Es ist daher selbstverständlich, dass die Menschen des Mittleren Ostens auf diese Geschichte außerordentlich stolz sind.

Wenn man sich dagegen die Moderne anschaut, dann sieht es so aus, als wären die Dinge nicht so gut gelaufen. Der Mittlere Osten wird meiner Ansicht nach dadurch charakterisiert, dass viele Menschen dort gerade von dieser Entwicklung frustriert sind.

Ist es daher nicht so, dass die Menschen im Mittleren Osten in ihren Herzen nach Worten suchen, die ihren Schmerz über diesen verletzten Stolz lindern? Ich denke, dass der erste Baustein in Japans Außenpolitik für den Mittleren Osten ein ausgeprägtes Gespür für diese Empfindlichkeiten sein muss.

Schließlich halte ich es für wichtig, deutlich zu machen, dass wir Japaner Terrorismus verabscheuen, aber keineswegs die Muslime hassen.
 

Der Mittlere Osten als „Ginza 4-chome“ der Außenpolitik: Drei Gründe

Nach dieser längeren Einführung möchte ich nun zu meinem eigentlichen Anliegen kommen.

Als jemand, der mit der Mehrung der Prosperität Japans für unsere Kinder und Kindeskinder betraut ist, kann ich die außerordentlich große Bedeutung des Mittleren Ostens für Japan nicht hoch genug einschätzen, da diese Region uns mit so wertvollen Ressourcen versorgt.

Bei der Aufstellung der Prinzipien unserer Politik für den Mittleren Osten muss ich als erstes meine Entschlossenheit zum Ausdruck bringen, unser Engagement in dieser Region nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene, sondern auch auf politischer Ebene zu vertiefen.

Ich werde darauf später noch in diesem Vortrag konkret eingehen, aber ich glaube, dass wir jede Gelegenheit nutzen müssen, um die Zahl der gegenseitigen Besuche auf hoher Ebene und von führenden Persönlichkeiten deutlich auszuweiten.

Für Japan sind die Themen des Mittleren Ostens - wie es einmal jemand treffend ausgedrückt hat - „Pflichtfächer“ auf dem Gebiet der Außenpolitik. Wenn ich dieses Konzept mit eigenen Worten beschreiben müsste, würde ich sagen, dass in der Welt der Diplomatie der Mittlere Osten das Gegenstück zur altehrwürdigen „Ginza“ ist, dieser beliebten Einkaufsmeile im Herzen Tokyos, die seit nunmehr über hundert Jahren das erste Ziel für alle ist, die zum ersten Mal vom Land nach Tokyo kommen. Der Mittlere Osten ist die Region, in der andere unsere Fähigkeiten auf dem Gebiet der Außenpolitik einschätzen.

Lassen Sie mich heute drei Gründe dafür anführen, warum es richtig ist, dem Mittleren Osten einen derart hohen Stellenwert einzuräumen.

Erster Grund

Der erste Grund hängt mit den Ölvorkommen zusammen.

2006 kamen 89,2 % des von Japan importierten Rohöls aus dem Mittleren Osten, wobei die Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrates (GCC) allein für 76,4 % der gesamten Importe verantwortlich waren.

Wenn man zu diesen Fakten die aufstrebenden Länder China und Indien nimmt, die bereits heute zu etwa 40 % bzw. 60 % von Ölimporten aus dem Mittleren Osten abhängen, dann wird deutlich, dass aus Sicht des Mittleren Ostens sich der Ölmarkt für die nächste Zukunft als ein extremer Verkäufermarkt gestalten wird. Als Ölkonsument muss Japan daher eine deutlich sichtbare Präsenz im Mittleren Osten bewahren.

Wenn wir allerdings den Blick auf die weltweiten Ölreserven richten, dann werden in Zukunft nicht nur Länder wie China und Indien, sondern tatsächlich die ganze Welt in zunehmendem Maße von den Erdöl fördernden Ländern im Mittleren Osten abhängig sein. Je mehr die Welt wegen ihrer Ölimporte auf den Mittleren Osten angewiesen ist, desto wichtiger wird die Stabilität im Mittleren Osten für die Zukunft. Etwas anderes ist eindeutig nicht möglich. Dies ist der erste Grund, den ich heute anführen möchte.

Zweiter Grund

Der zweite Grund, warum der Mittlere Osten von so großer Bedeutung ist, hängt mit den unerwartet guten Aussichten zusammen, die sich heute für die Region auftun.

Wir denken gewöhnlich, dass sich der Mittlere Osten in einem Zustand des fortwährenden Chaos befindet. Stattdessen möchte ich hier die Auffassung von Hiromasa Yonekura, Präsident der Sumitomo Chemical Company, Ltd. vor dem Hintergrund anführen, dass Sumitomo Chemical gerade ein Joint Venture mit dem Unternehmen Saudi Aramco zur Errichtung des weltweit größten integrierten Raffinerie- und petrochemischen Komplexes abgeschlossen hat. Er könnte uns eine ganz andere Geschichte darüber erzählen, wie reizvoll es ist, in dieser Region tätig zu sein.

Das Rabigh-Projekt von Sumitomo Chemical in Saudi-Arabien hat wahrlich einen gigantischen Umfang. Die Kosten werden sich auf insgesamt 1,1 Billionen Yen belaufen. Allein die Versorgung mit Elektrizität, Dampf und Trinkwasser erfordert große Anstrengungen, für die Mitsubishi Heavy Industries, Ltd. verantwortlich zeichnet. Als Projekt, bei dem zahlreiche Sparten innerhalb der einzelnen Unternehmensgruppen involviert sind, ist dieses extrem „heiße“ Projekt, das derzeit in der glühenden Hitze Saudi-Arabiens in Angriff genommen wird, dergestalt, dass es sich in einigen Jahren zu einer großen Erfolgsgeschichte entwickeln wird.

In der Golfregion sind derart großformatige Projekte heute keineswegs ungewöhnlich; daher ist gerade jetzt die beste Zeit, um diese „ganz Japan umfassende“ außenpolitische Kompetenz, die auch den Privatsektor mit einschließt, im Mittleren Osten zur Geltung zu bringen.

Dies ist ein weiterer eindeutiger Aspekt des Mittleren Ostens. Die Unterstützung japanischer Unternehmen, die sich daran machen, diese Gelegenheit beim Schopf zu packen, wird außerordentlich positive Auswirkungen auf unsere nationalen Interessen haben.
 

Der Mittlere Osten am Scheideweg: Stabilität oder Chaos?

Dritter Grund

Der dritte Grund, den ich anführen möchte, ist der wichtigste von allen und einer, den Sie bereits gut kennen.

Es ist meine feste Überzeugung, dass die Region des Mittleren Ostens als Ganzes an einem wichtigen Scheideweg angelangt ist. Nämlich die Frage, ob die Region den Weg in Richtung Stabilität einschlägt oder einer Spirale folgt, die sie ins Durcheinander und Chaos hinabzieht.

In der Vergangenheit wurden die einzelnen Fragen weiträumig voneinander abgegrenzt. So war das Thema Frieden im Mittleren Osten ein Thema für sich; das Thema Irak war ein weiteres eigenständiges Thema und die Themen in Bezug auf Iran waren wieder mehr oder weniger eigene Themen. Seit dem Sturz von Saddam Hussein jedoch hat sich die Machtbalance verändert, so dass diese Themen heute durch eine Vielzahl von gegenseitigen Auswirkungen und Interaktionen miteinander verbunden sind.

Als Ergebnis dessen wird sich zumindest in bestimmten Teilen des Mittleren Ostens die Situation zunehmend dahingehend entwickeln, dass die künftige Ordnung schwer vorherzusehen ist. Dann wäre es extremistischen Gruppierungen, die sich von der ursprünglichen Form der Religion entfernt haben, möglich, ihre Macht auszuweiten und das Durcheinander noch zu verstärken.
 

Errichten von Pfeilern der Stabilität für eine weniger unbeständige Ordnung

Ich möchte versichern, dass hierin die Antwort auf die Frage liegt, warum es für Japan von so großer Bedeutung ist, sein politisches Engagement im Mittleren Osten auszubauen.

Damit meine ich, dass es unbedingt erforderlich ist, die Stabilität in der Region maximal zu sichern und zu verstärken, um so eine ruhigere und stabilere Ordnung zu gestalten. Dies können wir erreichen, indem wir Japans wirtschaftliche, geistige und außenpolitische Ressourcen in vollem Umfang bei dem nutzen, was ich als „ganz Japan umfassendes“ Engagement bezeichne.

Wenn ich hierüber mit den Arabisten in meinem Ministerium oder unseren Experten, die Persisch, Türkisch oder Hebräisch sprechen, rede, dann möchte ich, dass sie voller Erwartung und Aufregung sind darüber, was dies impliziert. Nämlich, dass die Aufgabe, vor der wir jetzt stehen, darin besteht, bei der Schaffung von Stabilität in der Region des Mittleren Ostens zu helfen - eine Aufgabe, die in der Geschichte der Welt von wahrlich großer Bedeutung ist.
 

Ein Korridor für Frieden und Prosperität

Innerhalb der enormen Bedeutung, die dem Friedensprozess im Mittleren Osten zukommt, kann das Engagement für eine ständige friedliche Koexistenz zwischen Israelis und Palästinensern nicht genug betont werden.

Falls die Ordnung innerhalb der Region durch diese Frage als seismisches Zentrum durcheinander geriete - oder im Gegenteil ein Maximum an Stabilität erreichte - würde daraus ein sich multiplizierender Effekt entstehen, der Implikationen für die ganze Region hätte.

In den Friedensprozess im Mittleren Osten ist neue Bewegung gekommen. In den Palästinensergebieten nimmt eine Regierung der nationalen Einheit nun endlich Gestalt an. Ich denke, dass wir diese Bewegung verstärken müssen, indem der Besuchsaustausch auf hoher Ebene zwischen Japan und Israel sowie Japan und den Palästinensergebieten ausgeweitet wird, während wir gleichzeitig mit den führenden Staaten in der Region wie z.B. Ägypten und Saudi-Arabien zusammenwirken.

Dem von Japan unterbreiteten Konzept der Gestaltung eines Korridors für Frieden und Prosperität kommt daher zum jetzigen Zeitpunkt besondere Bedeutung zu.

Japan ruft zur Schaffung dieses Korridors für Frieden und Stabilität auf, der sich vom Gebiet am Westufer des Flusses Jordan (besser als „Westjordanland“ bekannt) aus über den Jordan bis in die Golfstaaten erstrecken soll.

Im Westjordanland, in dem Palästinenser leben, gibt es einen flachen Landstreifen, was für diese Region ungewöhnlich ist. Dieser Streifen misst einige tausend Quadratkilometer und ist ungefähr halb so groß wie Tokyo. Um Ihnen einen kurzen Überblick über die Korridor-Initiative zu geben: Dieses Gebiet würde als Mittelpunkt für eine hochwertige Landwirtschaftsproduktion genutzt werden.
 

Voranbringen durch Früchte: Vertrauen, Zuversicht und Immunität gegenüber dem Terrorismus

Der Aufbau des Staates Israel nahm seinen Anfang mit den Erfolgen auf dem Gebiet der Landwirtschaft. Und was Israel gelungen ist, kann auch den Palästinensern gelingen. Das Westjordanland kann sehr viel mehr Früchte und Oliven hervorbringen als jetzt.

Damit dies gelingt, ist es wesentlich, eine regionale Zusammenarbeit in Bezug auf die Frage des Wassers zu erreichen. Darüber hinaus müssen die Endprodukte den Jordan überqueren, um in die Golfstaaten als wichtigste Verbraucher in der Region zu gelangen.

Aus diesem Grund können die Palästinenser nicht umhin, die Zusammenarbeit mit den betroffenen Ländern zu suchen, nämlich Israel und Jordanien, um solch einen Korridor zu schaffen.

Tatsächlich enthält diese Aussage das wichtigste Ziel der Initiative des Korridors für Frieden und Prosperität. Insbesondere Japan würde hierfür als Unterstützer wirken und alle Beteiligten dazu aufrufen, ihr Bestes zu geben. Aufgrund ihrer Erfahrungen mit kooperativen Unternehmungen und den soliden Erfolgen, die diese Erfahrungen hervorbrächten, erlangten die Menschen in der Region das wertvollste Gut im Mittleren Osten - nämlich nichts anderes als Vertrauen.

Aber das ist nicht alles. Durch die landwirtschaftliche Entwicklung und den Erfolg der agrarindustriellen Zentren würden für die jungen Menschen in den Palästinensergebieten nicht nur Arbeitsplätze geschaffen, sondern ihnen würde auch vor Augen geführt, dass sie in der Lage sind, Herausforderungen zu meistern. Dadurch würde ihnen Zuversicht vermittelt.

Wir in Asien haben diese Zuversicht bereits zuvor erlangt und wurden von dem Optimismus erfüllt, dass sich unsere Volkswirtschaften erfolgreich entwickeln. Ich möchte, dass die Menschen in den Palästinensergebieten das gleiche Gefühl des Erfolgs verspüren können. Meiner Ansicht nach gibt es keinen besseren Weg, Immunität gegen den Terrorismus zu entwickeln, als diesen. Die Vorstellung, dass sich Optimisten voller Zuversicht in Bezug auf sich selbst und ihre Zukunft dem Terrorismus verschreiben, ist in höchstem Maße absurd. Sollte es solche Menschen tatsächlich geben, würde ich sie unbedingt einmal sehen wollen.

Wenn das Westjordanland, das oft als Synonym für Chaos und Tragödie galt, wirklich zu einem anderen Begriff für „Pfeiler der Stabilität“ und „Erfolgsgeschichte“ werden sollte, können wir davon ausgehen, dass die sich daraus ergebenden multiplizierenden Effekte sich nicht anders als ausgesprochen positiv auswirken werden.

Mitte März werden Vertreter der Palästinenser, Israels und Jordaniens in Tokyo zusammentreffen, um diese Initiative in Angriff zu nehmen. Ich hoffe sehr, dass Sie diesen wichtigen Termin im Kopf behalten werden.
 

Ein Freihandelsabkommen mit den Staaten des Golfkooperationsrats und Anmerkungen zur Türkei

Ein weiterer wichtiger Punkt in Bezug auf die Errichtung eines Pfeilers der Stabilität in der Region ist der Ausbau unserer Beziehungen zu den Staaten des Golfkooperationsrats (GCC). Wir arbeiten derzeit am Abschluss eines Freihandelsabkommens (FTA) mit dem GCC und machen in Bezug auf das Tempo bei den Verhandlungen Fortschritte, die bislang ohne Beispiel sind.

Das FTA wird unsere wirtschaftlichen Beziehungen zu unseren wichtigsten Handelspartnern im Mittleren Osten, nämlich Saudi-Arabien und die anderen GCC-Staaten, erheblich ausweiten. Diese Ausweitung wird uns dabei helfen, eine stabile Versorgung mit Ölressourcen sicherzustellen.

Mit dem Abschluss dieses Abkommens wird es mehr Interaktionen zwischen japanischen Unternehmen und dem GCC geben, vor allem auch im Bereich der Direktinvestitionen. Und wenn der Austausch zwischen unseren Ländern zunimmt, wird auch ein Know-how-Transfer in den Bereichen Management und Business von Japan in die GCC-Staaten beginnen.

Dies wird einen positiven Kreislauf schaffen, der wiederum mittel- und langfristig zu größerer Stabilität in den Volkswirtschaften und Gesellschaften der GCC-Staaten führt. Ich glaube, dass dem Abschluss eines FTA mit dem GCC in diesem Punkt große Bedeutung zukommt. Tatsächlich macht dieser Punkt meiner Auffassung nach unser FTA auch in einem weiteren internationalen Kontext bedeutsam.

Wenn wir den Blick auf die Türkei, eines der größten Länder des Mittleren Ostens, richten, dann ist es unerlässlich, auch hier einen Pfeiler der Stabilität zu errichten.

Sowohl in historischer Zeit als auch in der Moderne befand bzw. befindet sich die Türkei in einer wichtigen geostrategischen Position.

Die Tatsache, dass die türkische Sprache auch in Aserbeidschan bis hin nach Kirgistan verstanden wird, unterstreicht nur, dass der Interaktion mit der Türkei heute zunehmende Bedeutung zukommt. Die Türkei ist zudem eines der wenigen Länder in der Region, deren Beziehungen zu Israel nicht beeinträchtigt sind. Es ist daher in vielerlei Sinn für die Türkei von großer Wichtigkeit, einen Mittelpunkt der regionalen Stabilität zu bilden.

Die Türkei wartet zugleich seit vielen Jahren darauf, der Europäischen Union beitreten zu können, und sogar bei den Verhandlungen über den Beitritt liegt noch ein sehr steiniger Weg vor ihr. Ich denke, dass wir unsere Bekundungen moralischer Unterstützung für die Türkei nicht verringern dürfen. Die Herausforderungen der Modernisierung und Demokratisierung, welche das Land bereits erfolgreich gemeistert hat, sind solche, die auch die Japaner im Herzen tragen. Ich sichere der Türkei meine volle Unterstützung zu und ermutige sie dazu, ihre Anstrengungen mit ganzem Herzen weiterzuführen.
 

Irak, Iran und Afghanistan

Eine andere Frage lautet, wie wir mit den Ländern umgehen sollen, bei denen bereits das Risiko besteht, dass ihre Ordnung in einen Zustand der Instabilität übergeht. Ich denke hier an Irak, Iran und Afghanistan. Keines dieser Länder gibt Anlass zu Optimismus.

Allerdings unterhalten z.B. in Bezug auf Iran der iranische Außenminister und ich gegenwärtig eine Beziehung, in der wir jederzeit Telefongespräche miteinander führen können, und ich beabsichtige, diese Beziehung aufrechtzuerhalten, damit dies so bleibt. Japan kommt innerhalb der internationalen Gemeinschaft in den Genuss einer sehr ungewöhnlichen Stellung, die es unserem Land erlaubt, mit allen Staaten in der ganzen Region des Mittleren Ostens im weitesten Sinne Gespräche zu führen. Ich halte dies für ein wichtiges Gut der japanischen Außenpolitik.

Außenpolitik ist nun einmal eine Kunst in ihrer höchsten Vollendung - nämlich die Kunst der Überzeugung. In diesem Jahr plane ich, unsere Mitarbeiter im Außenministerium in der Kunst der Überzeugung außerordentlich gut zu schulen, wenn sie sich mit Iran befassen.

Ich werde heute nicht näher auf Irak oder Afghanistan eingehen, sondern möchte Ihnen nur drei Überlegungen mit auf den Weg geben.

Die erste ist, dass Japan in den vergangenen Jahren die Zähne zusammengebissen und in vielfältiger Weise in diese beiden Länder investiert hat - nämlich personell, materiell und finanziell - und sich dabei mit wirtschaftlichen und politischen Fragen wie auch mit der Frage der nationalen Sicherheit befasst hat. Im Irak haben Mitarbeiter meines Ministeriums sogar ihr Leben verloren bei ihrem Dienst an der Gesellschaft dieses Landes. Welchem Zweck hätten unsere vielen Anstrengungen gehabt, wenn wir uns jetzt aus Angst aus diesem Land zurückziehen würden, nachdem wir die Tragödie des Verlusts unserer Kollegen, die sich an diesen Anstrengungen beteiligt haben, überwunden haben?

Ich möchte noch hinzufügen, dass wir in der Hoffnung, die Versöhnung unter den Menschen im Irak zu unterstützen, zufällig für den kommenden März ein kleines Seminar über nationale Versöhnung hier in Japan planen.

Der zweite Punkt, an den ich Sie heute erinnern möchte, ist, dass, solange wir nicht in der Lage sind, das Blutvergießen in Irak und Afghanistan zu beenden, es keine Überraschung ist, wenn sich die Gewalt zwischen den religiösen Gruppierungen und der Terror der Extremisten über den ganzen Mittleren Osten hinaus auf verschiedene Regionen in der Welt ausbreiten. In diesem Sinne kommt dieser Angelegenheit allergrößte Bedeutung zu.
 

Engagement für ein Ende der Feindschaft und für die Bildung von Vertrauen

Die dritte Überlegung, die ich Ihnen heute mit auf den Weg geben möchte, ist eine, die stets von großer Bedeutung ist, nämlich dass das Bild von uns Japanern - egal, ob in Irak und Afghanistan oder irgendwo sonst im Mittleren Osten - keineswegs negativ ist. Es mag ein wenig anmaßend klingen, dies zu sagen, aber es scheint wirklich so zu sein.

Es sieht so aus, als ob man den Japanern in den Ländern des Mittleren Ostens keine negativen Gefühle entgegenbringt. Stattdessen hören wir oft, dass die Menschen dort Japan in einem positiven Licht sehen, nämlich als ein seltenes Beispiel für ein nicht-westliches Land, das den Weg der Modernisierung erfolgreich beschritten hat, ohne dabei seine eigenen Traditionen aufgegeben zu haben.

Um Ihnen einen anderen Blick auf diesen Punkt zu gewähren, möchte ich einen Kolumnisten im Irak anführen, der in einem Zeitungsbeitrag das Folgende schrieb: „Japan war für mich stets ein Teil meiner Wünsche, seit ich ein kleines Kind war. […] Die Japaner waren hier stets auf unserer Seite zusammen mit UFO Robo Grendizer und Captain Majed.“

Sie sehen, dass japanische Anime auch in diesem Teil der Welt sehr beliebt sind. UFO ROBO Grendizer ist eine Anime-Serie über Roboter von Go Nagai. Und Captain Majed ist der arabische Name für niemand anderen als unseren Anime-Fußballstar Captain Tsubasa.

Diese beiden Charaktere bilden, was die Beliebtheit angeht, im Irak und im ganzen Mittleren Osten, eine Klasse für sich. Aber obwohl für Japan ein solch fruchtbarer Boden in dieser Region besteht, war unser Land bisher nicht besonders erfolgreich dabei, diese Früchte auch großzuziehen. Wir müssen uns auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit noch ein bisschen mehr Mühe geben.

Sollte es allerdings tatsächlich zutreffen, dass Japan das Glück hat, von den verschiedenen Ländern und Gruppierungen in dieser Region ohne besondere Vorurteile betrachtet zu werden, dann bedeutet dies, dass sich für Japan eine einzigartige Rolle ergibt.

Menschen, die in ihrem ganzen Leben keinerlei Umgang miteinander hatten und sich vielleicht sogar gegenseitig hassen, sind in der Lage, Fragen in friedlicher Weise miteinander zu diskutieren, wenn sie dazu nach Japan kommen. Dies ist deshalb möglich, weil, wenn jemand zu einem Treffen nach Japan kommt, derjenige oder diejenige nicht mit irgendeinem bestimmten Etikett versehen wird. Mit anderen Worten: Japan ist in der Lage, eine wichtige Rolle sowohl beim Beenden von Feindschaft als auch bei der Bildung von Vertrauen zu spielen, und dies ist in der Tat eine Rolle, die wir spielen sollten.

Japan bringt von den Auswirkungen des Terrors gezeichnete Familien aus Israel und den Palästinensergebieten zusammen und gibt ihnen die Möglichkeit, ihre Trauer miteinander zu teilen. Als ich das erste Mal davon hörte, dass eine Reihe von Kommunen in Japan Programme unterhalten, die diese miteinander geteilten Gefühle dafür nutzen, um einen Weg zur Versöhnung zu finden, war ich wirklich begeistert. Das Außenministerium wird diese Anstrengungen nach Kräften unterstützen.

In Israel und den Palästinensergebieten, aber auch in Japan, bestehen Initiativen, um Eltern zusammenzuführen, die ihre Kinder verloren haben, oder Kinder, deren Eltern oder Geschwister getötet wurden. Wir werden mit ganzem Einsatz dieses wirklich zu Herzen gehende Engagement fortführen.

Zusätzlich zu diesen Projekten bringen wir seit einiger Zeit junge Angestellte des öffentlichen Dienstes, Studierende und Jugendleiter sowie Journalisten sowohl aus Israel als auch aus den Palästinensergebieten zusammen. Je länger wir diese Kontakte vermitteln, desto größer werden ihre Auswirkungen sein.

Japan fördert zudem den geistigen Austausch sowie Dialogforen wie das „Japanisch-Arabische Dialogforum“ und den „Dialog unter Zivilisationen zwischen Japan und der islamischen Welt“. Es ist mein Ziel, dass es vielleicht Japan sein wird, das sich im Denken der Menschen des Mittleren Ostens dadurch auszeichnet, das es den Menschen die Möglichkeit bietet, über der ganzen Region gemeinsame Themen nachzudenken.
 

Gemeinsame Themen für den Mittleren Osten (Schlussbemerkungen)

Wenn wir nun die Frage aufgreifen, welche gemeinsamen Themen für diese Region bestehen, dann denke ich, dass die Antwort bereits deutlich geworden ist.

Ich habe diesen Punkt bis zum Schluss aufgehoben und möchte daher hier mit besonderem Nachdruck auf die Förderung der humanen Ressourcen in der Region hinweisen.

Zusammen mit Jordanien und anderen Staaten betont Japan seit langem die große Bedeutung der Bildung und Entwicklung der humanen Ressourcen im Mittleren Osten.

In Afghanistan hat Japan insgesamt neun berufliche Ausbildungszentren eingerichtet, um die Wiedereingliederung früherer Soldaten in die Gesellschaft zu unterstützen.

Darüber hinaus haben Partnerschaften des öffentlichen und des privaten Sektors solche Projekte wie ein fortgeschrittenes Ausbildungsinstitut für Technologie im Bereich Automobile in Saudi-Arabien sowie eine Verbesserung der Bildung im Bereich Automatengesteuerte Technologie in der Türkei hervorgebracht. Der hohe Stellenwert der Berufsausbildung ist ein Gütesiegel des japanischen Engagements im Mittleren Osten.

In Saudi-Arabien ist Japan an einem Programm beteiligt, mit dem Frauen unterstützt werden, denen so die Grundlagen für eine Unternehmensgründung vermittelt werden und die sonst oft zu Hause bleiben würden. Ein weiteres Gütesiegel unserer Anstrengungen ist, dass wir uns für die Stärkung der Frauen einsetzen.

Der im 16. Jh. lebende Feudalfürst Takeda Shingen soll gesagt haben, dass es Menschen sind, die Steinmauern errichten und Burgen bauen. Er meinte damit, dass Menschen in der Tat wertvolle Ressourcen darstellen. Ich bin zwar nicht Takeda Shingen, aber ich kann sagen, dass Japans moderne Geschichte damit begann, dass massiv in seine Menschen investiert wurde.

Japan war in den Bereichen staatlich finanzierte Förderung für ausländische Studierende und Schulpflicht für Grundschulen weltweit führend.

Es ist mir völlig klar, dass es im Falle des modernen Japan das fortgesetzte Investieren in humane Ressourcen war, das die Grundlage für unsere Freiheit und unseren Wohlstand bildete.

Während ich mich künftig für die Gestaltung eines weltweiten Bogens der Freiheit und Prosperität einsetze, werde ich zugleich deutlich machen, dass die Anstrengungen dafür mit der Entwicklung der humanen Ressourcen beginnen sollten.

Im Mittleren Osten ist die große Bedeutung der Entwicklung der humanen Ressourcen und der Bildung in den letzten Jahren angesichts der nach wie vor vorherrschenden Situation immer stärker betont worden. Wenn ich zuvor von gemeinsamen Themen für die Region gesprochen habe, dann habe ich dies gemeint.

Insbesondere in der ersten Hälfte des 21. Jh. wird es in der ganzen Region des Mittleren Ostens einen rasanten Anstieg der Bevölkerungszahlen geben. Saudi-Arabien z.B. wird seine Bevölkerung zwischen 2002 und 2025 mehr als verdoppeln - von 23,5 Mio. auf geschätzte 48,5 Mio. Menschen. Über den gleichen Zeitraum hinweg wird Ägyptens Bevölkerung von 73 Mio. auf 103 Mio. Menschen anwachsen. Und auch für Irak wird eine Steigerung von 24 Mio. auf über 40 Mio. erwartet.

Die Frage ist daher, wie wir der enormen Zahl junger Menschen, die in den nächsten Jahren geboren werden, eine Hoffnung für die Zukunft bieten und wie wir die erforderlichen Arbeitsplätze schaffen können. Sollten wir bei unserem Ansatz in Bezug auf diese Frage irren, dann könnten sehr wohl Gruppierungen frustrierter Menschen in einem Ausmaß entstehen, wie wir es bislang nicht gesehen haben. Dies würde mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass diese Region sich zu einer idealen Brutstätte des Terrorismus entwickelt.

Angesichts dessen bin ich der Auffassung, dass der Mittlere Osten derzeit an einem wichtigen Scheideweg angelangt ist.

Ich habe Ihnen heute meine Ansichten darüber dargelegt, was Japan unternehmen sollte, um dabei zu helfen, die Region des Mittleren Ostens als Ganzes auf den Weg zu größerer Stabilität zu führen und habe dabei eine Reihe konkreter Vorschläge gemacht.

Keine der anstehenden Aufgaben ist leicht zu lösen, aber Japan wird bei den praktischen Wegen für die Umsetzung stets einen verlässlichen und soliden Ansatz verfolgen und guter Hoffnung sein. Hiermit möchte ich meinen heutigen Vortrag schließen.

 

(c) Ministry of Foreign Affairs of Japan
 

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