Die 57. Berlinale ist bereits wieder Geschichte. Sie bot auch dieses Mal
eine Fülle von Neuproduktionen aus aller Welt. Japan eröffnete mit Yôji
Yamadas „Bushi no ichibun“ die neu geschaffene Reihe „Kulinarisches Kino“
und war zudem mit zwei Filmen im Panorama, im Forum gar mit vieren und beim
Jugendfilmfestival bzw. den Kurzfilmen jeweils mit einem Film sowie einer
Retrospektive (Kihachi Okamoto) vertreten. Im Wettbewerb lief - wenngleich
außer Konkurrenz - Clint Eastwoods vollständig in japanisch gedrehter
Streifen „Letters from Iwo Jima“
(der leider bei den diesjährigen Academy Awards bis auf einen Oscar für
Achievement in Sound Editing leer ausging). Was Yohji Yamadas Beitrag
betrifft – so ist der große alte Mann des japanischen Films nach wie vor ein
Garant für gutes Kino.
Mit „Bushi no ichibun“ schließt der 76-jährige
Regisseur seine Samurai-Trilogie nach Romanen von Shuhei Fujisawa ab. Beide
Vorgänger – „Tasogare seibei“ (Twilight Samurai) und „Kakushi ken oni no
tsume“ (The Hidden Blade) liefen mit großem Erfolg auf den Filmfestspielen
der Jahre 2004 und 2005 in Berlin. Und tatsächlich ist es Yamada wieder
gelungen, uns vor historisch präzisem Hintergrund eine herzerwärmende
Geschichte um Liebe und Ehre zu erzählen, die seine Reihe würdig abschließt.
Shinnojo Minura (Takyua Kimura) ist Samurai. Er ist jung, frisch vermählt
und ehrgeizig. Im Rahmen seiner Pflichten dient er als Vorkoster am Hof des
Clansherren. Eine Aufgabe, die seinem brennenden Ehrgeiz und seinen
Ambitionen, eine eigene Schwertkunstschule zu eröffnen, nicht wirklich
entspricht. Doch ein Schicksalsschlag stellt nicht nur seine Zukunftspläne,
sondern sein gesamtes Selbstbild in Frage – aufgrund einer falsch
zubereiteten Muschel erblindet Shinnojo und ist von nun an ein Pflegefall,
der auf Gedeih und Verderb seiner Frau und der Gnade von Obrigkeit und
Familie ausgeliefert ist. Routiniert gelingt Yamada der unbemerkte Schwenk
von einem klassischen Samurai-Film hin zu einem persönlichen Drama, das den
Zuschauer nicht kalt lassen kann. Shinnojos Kampf um Selbstachtung und Ehre,
um Liebe und Vertrauen, mündet in einem einzigen großen Schwertkampf, dessen
Ausgang wir hier dezent verschweigen werden...
Takuya Kimura, „schönster Mann Japans“ und ehemaliges Mitglied der Boygroup
SMAP, gelingt es aber dennoch, eindringlich die
Seelenqual des jungen verletzten Kämpfers nachempfinden zu lassen,
wenngleich er nicht wirklich an den überragenden Hiroyuki Sanada in „Tasogare
seibei“ heran kommt. Das Kammerspiel mit Rei Dan (Kayo) und dem
liebenswerten Mitsugoro Bando als treuem Diener ist einfühlsam und
eindringlich inszeniert. Nicht oft wird die sonst im
traditionell kargen No-Stil gehaltene Beziehung eines Samurai zu seiner Frau
so liebevoll und emotional dargestellt. In diesem Sinne ist „Bushi no
ichibun“ wohl weniger Martial Art als Liebesfilm. Wenn das jetzt
eingefleischte Fans abschrecken sollte, wäre es sehr bedauerlich. Es würde
ihnen ein kleines Meisterwerk entgehen.
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