Es ist ein
ambitioniertes Vorhaben, das gerade heute in unserer Welt der vereinfachten
Feindbilder zwecks effizienterer Kriegsführung alle Achtung verdient.
Regisseur Clint Eastwood hat sich eine der letzten und blutigsten Schlachten
des 2. Weltkriegs, den sechs Wochen währenden Kampf um die japanische Insel
Iwojima, als ein Thema für zwei Filme gewählt. Eastwood
inszeniert in „Flags of our Fathers“ die amerikanische Sicht der
Geschehnisse, sein oskarnominierter Film „Letters from Iwojima“ wird –
vollständig in japanischer Sprache gedreht – die Schlacht aus dem
Blickwinkel der japanischen Verteidiger erzählen. Ein meines Wissens
einmaliges Vorhaben in der Filmgeschichte. Der zweite –
ergänzende - Film
„Letters from Iwojima“ wird im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale laufen
und kommt am 22. Februar in unsere Kinos.
Die
Schlacht um Iwojima kostete ca. 21 000 Japanern und 7 000 Amerikanern das
Leben. Die strategisch bedeutsame kleine Vulkaninsel im Süden Japans wurde
zu einem wichtigen Wendepunkt des Krieges. Eastwood war gut beraten, das
Pulitzer-Preis-prämierte Foto von Joe Rosenthal als roten Faden in die
Handlung einzubinden und anhand des Schicksals der drei überlebenden
Soldaten, die mehr zufällig auf eines der berühmtesten Fotos der Welt
gerieten, seine Parabel über den Krieg und das mit ihm verknüpfte Heldentum
zu entwickeln.
Der
Sanitäter John Bradley (Ryan Philippe), der Infanterist indianischer
Abstammung Ira Hayes (Adam Beach) und der Kriegskurier Rene Gagnon (Jesse
Bradford) werden unvermittelt von den Kämpfen auf Iwojima abgezogen, da die
Regierung in Washington der Brisanz und sinnstiftenden Wirkung besagten
Fotos, auf dem sechs Soldaten auf dem Vulkanberg Suribachi die amerikanische
Flagge hissen, gewahr wird. Das symbolträchtige Foto und die drei
überlebenden Flaggenträger sollen nun das kriegsmüde Amerika neu motivieren
und zudem für Kriegsanleihen werben, um die Fortführung des Krieges
finanzieren zu können. Einfühlsam porträtiert Eastwood die verstörten jungen
Männer, die sich vom Erlebten traumatisiert, schwer in ihre Heldenrolle
finden können. Eindringlich und rührend der Indianer Ira Hayes, der seine
Verzweiflung in Alkohol zu ertränken sucht und letztendlich von den kühl
agierenden Presseoffizieren wieder an die Front geschickt wird, als er die
Pappmaché-Berge ohne Hilfe nicht mehr publikumswirksam zu erklimmen vermag.
Die
Schlachtszenen auf Iwojima wirken wie in schwarz-weiß gedreht und werden
durch das Rot des vergossenen Blutes unmittelbar und angsteinflößend real.
Ähnlich wie in Spielbergs „Schindlers Liste“ in dem ein kleines Mädchen im
roten Mantel durch die verstörende Handlung irrlichtert, offenbart hier das
Rot des Blutes die unvorstellbare Grausamkeit des Geschehens. Eastwoods
Darstellung der Landung auf Iwojima erinnert in seiner Authentizität
zwangsläufig an einen weiteren Film Spielbergs: „Saving Private Ryan“ – eine
Hölle des animalischen Überlebensk ampfes zwischen schwarzem Vulkangestein.
Nie war das Allein-auf-sich-gestellt-sein und die Verlorenheit des Soldaten
so schmerzhaft fühlbar, wie in jenen Szenen, in denen „Doc“ Bradley in der
grauen Lavawüste um Orientierung ringend seinen jungen Kameraden sucht. Nun
ist uns die Erkenntnis, dass Krieg grausam, inhuman und töricht ist, nicht
neu. Es vermag aber ein Verdienst Eastwoods sein, einen solchen Film zur
heutigen Zeit in die Kinos zu bringen.
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Fazit: |
Auch wenn die zeitversetzten Handlungsstränge sich zu verwirren drohen,
ist Clint Eastwood ein geradliniger und engagierter Film gelungen, der vor
dem Hintergrund der Grausamkeit des Krieges über eine Geschichtsschreibung
sinniert, die über inszenierte Heldenverehrung dem Sinnlosen einen Sinn zu
geben versucht. Sie sollten unbedingt auch während des Abspanns sitzen
bleiben. Die gezeigten Originalaufnahmen der Schlacht lassen erahnen, wie
akribisch nah Eastwood der Realität gekommen sein mag. |
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